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A "Special" Movie - Kinorezension zu "Transformers 3"

[PIC] Was soll ich sagen … ? Wenn uns "Transformers 3" eines belegt, dann die Tatsache, dass das Beobachten von schweren Autounfällen eine enorme Faszination auf Menschen ausübt.

Vielleicht ist das ja der Grund, warum Millionen von Menschen in die Lichtspielhäuser dieser Welt pilgern werden, um den neusten Film des Auteur des Explosionnes, Michael Bay, anzusehen. Nur, dass das nochmal klar ist: Es sind hierbei nicht die schweren Autounfälle innerhalb des Films "Transformers 3" gemeint, sondern der schwere Autounfall "Transformers 3".

Es wäre ja so einfach, sich einmal mehr über die Kompensationsnotdurft des Herrn Bay lustig zu machen und ihn wegen seines Militärfetischismus, seiner Degradierung des weiblichen Geschlechts zur bloßen Verkörperung infantiler Sexualfantasien und seines dekadenten Hangs zum Exzess (156 Minuten!?) zu verspotten, doch das wäre unfair. Man macht sich ja auch nicht darüber lustig, dass Thomas Quasthoff schlecht im Gewichtheben ist (Conterganschädigung) oder dass Steven Hawking nicht tanzen kann (weil er weiß ist). Und auch, wenn "Transformers 3" überall als ein Michael Bay-Film beworben wird und dieser eindeutig dessen Markenzeichen trägt (Waffenpornographie, Hubschrauber vor Sonnenaufgängen, schlechte Popmusik), so darf man doch nicht die zu fast jeder Sekunde ersichtliche Arbeit Hunderter emsiger Bienchen vergessen, die dabei halfen, zumindest technische Perfektion auf die Leinwand zu zaubern, wenn schon Drehbuch und Regisseur nicht mehr zu retten waren.
Ganz ehrlich, ich hatte nachher nicht das Gefühl, dass die 12,70 €, die mich das Ticket für "Transformers 3" kostete (7,20 € + 1,50 € Logenzuschlag + 3 € 3D-Zuschlag + 1 € Überlängenzuschlag und lag der Eintritt früher nicht mal bei 5 Mark?), rausgeschmissenes Geld wären. Nein, viel mehr dachte ich mir, dass dieser verhältnismäßig winzige Betrag dringend benötigt wird, um die astronomische Summe wieder einzuspielen, die dieses Spektakel gekostet haben muss. Selbst wenn man von Produktionskosten von einer Milliarde Dollar für "Transformers 3" ausgeht, hat man immer noch das Gefühl, jeden einzelnen Cent auf der Leinwand wiederzufinden. Besonders beeindruckend fand ich das computergenerierte Simulacrum von Shia LaBeouf, das sich fast schon so eintönig und generisch verhielt wie der echte Schauspieler.

"Transformers 3" wirkt bei allem aus dem PC stammendem Bombast (überraschenderweise lässt sich kein einziges Product Placement von Apple vorfinden) jedoch wie der teuerste Experimentalfilm aller Zeiten, der so scheint, als hätte man von allen Szenen des Films das erste und das letzte Drittel einfach abgeschnitten. Situationen und Charaktere kommen und gehen urplötzlich, Figuren verhalten sich zunächst albern, dann bierernst und verschwinden dann auf einmal für immer. Wie ein Schulkind, das eigentlich seine Hausaufgaben machen soll, wendet sich "Transformers 3" immer wieder für einige Momente schuldbewusst seiner Handlung zu, um sich dann doch wieder ganz schnell von irgendetwas völlig Irrelevantem ablenken zu lassen.

Wie viele Zuschauer werden sich bspw. direkt nach dem Film daran erinnern können, dass es eine absurde Szene in einem russischen Nachtclub gab? In dem Film passiert unheimlich viel und doch geschieht fast gar nichts. So sehnt man sich während der Szenen mit den menschlichen Charakteren nach einer zünftigen Robo-Klopperei. Doch gehen dann Autobots und Decepticons wieder mal aufeinander los und wird man immer und immer wieder vor die Frage gestellt, welcher Roboter jetzt gerade auseinander genommen wurde, warum das einen kümmern sollte und warum der jetzige metallene Faustschlag anders als die letzten drei Dutzend metallenen Faustschläge in glänzender Zeitlupe gezeigt werden muss, so sehnt man sich wieder zurück nach Szenen mit den menschlichen Charakteren. Ein Teufelskreis!

Dabei kann man "Transformers 3" seine zweifelsohne vorhandenen Schauwerte ja gar nicht abstreiten. Es ist durchaus beeindruckend, wenn sich ein gigantischer Metallwurm durch ein umstürzendes Hochhaus fräst oder das Firmament der Erde durch das Panorama eines neuen Planeten ausgefüllt wird. Und die 3D-Effekte des Films sind wirklich und ernsthaft sehr gut gelungen, häufig entsteht ein beeindruckendes Gefühl von Tiefe und Räumlichkeit. Doch auch, wenn man hier einmal mehr technische Perfektion geboten bekommt und auch wenn dies der Hauptgrund für den Kinobesuch sein mag, so bringt das doch alles nichts ohne einen Hauch von Kontext. Wie bei einer Grafikdemo für den Rechner dient "Transformers 3" eigentlich nur als Vorschau dafür, was richtige Filme mit Technik wie dieser alles anfangen könnten.

Wobei Michael Bays Film doch einige amüsante Statements macht, die eine nähere Betrachtung verdienen:

  • Die Vereinigten Staaten von Amerika sind die einzige Nation auf der Erde. Denn wenn die US of A eine Bevölkerungsgruppe per Gesetz aus dem Land verbannen, ist der einzige Weg, diesen Plan durchzuführen, sie per Rakete ins Weltall zu schießen.
  • Wenn ein zentrales Plotelement zerstört werden muss, dann reicht eine simple Rakete nicht aus. Wenn man sicher gehen will, muss ein ganzer Transformer durchgejagt werden, dann ist das Ding kaputt.
  • Frances McDormand macht selbst im Angesicht von Robotern und Michael Bays eine gute Figur.
  • Aufgespritzte rote Lippen können größer sein als der ganze menschliche Körper, der hinten dran hängt.
  • Eine kleine Gruppe amerikanischer Spezialsoldaten reicht jedes Mal aus, um eine überlegene, außerirdische Streitmacht zu bezwingen.


Es ist keine große Leistung, "Transformers 3" zu verdammen, wenn man sich das eigentlich schon vor dem Kinobesuch vorgenommen hat. Es fällt jedoch ziemlich schwer, wenn man sich vor Augen führt, dass der Film selbst, wie ein Kind inzestuöser Eltern, eigentlich nichts dafür kann – er wurde halt so gemacht. Und so sitzt man stillschweigend und peinlich berührt im Kinosessel, während sich besagtes Kind vor den eigenen Augen mit Exkrementen beschmiert. Aber wenigstens scheint es dabei Spaß zu haben. Fast ist es so, als würde man einen tödlichen Autounfall beobachten … nur ohne den Charme.

Zur offiziellen Website des Films:
http://www.transformersmovie.com/intl/de


Kinoplakat von Transformers 3: www.paramount-pictures.de

Julius Kündiger, 28.07.2011