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 Maigret und die Keller des Majestic

Autoren: Georges Simenon
Produzenten: Christoph Dietrich
Regisseure: Christoph Dietrich
Sprecher: Friedhelm Ptok
Übersetzer: Linde Birk
Verlag: Diogenes

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Eines frühen Morgens hat Prosper Donge, Chef der Kaffeeküche im Untergeschoss des Pariser Grandhotels "Majestic", auf dem Weg zur Arbeit einen "Platten" am Fahrrad. Um eine Viertelstunde verspätet trifft er an seinem Arbeitsplatz ein - und entdeckt in einem der Spinde für das Personal die Leiche einer eleganten Blondine. Donges im Allgemeinen wenig ereignisreiches Leben nimmt plötzlich eine unheilvolle Wendung.
Bei der erwürgten Dame handelt es sich um Mrs Clark, Hotelgast und Ehefrau eines sehr wohlhabenden Amerikaners. Maigret findet allerdings bald heraus, dass Mrs Clark, die mit Ehemann, kleinem Sohn, Kinderfrau und Privatlehrerin im Hotel logierte, vor ihrer Ehe in Cannes als Animierdame gearbeitet hat. Und Prosper Donge war damals hoffnungslos in sie verliebt.
Der Untersuchungsrichter lässt sich von Mr Clarks sozialem Status und entsprechenden Weisungen durch die amerikanische Botschaft beeindrucken und untersagt Maigret, gegen Clark zu ermitteln. Und er verhaftet Prosper Donge. Maigret jedoch ist von Donges Unschuld überzeugt. Etwas Misstrauen gegenüber Clark scheint ohnehin angebracht: Ohne sich sehr vom gewaltsamen Tod seiner Frau beeindrucken zu lassen, amüsiert sich der Amerikaner bestens mit der Lehrerin seines Sohnes. Stand die ohnehin nur aufgrund ihrer Schwangerschaft geheiratete Ehefrau dem jungen Glück im Weg?
Maigret, der in Cannes einige interessante Erkenntnisse gesammelt hat, wird auch in Paris fündig und stößt unvermittelt auf eine Spur, die erneut in die Keller des "Majestic" führt, wo inzwischen ein zweiter Mord stattgefunden hat.

"Maigret und die Keller des ’Majestic’" bezeugt einmal mehr die Meisterschaft des französischen Krimiautors Georges Simenon. Die Handlung ist nicht sonderlich kompliziert aufgebaut, Simenon spickt seinen Roman auch nicht mit "roten Heringen", also falschen Fährten für den Leser beziehungsweise Hörer, sondern setzt auf Psychologie, Stimmungen, Milieuschilderungen und authentisch wirkende, kraftvolle Charaktere.
Unter den Letztgenannten besticht Kommissar Maigret, Simenons Protagonist, ganz besonders durch seinen klaren, praxisorientierten Verstand, seine Hartnäckigkeit, seine etwas ruppige Art und die Menschlichkeit, die er ab und zu, beispielsweise dem unglücklichen Donge gegenüber, durchscheinen lässt. Donge und seine Freundin stammen aus einem sehr einfachen Umfeld, mit dem Simenon unverkennbar sympathisiert; es gelingt dem Autor, den schlichten "Anti-Helden" Prosper Donge so zu zeichnen, dass auch beim Hörer Mitgefühl aufkommt - obwohl Donge verdächtig bleibt.
Altmeister Simenon arbeitet nicht mit detaillierten Schilderungen blutrünstiger Morde und liefert in diesem Roman auch keine rasanten Verfolgungs- oder Festnahmeszenen. Dafür vermag er die Ermittlungsarbeit sehr spannend zu schildern und führt den Hörer an die unterschiedlichsten Orte, deren meist sehr dichte, Emotionen heraufbeschwörende Atmosphäre er ausdrucksstark darstellt. Viele dieser Schilderungen lassen im Hörer Nostalgie aufkommen, weil das über sechzig Jahre alte Werk natürlich in einem Paris spielt, das er höchstwahrscheinlich nur aus alten Filmen und Abbildungen kennt.
Dank dem vorzüglichen Sprecher kommt auch in der Hörbuchfassung keine Langeweile auf, denn Friedhelm Ptok findet sich gut in die verschiedenen Rollen ein und gibt den Figuren in Dialogen den von Simenon vorgesehenen Charakter.
Ein trotz des soliden, klassischen Aufbaus sehr spannender Krimi also in einer gut gelungenen Hörbuchversion: rund viereinhalb Stunden Simenon vom Feinsten!

Regina Károlyi



CD | CD-Anzahl: 4 | Erschienen: 01. April 2008 | ISBN: 9783257802061 | Laufzeit: 277 Minuten | Originaltitel: Les Caves du Majestic | Preis: 19,90 Euro

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