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 Tintenherz


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Eines Nachts steht ein geheimnisvoller Fremder draußen im Regen und starrt zu ihr hinauf. Meggie betrachtet die hagere, düstere Gestalt und ahnt nicht, dass sich ihr Leben in dieser Nacht für immer ändern wird.
Sie eilt zu ihrem Vater Mo und ist erstaunt, dass dieser den Fremden zu kennen scheint. Die beiden Männer schließen sich in Mos Arbeitszimmer ein und beraten die ganze Nacht miteinander. Am nächsten Morgen brechen Mo und Meggie auf. Wieder einmal verlassen sie ihr Heim, um irgendwo fremde Bücher zu binden, zu erhalten und zu katalogisieren. Diesmal führt sie ihr Weg zu Elinor, einer Tante von Meggies Mutter. Die bärbeißige alte Frau scheint Kinder gar nicht zu mögen und macht keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber Meggie. Obwohl Meggies Mutter Teresa ihre Lieblingsnichte war, ehe sie vor neun Jahren verschwand, hat Elinor kein freundliches Wort für das zwölfjährige Mädchen. Sie scheint nur ihre Bücher, von denen es in dem weitläufigen Haus tausende zu geben scheint, zu mögen, ja, zu lieben.
Kaum beginnt Meggie sich in dem Haus wohl zu fühlen, hört sie eines Nachts laute Geräusche und wütende Männerstimmen aus dem Nebenraum. Mehrere Männer in schwarzen Anzügen nehmen ihren Vater in die Mitte und entführen ihn. Mit einem Mal ist Meggie mit Elinor allein.
Die beiden Frauen ahnen nicht, wie gefährlich Capricorn, der Auftraggeber dieser Entführung, ist und dass ihn Mo, von den Männern seltsamerweise Zauberzunge genannt, vor neun Jahren aus einer Geschichte heraus- und Meggies Mutter in sie hineingelesen hat ...

Im Jahre 2003 erschien ein Roman aus der Feder der erfolgreichen Kinderbuchautorin Cornelia Funke, der Kritiker wie Leserschaft überraschte. Keine weitere Fortsetzung der Reihe "Die Wilden Hühner", kein Kinderbuch wie "Igraine Ohnefurcht" oder ein Abenteuerbuch wie "Herr der Diebe", sondern ein ausgewachsener, fünfhundertsiebzig Seiten dicker Schmöker, der für Jugendliche wie Erwachsene gedacht ist.
Leider sind im Inneren dieses Buches nur sehr wenige der herrlichen Illustrationen von Cornelia Funke zu sehen, die den wunderschönen Einband dieses Buches zieren - mehr dieser Zeichnungen wird sich wohl jeder Leser wünschen, der das Buch zu Ende gelesen hat.

"Tintenherz" erweist sich bei genauerer Betrachtung als wundervolles Märchen, als spannender Jugendroman, als tiefsinniger Abenteuerroman für Erwachsene, als weises Gleichnis über die Macht oder Ohnmacht von Geschichten und über die Hoffnungen ihrer Autoren, Wirkungen in der echten Welt zu erzielen, die über das bloße Lesen hinausgehen.
Vor allem aber verzaubert Cornelia Funke ihre Leser mit einer Geschichte, die vor Einfällen, überraschenden Wendungen, Poesie und Leidenschaft nur so überquillt. Dabei schreckt sie auch vor Grausamkeiten, bösartigen Gestalten und traurigen Begebenheiten nicht zurück. Hier herrscht keine seelige Märchenatmosphäre vor. Die Autorin pendelt ganz im Gegenteil stilsicher zwischen Traurigem, Schönem, Rührendem und Tragischem. Sie entführt die Leser in ein Reich der Fantasie, in dem alles möglich zu sein scheint.

Wie oft hat sich nicht jeder Leser gewünscht, in die Geschichte, die ihn grade fasziniert, einzutauchen und in ihr mitzuwirken. Wäre man nicht gerne Frodo oder Aragorn im "Herrn der Ringe" oder "Ratte" in "Der Wind in den Weiden"? Wer hätte nicht gerne ein Pferd wie "Black Beauty" oder einen Freund wie "Flipper" besessen? Oder als Harry Potter dem grausamen "Du-weißt-schon-wer" die Stirn geboten? Und diesem Wunsch entspricht die Autorin, macht aber auch überdeutlich, welche Gefahr in dieser Macht liegt und welche Tücken sie mit sich bringen kann. Denn "unsere" Geschichten werden nicht nur von Helden und Feen, Tapferen und Mutigen bevölkert, sondern auch von Mördern, Hexen und Dämonen.

Dank Cornelia Funke kann man viele Leseabende lang in diese Welt, in der möglich ist, wovon viele Leser nur zu träumen wagen, eintauchen - und wer am Ende von "Tintenherz" traurig ist, Abschied von Zauberzunge, Staubfinger und Farid nehmen zu müssen, kann ja "Tintenblut" erstehen, die Fortsetzung dieses einmalig schönen Schmökers. Der dritte Teil der Trilogie, "Tintentod", erscheint im September 2007.

Stefan Erlemann



Hardcover | Erschienen: 01. September 2003 | ISBN: 9783791504650 | Preis: 19,90 Euro | 576 Seiten | Sprache: Deutsch

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