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 Europa Universalis: Rome


Cover
Gesamt ++++-
Action
Anspruch
Aufmachung
Bedienung
Bildqualität
Extras
Gefühl
Glück
Spielregel
Strategie
Ton
"Ceterum censeo Carthaginem esse delendam." Gesagt, getan. Während in irgendeiner griechischen Provinz ein korrupter Gouverneur dem römischen Senat auf der Nase herumtanzt, beschließt dieser den ultimativen Feldzug gegen die phönizischen Erzfeinde, die sich in Hispania und auf Sizilien breit gemacht haben. Rasch werden ein paar Truppen ausgehoben und auf die Galeeren verladen. Die Götter sind dem Feldzug gesonnen - die Priester haben uns (nach üppiger Bestechung) ein gutes Omen attestiert. So werden die Karthager zunächst aus ihrer sizilianischen Festung vertrieben, anschließend setzt die römische Flotte nach Afrika über ... um dort festzustellen, dass der gesandte Feldherr etwas größenwahnsinnig geworden ist und eine Rebellion angezettelt hat. Flugs befindet sich unser Reich im Bürgerkrieg, und die verbündeten Ägypter nutzen die Gunst der Stunde, um uns in den Rücken zu fallen. Wir hätten wohl einen fähigeren Diplomaten zu ihnen schicken müssen als jenen unglückseligen Adeligen, dessen Kopf uns nun zugestellt wird.

"Europa Universalis: Rome" (EU:Rome) überträgt die Spielmechanismen des berühmt-berüchtigten Strategiespiels "Europa Universalis III" aus dem Hause Paradox Interactive auf die römische Antike. Der Spieler kann (entweder im Alleinspiel- oder Multiplayer-Modus) eine antike Macht zwischen den Jahren 278 vor Christus bis 25 nach Christus übernehmen und diese zum weltgeschichtlichen Ruhm führen: Rom, Karthago, Mazedonien, Ägypten ... die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Wer keine Herausforderungen scheut, kann sich sogar an einem germanischen oder danubischen Barbarenstamm versuchen (wird damit aber kaum glücklich werden, dazu später). Ist die Wahl erst getroffen, erhält der Spieler nahezu grenzenlose Macht über die militärischen, wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen des Landes. Es liegt nun ganz in seiner Hand, ob er den Staat als antike Republik, oligarchischen Selbstbedienungsladen oder militärische Diktatur à la Cäsar führen will. Dabei sind ihm diverse adelige Familien behilflich, deren Vertreter die hohen Ämter innehaben: Generäle, Admirale, Baumeister, Richter und Hohepriester. Nicht jeder Charakter ist für jedes Amt gleich gut geeignet; sie haben unterschiedliche Werte in Kriegskunst, Charisma und Finesse, und zudem jede Menge persönlicher Eigenschaften. Zudem gehen sie weitgehend unabhängig vom Spielerwillen Ehen mit anderen Familien ein, wodurch komplexe Beziehungsgeflechte entstehen, wirtschaften als korrupte Gouverneure in die eigene Tasche oder verschwören sich gar gegen den momentanen Herrscher. So muss der Spieler auch innenpolitisch ein Auge auf etwaige Störenfriede haben ... und das gilt freilich auch für die Außenpolitik. Wer nicht die Beziehungen und den Handel zu anderen Mächten pflegt, wird sich bald im Krieg mit diesen wiederfinden; zu unterschiedlich sind die Interessen, sei es nun bei der Kolonisierung des Mittelmeerraums, die Erringung wertvoller Ressourcen oder die Besiedlung der Barbarenprovinzen. Diese bergen nämlich eine besondere Gefahr: wie aus dem Nichts können sich hier ein paar Germanen, Gallier oder Thraker zusammenrotten und ihren Teil vom Kuchen fordern. Wenn man nicht gerade eine Miliz in der Nähe hat, kann dies zu ausgedehnten Plünderungen führen ... oder man muss die Ansiedlung der Barbaren auf seinem Territorium akzeptieren.

