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 Warum wir sesshaft wurden und uns seither bekriegen. wenn wir nicht gerade an tödlichen Krankheiten sterben: 15000 Years of Urban Life and Death


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Vor ungefähr fünfzehntausend Jahren gab es erste Tendenzen von Menschen, sesshaft zu werden und die Nahrung nicht mehr nur zu jagen und zu sammeln, sondern Pflanzen anzubauen und Tiere zu halten – und beides so zu züchten, dass mit möglichst wenig Aufwand möglichst viele Kalorien erzeugt werden konnten. Auf die Gesellschaften unmittelbar nach der Eiszeit kamen dadurch gewaltige Umwälzungen und Herausforderungen zu.

In ihrem Buch "Warum wir sesshaft wurden und uns seither bekriegen, wenn wir nicht gerade an tödlichen Krankheiten sterben" befasst sich die Bioarchäologin Brenna Hassett mit diesen einschneidenden Veränderungen und ihren Auswirkungen bis in die Gegenwart hinein. Sie zeigt auf, wie die sesshafte Lebensweise zwar die Fruchtbarkeit der Frauen nachhaltig erhöhte, andererseits das enge Zusammenleben mit Tieren und vielen Menschen jedoch Infektionskrankheiten Vorschub leistete und nicht zuletzt die beengten Verhältnisse in den Städten zu erhöhter Gewalt führten.
Vieles davon verraten Skelette und Zähne ausgegrabener menschlicher Überreste aus den letzten Jahrtausenden; heute lässt sich bekanntlich sogar DNA aus archäologischen Fundstücken extrahieren und analysieren.
Die Autorin nimmt den Leser mit auf eine Reise durch Zehn- und, auf Streifzügen, Hunderttausende Jahre – durch die ganze bewohnte Welt.

"Paläo-" ist voll im Trend, von der "Paläo-Diät" bis hin zum "Paläo-Parenting". Die Bioarchäologin Brenna Hassett kann sich über diese wohl ziemlich unwissenschaftliche, vorurteilsbehaftete Vergötterung der Lebensweise von Jägern und Sammlern nur amüsieren. Denn Vergleiche zwischen den Menschen vor der Wende hin zur Landwirtschaft und dem Aufkommen der Sesshaftigkeit einschließlich der Entwicklung von Städten gehören zu ihrer Arbeit, und die sorgsam ausgewerteten archäologischen und paläontologischen Befunde erzählen eine wesentlich komplexere Geschichte, als der "Paläo"-Trend glauben machen möchte.

Anschaulich berichtet die Autorin von dem, was Knochen und Zähne nach heutigem Kenntnisstand über Mangelernährung und Krankheiten, Gewalt und Tod berichten können. Und das ist eine ganze Menge – wenn es richtig interpretiert wird. Denn, und das betont Hassett mehrmals, die Befunde lassen Rückschlüsse auf die Toten zu, von denen sie stammen, und nicht zwingend, vor allem aus statistischer Sicht, auf die Lebendigen.
Dass die Geburtenrate nach der Einführung der Landwirtschaft und dem Aufkommen von städtischen Siedlungen einschließlich der damit verbundenen Arbeitsteilung (und Hierarchien!) massiv anstieg, ist eine Seite der Medaille. Bei der anderen handelt es sich in der Tat um die oben erwähnten Probleme: eher einseitige und oft nicht ausreichende Ernährung, Infektionen, die durch Handels- und kriegerische Beziehungen weitergegeben wurden, strukturelle und kriegerische Gewalt.

Brenna Hassett führt zahlreiche Beispiele praktisch aus aller Welt und kreuz und quer durch die letzten 15.000, bisweilen auch 400.000 Jahre, für entsprechende Entwicklungen in den unterschiedlichsten Kulturen an. Sie erklärt gut nachvollziehbar die Zusammenhänge, die von der Wissenschaft erkannt wurden, und die Methoden, mittels derer die Bioarchäologie und verwandte Disziplinen arbeiten. Und auch wenn natürlich noch längst nicht alle Fragen zum Thema geklärt werden können, macht es von Anfang bis Ende Spaß, das Buch zu lesen.

Ein bisschen stört einerseits die nicht immer glatte Übersetzung aus dem Englischen und zum anderen das gelegentliche Zuviel an humorigen Fußnoten und Einwürfen im Text selbst, zumal, wenn diese sich an "Insider" wenden. Ansonsten: Ein rundum gelungenes, kurzweiliges, dabei sehr informatives und gehaltvolles Buch zu einem spannenden Thema!

Eine Leseprobe und weitere Infos gibt es auf der Verlagsseite.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 25. April 2018 | ISBN: 9783806237177 | Originaltitel: Built on Bones. 15,000 Years of Urban Life and Death | Preis: 24,95 Euro | 335 Seiten | Sprache: Deutsch

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