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 Tribun


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Glück
Spannung
Spielregel
Strategie
Das alte Rom ist seit einiger Zeit wieder richtig im Kommen - auf dem Computerspielmarkt ("Civ City: Rome", "Cäsar 4"), im Fernsehen ("Rome") und in der Literatur ("Imperium").
Es ist also ein durchaus cleverer Schachzug des Heidelberger Spieleverlags, nun ein Brettspiel zum Thema vorzulegen. "Tribun" heißt das gute Stück, und in seiner Aufmachung orientiert es sich klar an den Fantasy-Flight-Spielen, die der umtriebige Verlag aus Baden vertreibt.

Worum aber geht es bei "Tribun"? Nun, kurz gesprochen ist dieses Spiel ein gut durchdachtes Strategiespiel im Gewand eines Politikspiels. Zwei bis fünf Spieler vertreten dabei die römischen Patrizierfamilien, von den Claudiern bis zu den Juliern. Ihr Ziel: mächtigste Familie in Rom zu werden. Dazu nehmen die Familien Einfluß auf die verschiedenen Fraktionen, die in Rom etwas zu sagen haben: den Senat, die Vestalinnen, die Patrizier, Plebejer, Gladiatoren, Legaten und Prätorianer. Dabei verteilen die Spieler ihre Figuren auf dem Spielplan, um an verschiedenen Orten - der Therme, dem Forum Romanum, der Latrine, dem Pantheon und anderen - an die dort teils offen, teils verdeckt liegenden Karten zu kommen. Diese müssen aus dem eigenen Sesterzenvorrat bezahlt und teilweise ersteihgert werden.
Anschließend werden die Karten ausgespielt, um so einzelne Fraktionen zu übernehmen. Dies bringt nämlich etliche Vorteile nebst einem Ruhmbonus in Form von Lorbeerkränzen. Gladiatoren etwa erhalten zusätzliche Sesterzen aus den Katakomben und können Meuchler gegen missliebige Konkurrenten entsenden, Prätorianer verleihen den Einfluss über eine Legion, die Vestalinnen wiederum sprechen einem Spieler die "Gunst der Götter" zu und die Patrizier ernennen den Prokonsul, der eine weitere Spielfigur gewährt. Auf diese Weise versuchen die Spieler durch geschicktes Taktieren die notwendigen Siegbedingungen für die Partie zu erfüllen. In diesem Punkt hat sich der Heidelberger Spieleverlag übrigens ein besonders cleveres System ausgedacht: Vor dem Spiel entscheidet sich die Runde für eine Spielkarte, auf der die jeweiligen Siegbedingungen abgedruckt sind - in Abhängigkeit von der Spieleranzahl und der gewünschten Spieldauer. Die Variante "Carpe Diem" etwa ist kürzer als "Quo Vadis", da hier weniger Legionen, Sesterzen und Lorbeerkränze gesammelt werden müssen; "Cogito ergo sum" steuert hingegen auf harten Konfrontationskurs, da hier eine Siegbedingung verpflichtend ist: Man muss den Titel des Tribuns erringen. Das aber ist nicht einfach, muss man doch dazu Senat hinter sich wissen ...

Die an sich sehr einfache Spielmechanik wird durch zahlreiche Zusatzregeln geschickt variiert. Sonderkarten in Form von Anführern bescheren dem Kontrolleur einer Fraktion zusätzliche Boni. Wer zum Beispiel Publius Quintilicius Varus zieht, streicht sofort einen zusätzlichen Lorbeerkranz ein. Das Wagenrennen - in Form eines hübschen, zusammensteckbaren Streitwagens - blockiert eine Fraktion für die nächste Runde, muß allerdings im Wettbieten erworben werden. Bei der Siegessäule lassen sich Karten von der Hand in Lorbeerkränze umtauschen und die Münzschale stockt den Sesterzenvorrat auf. Diese teilweise sehr subtilen Sonderregeln würzen das Spiel und ermöglichen eine große Bandbreite an Taktiken, die erst im Verlauf einer Partie erkennbar werden. Insgesamt wurden die einzelnen Regelelemente sehr gut aufeinander abgestimmt; offenbar haben die Heidelberger ihr Spiel einer langen Testphase unterzogen (als Tester werden unter anderem der Milbertshofener Spielekreis und der Spieleabend Café Gegendruck erwähnt). Diese Liebe zum Detail merkt man dem Spiel an. Das anfangs so simpel erscheinende Kartensammeln entpuppt sich als strategisches Schwergewicht; es gibt zahlreiche Mittel, den anderen Patrizierfamilien das Leben schwer zu machen und ihnen wichtige Fraktionen vor der Nase wegzuschnappen. Eine kleine Prise Glück ist durch die unterschiedlichen Kartenwerte auch gegeben ...

Auch bei der Aufmachung muß man dem Heidelberger Spieleverlag Respekt zollen. Das Spielbrett kommt zwar etwas unterkühlt daher (gezeichnete Marmortafeln markieren die Orte Roms), aber die Optik passt zum Hauen und Stechen am Spieltisch. Die Materialien sind durchweg hochwertig; die Spielkarten fest und übersichtlich gehalten, solide Spielfiguren aus Holz, feste und bildschöne Pappsetzer für Geld, Lorbeerkränze und Legionkärtchen. Die Spielanleitung ist gut strukturiert, wenn auch mit zwölf Seiten etwas gedrungen und manchmal arg umständlich formuliert - ein paar mehr Beispiele hätten es ruhig sein dürfen.
Alles in allem aber muss man dem Verlag für seine Eigenproduktion gratulieren. Was der Autor Karl-Heinz Schmiel hier ersonnen hat, hat einfach Hand und Fuß. Ein knallhartes Spiel für Strategen, die mit etwas Raffinesse aus den Regelmechanismen einen Haufen taktischer Tricks herauskitzeln können.

Hagen Hoffmann



Brettspiel | Erschienen: 1. Juli 2007 | Preis: 49,95 Euro

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