Hilfreich bei der Verwaltung des Staats können auf der einen Seite so genannte nationale Konzepte sein, die das Land mal eher wirtschaftlich, mal eher militärisch ausrichten, auf der anderen Seite die sogenannten "Omen", mit denen man die Götter günstig stimmen will. Je mächtiger die eigene Religion, desto wahrscheinlich ist es, dass die bestochenen Priester einem ein günstiges Omen ausstellen - was einen satten Bonus auf den nächsten Feldzug oder die nächste Ernte bringt, denn die Soldaten und Bauern glauben an die Gunst der Götter. Ebenso wichtig sind Handelsabkommen zwischen einzelnen Provinzen; denn um einzelne Gebäude oder Truppen zu bauen, benötigt man die entsprechenden Rohstoffe. Ohne Holz keine Schiffe, ohne Pferde keine Kavallerieeinheiten ... Handel kann da Abhilfe schaffen. Wenn allerdings die Straßen oder Häfen von Feinden, Räubern oder Piraten belagert werden, stockt der Handel - da hilft nur ein rascher Militärschlag. Dieser läuft übrigens - wie in allen Strategiespielen von Paradox Interactive - vollautomatisch ab; die einzelnen Kampfphasen werden berechnet, eingreifen kann man nicht, höchstens zum Rückzug trommeln. Wer also Wert auf Militäraktionen legt, wird mit "EU:Rome" nicht glücklich werden - Hardcorestrategen hingegen dürften sich ganz in ihrem Element fühlen. Denn "EU:Rome" ist wie sein "Mutterspiel" "Europa Universalis" eine wahre Herausforderung, zugleich aber etwas zugänglicher und damit auch für Paradox-Neulinge geeignet. Sie sollten sich aber auf jeden Fall den aktuellen Patch von der Homepage der schwedischen Spieleschmiede ziehen, der ein paar grobe Ärgernisse der Urversion beseitigt (unter anderem ein endloses Armeen-Pingpong beim Verfolgen unterlegener Gegner). Auch ist vom Spielen der Barbarenstaaten abzuraten, denn deren Entfaltungsmöglichkeiten sind arg begrenzt. So richtig Laune macht "EU:Rome" nur mit den größeren Mächten der Antike. Wählt man diese, entfaltet sich das gewaltige Panorama dieses Spieltitels: ein strategischer Leckerbissen, der detailliert die Antike abbildet und den Spieler mit dem Schicksal seines Landes, einzelner prominenter Familien oder besonderer Lieblings-Feldherren mitzittern lässt. Wenn der von kleinauf hochgepäppelte Junior zum neuen Diktator gewählt wird oder sich im Bürgerkrieg gegen einen alten Kontrahenten durchsetzt, schnellt schon mal die Beckerfaust empor. Wird dagegen die schöne Braut des Magister Militum von einer misslaunigen Schwester vergiftet, ist die Trauer groß.

Optisch kommt "EU:Rome" schlicht daher. Die 3D-Karte ist zwar sehr schön anzuschauen, aber die wenigen Animationen sind eher klobig, die Truppen bewegen sich starr auf der Karte umher. Durch die unzähligen Berechnungen, die in jeder Spielsekunde vorgenommen werden, knabbert das Spiel dennoch ordentlich an den Ressourcen des Computers. Denn "EU:Rome" läuft in Echtzeit ab, und immer wieder poppen Events auf, die das Spiel in eine neue Richtung lenken. Wer Spaß am Programmieren eigener Mods hat, kommt dabei erst richtig auf seine Kosten, denn die Events lassen sich mit einem Texteditor leicht verändern, ausbauen oder ergänzen.

Der Boxausgabe von Koch Media liegt übrigens eine große Karte mit allen Provinzen bei (macht sich gut über dem Schreibtisch) sowie ein einhundert Seiten starkes Handbuch und der Zugangscode zu einem Strategieführer im Paradoxforum. Das sollte die Kaufentscheidung nochmals erleichtern. Wer ein Herz für die römische Antike und für ausgeklügelte Strategiespiele hat, muss einfach zugreifen - und solange spielen, bis Karthago endlich in Schutt und Asche liegt.

Hagen Hoffmann



CD | CD-Anzahl: 1 | Erschienen: 1. April 2008 | FSK: 6 | PC | Preis: 36,95 Euro

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