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 Mehr Whiskey für den Weihnachtsmann


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Wie jedes Jahr, so ziehen auch diesmal am Stephanstag kleinere und größere Trupps Männer durch die Lande, um gegen einen Schilling oder wenigstens ein Sixpence ihre Liedchen zum Besten zu geben. Die wenigsten sparen das ersungene Geld für die folgenden Feste, wie es die Tradition gebietet. Die meisten betrinken sich schlicht und ergreifend, bis sie umfallen.
Die beiden Alten haben es seit über fünfzig Jahren so gemacht, wie sie es auch in diesem Jahr planen. Sie treffen sich einen Tag zuvor in der Wohnung des Junggesellen und trinken bis zum späten Abend. Dann legen sie sich schlafen und brechen am "Tag der Zaunkönigsänger" so früh wie möglich auf, um ihre immerhin dreißig Kilometer lange Route abzuschreiten.
Doch warum öffnen ihnen die Menschen an diesem Tage nicht die Fenster und Türen? Warum starren alle Anwohner sie so seltsam an?

Seit dem Tod seiner Eltern vor sechzehn Jahren hasst er das Weihnachtsfest. Niemand wagt es mehr, ihm gesegnete Feiertage zu wünschen, so griesgrämig und fast bösartig fällt er über jeden her, der dies versehentlich einmal getan hatte.
Auch an diesem Fest sitzt er allein in seiner Stube und betrinkt sich. Eine Flasche Whiskey ist das mindeste, um zu vergessen und in Schlaf zu fallen. Doch gegen die Erinnerungen kann er sich nicht wehren. Die herrlichen Abende mit seinen Eltern, die zarte Verbindung, die er mit der schönen Mary geknüpft hatte und die ihn wieder verlassen hatte, da sein Art immer unerträglicher wurde. Gerade dreißig Jahre alt, scheint sein Leben in die Einsamkeit zu führen. Doch er kann sich nicht gegen die alles überschattende Trauer wehren. Da klopft es an der Tür. Trotz Whiskey, Tiefschlaf und Unwillen, an diesem Tag mit irgendwem reden zu wollen, öffnet er die Tür. "Ich bin dein Enkel", sagt der kleine Junge, der vor der Tür wartet, "und ich habe dir einiges zu erklären!".

Zwei Weihnachtsgeschichten des großartigen irischen Dichters und Literaten John B. Keane wurden von Otto Sander für den "Audio-Verlag" eingespielt. Mit seiner whiskeyrauen Stimme, seinem manchmal beißenden Humor und seiner tiefe Wehmut vermittelnden Stimme ist der Schauspieler und Synchronsprecher Sander eine ausgezeichnete Wahl. Die Geschichten passen perfekt zu ihm. Sind sie doch ungewöhnlich, unangepasst, fast unpassend für das heilige Weihnachtsfest.
Der äußerst trinkfreudige Autor Keane, der selbst zwischen begnadetem Schaffen und gnadenlosem Suff pendelte, bis der Alkohol die Oberhand gewann, hat hier zwei köstliche, nachdenklich machende Geschichten von drei Verlierern aufgezeichnet, die sich in ihrem Inneren als Sieger entpuppen. Doch nicht durch ihre Stärke, ihre Unbeugsamkeit werden sie zu kleinen Helden, sondern durch die Gnade und das Mitleid der Mitmenschen.
Keane gelingt es, eine ganz besondere Zeit - das Irland zwischen den beiden Weltkriegen - einzufangen und mit Leben zu erfüllen.
Sander wiederum gelingt es mühelos, diese Geschichten auch heute noch so erklingen zu lassen, dass man sich fasziniert zurücklehnt und diesem begnadeten Vortragenden zuhört.

Zwar nicht sehr weihnachtlich, aber umso menschlicher kann man ein kleines Stück des Genies John B. Keane hören, wenn man sich diese CD (oder die erste Folge dieser Reihe, die unter dem Titel "Whiskey für den Weihnachtmann" erschien) zulegt. Dank Otto Sander ist es eine unvergessliche Stunde voller Wärme und Wehmut.

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. Oktober 2007 | ISBN: 9783898136976 | Laufzeit: 56 Minuten | Originaltitel: Irish Stories for Christmas | Preis: 13,89 Euro

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