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 10 Kanus, 150 Speere und 3 Frauen


Cover
Gesamt ++++-
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Die Aborigines, die australischen Ureinwohner, wurden belächelt, aus ihrem angestammten Land vertrieben und in die Zwangsjacke der weißen, westlichen Kultur gesteckt. Nur wenige machten sich die Mühe, sie zu verstehen oder ihnen zuzuhören. Einer dieser wenigen ist Rolf de Heer: In "10 Kanus, 150 Speere und 3 Frauen" gibt er ihnen die Gelegenheit, selbst von sich zu erzählen - als Darsteller in einem Film, der von ihrer Kultur handelt.

Minygululu (Peter Minygululu), der Stammeshäuptling einer kleinen Gruppe von Aborigines aus dem Arnhem Land in Nordaustralien, hat drei Frauen. Dies stört seinen jüngeren Bruder Dayindi (Jamie Gulpilil), denn er hat gar keine Frau und deshalb ein Auge auf die jüngste der drei Damen geworfen. Minygululu weiß um das Begehren seines kleinen Bruders, und als die Männer des Stammes sich zur Gänsejagd in eigens dafür angefertigten Kanus aufmachen, erzählt er Dayindi eine Geschichte aus der mythischen Vorzeit ihrer Stammesahnen.
Die Geschichte handelt von einem jungen Mann namens Yeeralparil (ebenfalls gespielt von Jamie Gulpilil), der sich in eine der Frauen seines Bruders Ridjimiraril (Crusoe Kurddal) verliebt hat.
Während die Männer Gänse jagen und Lager errichten, erfährt der junge und unerfahrene Dayindi, was damals passierte, als die Aborigines noch die einzigen Menschen waren, die den australischen Kontinent besiedelten. Er hört die Geschichte von Yeeralparil, eine Geschichte über Liebe, Verrat, Zauberei - und über die Gesetze seines Stammes, die schon immer Gültigkeit besaßen …

"10 Kanus, 150 Speere und 3 Frauen" ist ein ganz besonderer Film: Zum ersten Mal drehte ein Regisseur im nordaustralischen Arnhem Land ausschließlich mit Aborigines als Darstellern. Optisch ist der Film an die Fotos des Anthropologen Donald Thomson angelehnt, der in den 1930er Jahren das Leben der Aborigines im Arnhem Land beobachtete. Auf dieser Basis erzählen Rolf de Heer und sein Co-Regisseur Peter Djigirr eine kleine, aber fein gestrickte Geschichte über das Leben im australischen Busch und über die Menschen, die dort im Einklang mit der Natur wirtschaften und ihren eigenen Gesetzen und Gebräuchen folgen. Dabei gelingt ihnen weit mehr als ein folkloristisches Abenteuer mit Exotik-Faktor: Der Film ist ein respektvolles Porträt einer Kultur, die in der Vergangenheit oft als rückständig verlacht wurde, und ein humorvolles Erlebnis für all jene Zuschauer, die sich mit einer ruhigen Erzählweise anfreunden können. "10 Kanus, 150 Speere und 3 Frauen" ist mit seinen drei Erzählebenen, deren einzelne Stränge einander überlagern und ergänzen, eine Ode an gute Geschichten und an das Erzählen und Zuhören an sich. Ganz in diesem Verständnis ist auch das Ende zu sehen, das für unsere Sehgewohnheiten vielleicht etwas unspektakulär wirkt. Aber auch dass unsere Erwartungen an einen Film, die Storyline und das Ende vielleicht nicht ganz erfüllt werden, scheint Teil des Konzepts zu sein: Wenn man während dem Film aufmerksam zusieht, wird man feststellen, dass dies nicht nur eine Erzählung über, sondern auch von den Aborigines ist. Und somit gelten für "10 Kanus, 150 Speere und 3 Frauen" deren Regeln, die für uns mitunter unverständlich sein mögen, jedoch deshalb nicht minder anerkennenswert sind. Wer dem Film eine Chance gibt und sich darauf einlässt, wird eine zauberhafte, sehr amüsante und ehrliche Geschichte erleben, die so sicher noch nie gezeigt wurde - und die so vielleicht auch nie mehr erzählt werden kann. Doch selbst wer damit nichts anfangen kann, wird sich zumindest an den toll eingefangenen Bildern aus den Monsunwäldern Nordaustraliens erfreuen können, die nur eine Musik als Untermalung dulden: das Didgeridoospiel der Aborigines, begleitet vom Quaken der Frösche und dem Zwitschern der Vögel.

Die DVD von Alamode Film zeigt den Film in sehr guter Qualität: Das Bild lässt Landschaften und Menschen in brillantem Glanz erstrahlen und der Ton gibt klar die vielen Geräusche der Natur wieder. Beim Bonusmaterial dagegen hätte man sich etwas mehr Mühe geben dürfen: Es gibt zwar drei Featurettes über die Entstehung des Films, diese sind jedoch völlig kommentarlos und haben somit den Charakter einer B-Roll. Auch die Interviews sind nicht wirklich ein Vergnügen, sie wirken lieblos und teilweise gehetzt. Der Rest (Luftaufnahmen vom Drehort und Trailer des Anbieters) ist Standard.

Fazit: Ein schöner, gelassen erzählter Film, der einen Blick in eine ursprüngliche, faszinierende Welt gewährt, wenn man sich nur darauf einlässt.

Marc Zeller



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. März 2008 | FSK: 12 | Laufzeit: 87 Minuten | Originaltitel: Ten Canoes | Preis: 18,95 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch/Ganalbingu, Englisch/Ganalbingu

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