Anlässlich des 200. Geburtstags des bekanntesten Sohnes der Stadt Trier richteten zwei Trierer Museen für den Zeitraum vom 5. Mai bis 21. Oktober 2018 eine Große Landesausstellung zu Karl Marx aus. Beim hier besprochenen Buch handelt es um den Katalog zu der Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Trier und im Stadtmuseum Simeonstift Trier.

Auf Grußworte und Geleitwort folgen 24 Essays mit einem breiten Themenspektrum, in die Kurzbiografien von Angehörigen, Wegbegleitern und weiteren wichtigen Persönlichkeiten aus Bereichen wie Philosophie, Arbeiterbewegung, Sozialismus und Kommunismus eingebettet wurden, die für das Verständnis von Marx und seiner Zeit von Bedeutung sind. Ebenso finden sich eingestreut Städteporträts von Orten, die Marx seinerzeit aufgesucht oder bewohnt hat. Zahlreiche Abbildungen insbesondere der Exponate, darunter nebst Gemälden und Fotografien auch Abdrucke von Originalhandschriften, begleiten die Essays. Im Inhaltsverzeichnis sind unter diesen auch eine Zeittafel zu Marx' Leben und die Stammbäume der Familien Marx und von Westphalen – Letztgenannter entstammte Marx' Frau – aufgeführt.
Im umfangreichen Anhang befinden sich Leihgeber, Autoren, Quellen und Literatur, Exponatlisten beider ausrichtender Museen, Dank, Förderer und Medienpartner sowie das Impressum.

Karl Marx wurde vor 200 Jahren in eine Welt voller Gegensätze hineingeboren. Dem saturierten Bürgertum, dem er entstammte, standen zunehmend mittellose und mit nur wenigen Rechten ausgestattete Schichten gegenüber. Marx konnte zum Beispiel in unmittelbarer Nähe die Verarmung der Moselwinzer beobachten. In England lernte er, nicht zuletzt dank seinem Freund Friedrich Engels, die Schattenseiten der industriellen Revolution kennen. Das "Manifest der Kommunistischen Partei" und "Das Kapital" sind seine (und anteilig Engels') bekanntesten Werke.

Als Gerüst des Buchs dienen über zwanzig Essays, die Karl Marx und seine Zeit aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Denn ohne Kenntnis der sozialen und politischen Lage einschließlich ihrer vielen Brüche lässt sich Marx' Werdegang nicht verstehen. So gibt es enge Bezüge zum seinerzeit preußischen Rheinland, Vorbilder werden aufgezeigt und Weggefährten (oder spätere Gegner wie etwa Bakunin) vorgestellt, teils in den Essays selbst, aber auch kompakt in begleitenden Kurzbiografien. Weitere Essays setzen sich mit den bedeutenden Schriften von Marx (und Engels) auseinander, befassen sich mit der Rolle der Kunst in Bezug auf die Industrialisierung und soziale Fragen, mit Marx' Einfluss auf die Arbeiterbewegung und etlichen weiteren Themen. Kurz, umfassender könnte eine Annäherung an Marx kaum sein. Familienstammbäume und eine Zeittafel sorgen zu Beginn des Buchs für einen guten Überblick.

Aufgelockert werden die Essays durch die erwähnten Kurzbiografien sowie durch die kleinen Porträts der von Marx besuchten oder bewohnten Städte zu seiner Zeit. Und erwartungsgemäß leisten auch die eingebundenen Abbildungen, größtenteils von Exponaten der Trierer Ausstellung, einen enormen Beitrag zur Qualität des Buchs. Nebst Originalhandschriften, die erahnen lassen, welche Schwierigkeiten sich Engels sowie Marx' Frau und Töchtern beim Entziffern und Abschreiben boten, und einigen Fotos werden vor allem zahlreiche Gemälde gezeigt, die vielfach Glanz und Elend sowie bedeutende Ereignisse des 19. Jahrhunderts zum Inhalt haben. Sie vermögen es einerseits, diese Zeit mit all ihren Entwicklungen zu veranschaulichen, und lassen andererseits Rückschlüsse darauf zu, ob und mit welchen Mitteln sich Künstler den sozialen Fragen stellten beziehungsweise im Auftrag wohlhabender Bürger und Industrieller arbeiteten. So gibt es Bilder mit überwiegendem Dokumentationscharakter und solche zu repräsentativen Zwecken, denen andere mit intensiven sozialkritischen Aussagen gegenüberstehen.

Trotz des hohen Niveaus der Textbeiträge sind diese auch für Laien gut verständlich und nicht zuletzt kurzweilig gehalten. Ein wenig zu kurz kommt die Frage, welche Bedeutung Marx im 20. Jahrhundert zukam und in wieweit Aspekte seiner Lehre heute noch relevant und gültig sind. Ausgesprochen gut dargestellt wurden die Auseinandersetzungen Marx' mit unterschiedlichen sozialistischen, kommunistischen und anarchistischen Strömungen. Und wer sich nicht recht an das marxsche Werk im Original herantraut, kann sich dank mehrerer Essays einen Überblick über dessen wichtigste Bestandteile verschaffen. Schön übrigens, dass der Anteil von Engels in diesem Buch immer wieder Würdigung findet.

Fazit: Auch wenn es sich um einen Ausstellungskatalog handelt, bietet dieses Buch einen ausgesprochen facettenreichen und sehr gut aufgemachten Einblick in das Leben und Schaffen von Karl Marx vor dem Hintergrund des europäischen 19. Jahrhunderts.

Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.