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 Die wilde Gabe

Autoren: Ursula K. Le Guin
Übersetzer: Florian F. Marzin
Verlag: Piper

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Orrec ist der Sohn von Canoc und Melle. Melle stammt aus dem Tiefland, einer Welt, in der es keine Magie, keine seltsamen Eigenschaften gibt, die der einzelne unter seinen Willen zwingen kann. Doch Canoc stammt aus einer anderen Welt. Er ist der Brantor der Domäne Caspromant und Orrec wird ihm eines Tages nachfolgen. Ihre Domäne stößt überall an die Grenzen anderer Domänen, deren Grenzverläufe eifersüchtig bewacht werden.

Jede Domäne kann ihr Gebiet auf ihre ganz eigene Weise verteidigen, denn den Bewohnern des Hochlandes wurden bestimmte Gaben geschenkt. Entweder werden sie von der Mutter auf die Tochter oder vom Vater auf den Sohn vererbt. Mit manchen dieser Gaben kann man Tiere rufen oder Feuer entzünden. Andere Gaben lassen Menschen dahinsiechen oder nehmen ihnen ihren Willen, so dass sie vollkommene Sklaven abgeben.

Der junge Orrec hat die Gabe des Auflösens, damit kann er entweder Knoten auflösen, Bäume austrocknen oder Lebewesen sterben lassen. Bis in seine Pubertät hat sich bei ihm trotz aller Versuche die Gabe nicht gezeigt. Doch dann auf einmal gelingt es ihm, fast unbewusst, eine Natter zu töten, die seinen Vater bedroht hat. Und ab diesem Zeitpunkt kann er die Gabe verwenden. Allerdings kann er sie selbst nicht bewusst steuern, sondern sie bricht von selbst aus, wenn er besonders wütend oder zornig wird. Um zu verhindern, dass er aufgrund seiner wilden unbewussten Gabe jemanden verletzt, verbindet er sich die Augen. Denn wenn er nichts sehen kann, kann er auch seine Gabe nicht anwenden.

Große Unterstützung bekommt er von seiner Freundin Gry, die die Gabe des Rufens besitzt. Sie kann Tiere für die Jagd zu sich rufen oder ihnen besondere Fertigkeiten leichter beibringen. Von ihr bekommt Orrec eine Hündin, die ihn in seinem täglichen Leben unterstützt. Bald merkt Orrec, dass er für seinen Vater ein großes Druckmittel gegenüber den anderen Domänen darstellt, und versucht gemeinsam mit Gry herauszufinden, weshalb gerade bei ihm die Gabe so unmittelbar aufgetaucht und nicht kontrollierbar ist.

"Die wilde Gabe" ist nicht das, was man sich unter einem Fantasyroman vorstellt. Die Erzählung selbst lebt nicht von großen Ereignissen, Schlachten oder einer Vielzahl von mysthischen Geschöpfen. Erzähler der Geschichte ist der junge Orrec. Er gibt dem Leser einen Überblick über die Gegend, die verschiedenen Domänen und die andere Welt, die sie umgibt. Da ein Großteil seiner Geschichte sich in der Zeit abspielt, in der er selbst abgeschottet von der sichtbaren Welt ist, sind auch seine Gedanken eher in sich gekehrt, genau auch wie die Sprache, die er zum erzählen verwendet. Leider füllt die Beschreibung der Welt und der verschiedenen Personen einige Seiten, in denen sich der Leser erst mit der Zeit zurecht zu finden vermag. Diese Erklärungen hemmen den Lesefluss und nehmen der Geschichte teilweise die Poesie, die sie zweifellos besitzt.

Diese Geschichte ist leise und wird mit ruhigen, besonnenen Worten erzählt. Sie ist poetisch und voller Gedankenbilder, die den Leser beschäftigen. Doch manche Teile der Erzählung sind zu langatmig geraten, so dass sie den Zauber der Geschichte zerstören und unterbrechen. Wie bei vielen Geschichten, hat auch bei diesem Buch der Klappentext nicht viel mit dem wirklichen Inhalt zu tun. Das Cover hingegen ist wirklich gut gestaltet und trifft sehr präzise den Kern der Geschichte.

Ein Fantasyroman, der mehr mit Poesie als mit fantasischen Welten gemein hat, da der Leser sehr viel innerhalb der Gedankenwelt des Erzählers Orrec miterlebt, statt genauere Beschreibungen der Ereignisse und des Sichtbaren zu erhalten. "Die wilde Gabe" hat sehr wunderbare, poetische Momente. Leider wirkt die Geschichte an manchen Stellen zu gestreckt, als hätte die Autorin sich Mühe gegeben, möglichst viele Seiten zu füllen. Dies ist eine schöne kraftvolle Erzählung, wenn man über manche ihrer Mängel als Leser gnädig hinwegsieht.

Daniela Hanisch



Hardcover | Erschienen: 01. März 2006 | ISBN: 3492701094 | Originaltitel: Gifts | Preis: 18,90 Euro | 294 Seiten | Sprache: Deutsch

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