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Lese- und Rechtschreibstörungen gehören inzwischen zum schulischen Alltag - und zwar schulartübergreifend. Statistisch gesehen ist dies nicht allzu verwunderlich, sind diese doch mit sechs bis acht Prozent eine der häufigsten Entwicklungsstörungen im Kindes- und Jugendalter. So eindeutig der Befund, so hilflos agieren bisweilen Lehrkräfte, was nicht selten schlichtweg daran liegt, dass ihnen das entsprechende Wissen fehlt. Denn Verfahren, die im herkömmlichen Lese- und Rechtschreibunterricht gang und gäbe sind, laufen hier ins Leere oder sind unter Umständen sogar kontraproduktiv. So tut guter Rat not.
Mit einer Prävalenz von etwa sechs bis acht Prozent Betroffener gehören Lese- und Rechtschreibstörungen zu den häufigsten Entwicklungsstörungen im Kindes- und Jugendalter.
Zu finden ist dieser in dem vorliegenden Band des habilitierten Sprachheilpädagogen Andreas Mayer, einem ausgewiesenen Fachexperten auf diesem Gebiet. Ausgehend von der Beschreibung des deutschen Schriftsystems und der theoretischen Modellierung eines ungestörten Schriftspracherwerbs erläutert der Diplom-Psychologe Sven Lindberg in einem Gastbeitrag zunächst die Ursachen der Lese- und Rechtschreibstörung. Daran schließt Mayer ein umfangreiches Kapitel zur phonologischen Informationsverarbeitung an, in welchem er die Zusammenhänge zwischen dieser und dem Schriftspracherwerb anhand der Teilkomponenten Arbeitsgedächtnis, phonologische Bewusstheit und Benennungsgeschwindigkeit durchleuchtet. Ein besonderes Problem steht im Mittelpunkt des nachfolgenden Kapitels: die Früherkennung von Schriftspracherwerbsstörungen. Denn nicht immer ist eindeutig geklärt, ob eventuell auffällige Kinder lediglich unter Entwicklungsverzögerungen leiden. Nichtsdestotrotz erläutert Mayer im Anschluss daran sowohl diagnostische Verfahren zur Früherkennung als auch entsprechende Tests, die insbesondere in der Grundschule Anwendung finden. Sodann schlägt Mayer eine Brücke in die Praxis und erläutert Grundlagen beziehungsweise Verfahren zur Förderung von Betroffenen im Rahmen des Unterrichts. Ergänzend dazu stellt er im Anschluss die bekanntesten Programme zur Prävention und Intervention vor.
Bei der Lese- und Rechtschreibstörung handelt es sich um eine hochkomplexe, multidimensionale Störung, die nicht einfach mal so mit ein paar Übungen beseitigt werden kann. Notwendig ist vielmehr ein fundiertes Fachwissen, um die Probleme zu verstehen und ausgehend davon passende Hilfestellungen anzubieten. Entsprechend sind die Ausführungen und Hinweise des Sprachheilpädagogen Andreas Mayer eine große Hilfe für alle, die als Lehrer oder Therapeuten mit diesem Problem konfrontiert werden. Denn der Band bietet einen umfassenden Überblick zu sämtlichen Hypothesen, die rund um die Störung in der wissenschaftlichen Diskussion vorzufinden sind. An vielen Stellen greift Mayer auf empirische Befunde verschiedener Autoren zurück und stellt seine Ausführungen oder Kritikpunkte damit auf eine solide Datenbasis. Der Band, der zum Teil auch mit widersprüchlichen Befunden daherkommt, befindet sich so auf der Höhe des aktuellen Kenntnisstandes, Allerorten wird dabei deutlich, wie vielschichtig das Störungsbild ist, sodass Eingriffe das bereits angesprochene hohe Maß an Fachwissen notwendig machen. An vielen Stellen zeigt sich auch, dass sprachwissenschaftliche Vorkenntnisse zwingend notwendig sind, um sowohl den Ausführungen Mayers zu folgen als auch ein adäquates Verständnis für die Störung zu entwickeln.
Spätestens ab der zweiten Klasse müssen Maßnahmen, die auf den Erwerb der alphabetischen Strategie abzielen, durch einen systematischen Unterricht ergänzt werden, der die Schüler mit den orthographischen Regeln und Strukturen des Deutschen vertraut macht.
Während im ersten Teil des Bandes also vor allem die theoretischen Grundlagen angesprochen werden, widmet sich der Autor im zweiten Teil zum einen den zahlreichen Diagnoseinstrumenten und zum anderen verschiedenen Übungsprogrammen wie das bekannte "Marburger Rechtschreibtraining" oder "Leichter lesen und schreiben lernen mit der Hexe Susi". Er stellt hier nicht nur deren Grundlagen und Aufbau dar, sondern arbeitet mit einem kritischen Blick insbesondere deren Vorzüge und Kritikpunkte heraus. Da Mayer auch hier zur Untermauerung seiner Hinweise immer wieder empirische Erkenntnisse zu Rate zieht, wirken seine Anmerkungen sehr überzeugend.
FAZIT: Der Band führt seine Leser wissenschaftlich fundiert und auf der Basis von zahlreichen empirischen Studien in das hochkomplexe Feld der Lese- und Rechtschreibstörungen ein. Mit den entsprechenden sprachwissenschaftlichen Vorkenntnissen ausgestattet erfahren sie so, was hinter der Störung steckt und wie dieser sinnvoll begegnet werden kann.
Weitere Informationen, ein Blick ins Inhaltsverzeichnis sowie eine Leseprobe finden sich auf der Webseite des Verlags.