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 4 Monate, 3 Wochen, 2 Tage


Cover
Gesamt +++++
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Rumänien, 1987. Das Land leidet unter der sozialistischen Herrschaft von Nicolae Ceausescu, ist arm und verfallen. Abtreibung ist zur Förderung des Bevölkerungswachstums gesetzlich verboten. Die Studentin Gabita ist jedoch schwanger geworden und möchte das Kind loswerden. Ihre Mitbewohnerin Ottilia hilft ihr dabei.
Diese hat jedoch unter der unendlichen Naivität Gabitas zu leiden, die bei der Vorbereitung der illegalen Abtreibung mehrere Fehler macht. Sie versäumt es, ein Hotelzimmer zu reservieren, lügt bei der Frage, in welchem Monat sie sich befindet und ist zu feige, selbst Kontakt mit dem Abtreibungsarzt aufzunehmen.
Dieser macht bei der Sache zwar weitestgehend mit, hat jedoch auch am meisten zu verlieren. Und der Preis, den er für seine Dienste fordert, ist grausam.
Letztendlich bleibt die Organisation der Abtreibung, die Bezahlung und fast alles andere an Ottilia hängen, während die schüchterne Gabita kaum einen Finger rührt. Selbst in einer so trostlosen Welt wie der des sozialistischen Rumäniens wird dies somit zu einem der schlimmsten Tage in Ottilias Leben.


Bis zum Fall der Sowjetunion führte das rumänische Kino ein Schattendasein unter kommunistischer Herrschaft. Nun scheint es so, als ob der rumänische Film langsam an Bedeutung in der europäischen Kinolandschaft gewinnt. Viel zitierte Filme sind in diesem Kontext "12:08 östlich von Bukarest" und "Der Tod des Herrn Lazarescu". Das beste Beispiel dafür ist jedoch der Film "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage", der letztes Jahr in Cannes die Goldene Palme gewann und sich sogar gegen den Oscargewinner "No Country For Old Men" durchsetzen konnte. Es ist auch der erste der drei genannten rumänischen Filme, der in Deutschland veröffentlicht wird, wenn auch leider nur sofort auf DVD. Da besteht hierzulande noch einiges an Nachholbedarf.

Anders als die Inhaltsangabe vermuten lässt, geht es bei "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" weniger um das Thema Abtreibung als um das Thema Unterdrückung. Anders jedoch als beispielsweise im deutschen Film "Das Leben der Anderen" verzichtet Regisseur Cristian Mungiu auf die Darstellung des langen Arms des Staates. Lediglich zwei Polizisten sind im Verlauf des Films zu sehen, direkte Akte der Gewalt gegen Zivilisten sogar gar keine. Die Unterdrückung und die Angst lassen sich dagegen in allem anderen finden: in der Trostlosigkeit und Verfallenheit der Gebäude; in der Unfreundlichkeit und im Misstrauen normaler Angestellter; in den unglücklichen, zerfurchten Gesichtern der Hauptdarsteller. Die bittere Atmosphäre des Films ist regelrecht greifbar. Doch auch an anderen Stellen tut er sein Bestes, um den Zuschauer regelrecht wahnsinnig vor Verzweiflung zu machen. Man nehme die minimalistische Kamerarbeit - viele der Szenen bestehen aus meist nur einer einzigen Einstellung, die sich in den unangenehmsten Momenten nicht einen Millimeter bewegt. Minutenlang verharrt die Kamera an derselben Stelle, sodass man regelrecht gezwungen wird, hinzusehen, obwohl man sich am liebsten bereits zur nächsten Szene abgewandt hätte.
Dies wird durch kalte Dialoge untermauert, die die Hilflosigkeit der Protagonisten nüchtern darlegen. Es macht keine Freude, sich "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" anzusehen, und dennoch kann man nicht die Augen von diesem Film lassen, sitzt vor Schrecken erstarrt vor dem Fernseher. Die düstere Stimmung eines Terrorregimes über einen Film so auf den Zuschauer zu übertragen, das ist eine ganz große Leistung und garantiert eine Goldene Palme wert!

Interessanterweise liefert der Film tatsächlich keinerlei Argumente für oder wider das aktuelle Thema der Abtreibung. Die Prozedur wird zwar in all ihren unangenehmen Details gezeigt und auch das Ergebnis bleibt dem Zuschauer nicht erspart, aber eine Diskussion regt der Film nicht an. So ähnlich dürfte illegale Abtreibung jedoch in jeder Nation stattfinden, die sich gesetzlich dagegen ausgesprochen hat - und so gesehen liefert der Film dann doch ein definitives Argument dafür.

Liebhabern des europäischen Kinos sei "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" daher sehr ans Herz gelegt, und auch allen anderen, die eine raue, emotionale Belastungsprobe nicht scheuen. Eine Tortur mag der Film sein, aber eine wichtige, will man das Wirken repressiver Systeme verstehen und erinnern.

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. März 2008 | FSK: 16 | Laufzeit: 108 Minuten | Originaltitel: 4 luni, 3 saptamâni si 2 zile | Preis: 15 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Rumänisch

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