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 Nachtzug nach Lissabon


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
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Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Mitten im Unterricht verlässt der Lateinlehrer Raimund Gregorius die Schule und besteigt den Nachtzug nach Lissabon. Gregorius, der für seine Zuverlässigkeit bekannt ist und auch dafür staubtrocken, um nicht zu sagen stinklangweilig, zu sein. Danach ist in seinem Leben nichts mehr so, wie es sein sollte, und wie zuvor. Im Gepäck hat er das Buch des Portugiesen Amadeu de Prado, einem "Goldschmied der Worte", welches ihm kurze Zeit zuvor geschenkt wurde. Dort las er: "Wenn es so ist, dass wir nur einen kleinen Teil von dem leben können, was in uns ist - was geschieht dann mit dem Rest?".

Gregorius folgt nun den Spuren Prados und wird immer tiefer hineingezogen in die Aufzeichnungen und Reflexionen des Buches, die von den grundlegenden Erfahrungen des Lebens handeln. Gleich zu Beginn seines Aufenthalts verliert Gregorius seine Brille und stellt fest, dass sich mit der neuen Brille seine ganze Weltsicht ändert. Alles ist plötzlich weit und näher, aber auch beängstigender. Es beginnt eine rastlose Suche in Lissabon, nach einem anderen Menschen, nach einem anderen Leben. Wer war dieser Amadeu de Prado? Gregorius trifft immer mehr Personen, die von diesem ungewöhnlichen Menschen tief beeindruckt waren, ganz gleich, ob sie ihn als Arzt, als Poeten oder als Kämpfer gegen die Diktatur kennen gelernt haben.

Das Hörspiel wurde produziert nach dem gleichnamigen Buch von Pascal Mercier, hinter dem sich der Philosoph Peter Bieri verbirgt. Wenn man das Buch kennt und nicht zur Fraktion "finde ich depressiv und langweilig" gehört, geht man mit einer gewissen Erwartungshaltung an die Hörbuchfassung von Sven Stricker heran. Diese Erwartungen werden voll erfüllt, wenn nicht sogar übertroffen. Stricker ist ein sehr poetisches und stimmiges Hörspiel gelungen. Schon die ersten Klänge von Cello und Gitarre stimmen ein auf das melancholische Innenleben von Raimund Gregorius und man besteigt gerne mit ihm den Zug in ein neues Leben. Getragen wird das Hörspiel auch durch die Stimme von Boris Aljinovic, der zuzuhören und zu folgen ein Genuss ist. Sind auf der ersten CD die Männerstimmen sehr dominierend, ist es wohltuend die Stimme von Carmen-Maja Antoni zu hören, welche eindrucksvoll die Adriana de Prado interpretiert. Stricker arbeitet mit zahlreichen akustischen Effekten, mit Resonanzen, Stimmen überlagern sich oder kommen aus unterschiedlichen Richtungen. Dies verleiht dem Hörspiel eine fast irreale Dimension. Ebenso gelingt es ihm hervorragend und überzeugend einen authentischen Klangteppich von Lissabon im Hintergrund zu erzeugen und mit Klängen die einzelnen Szenen voneinander abzugrenzen.

Obwohl ganze Bereiche des Buches fehlen, ist die Hörbuchfassung trotzdem eine sehr gelungene Interpretation und steht als eigenständiges Werk für sich.

Sehr empfehlenswert!

Sabine Seip



CD | CD-Anzahl: 2 | Erschienen: 01. September 2007 | ISBN: 9783867171274 | Laufzeit: 166 Minuten | Preis: 11,90 Euro

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