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Auf zur Insel - Kleine Kolumne zur Leipziger Buchmesse 2014 - Teil 2

[PIC] Nachdem die Halle 2 in diesem Jahr durch die Abwanderung des Manga-Bereichs weniger Publikum hatte, waren auch die Stände der großen Kinder- und Jugendbuchverlage lange nicht so überlaufen, wie in den letzten Jahren. Platz genug also, um sich auch als erwachsener All-Age-Leser durch die Regale zu wühlen, Leseproben einzusammeln und den digitalen Foto-Wunschzettel mit neuen Büchern zu füllen.

Das Schicksal der Phantastik

Eine Frage drängte sich jedoch auf: Warum ist der große Bereich der Phantastik mit seinen Spielarten, der Fantasy, der Science-Fiction und dem Horror in der Halle 2 geblieben und wirkte auch durch die Leere in der hinteren Halle ein wenig ... isoliert?

[PIC]Für viele Freunde der phantastischen Literatur ist die Fantasy-Leseinsel und der attraktiv bestückte Stand von Werkzeugs ein zentraler Anlaufpunkt. Hier trifft sich seit Jahren alles, was irgendwie etwas mit dem Genre am Hut hat. Leser können bekannten und auch Newcomer-Autoren bei Lesungen lauschen. Jeweils angeschlossene Signierstunden erlauben es seine eigenen Bücher mit einer persönlichen Signatur schmücken zu lassen. Forenschreiber, Blogger, Autor, Hase, Igel und Oger – sie alle treffen sich hier – verabredet oder auch einfach zufällig. Ein schöner Platz also. Warum aber wirkte dieser in Zeiten, in der die phantastische Literatur erfreulicherweise Jahr für Jahr mehr Erfolge verzeichnen kann, trotzdem so isoliert?

Die meisten großen Verlage führen mittlerweile Phantastik in ihren Programmen, trauen sich diese als solche zu deklarieren und werben sogar damit. Nur wenige aber "wagen" sich mit einem Ablegerstand in Halle 2. Feder und Schwert macht es mit seinem hochkarätigen Programm ebenso beispielhaft vor wie Klett-Cotta mit ihrem Hobbit-Presse-Label. Die Präsentation der Fantasytitel für Erwachsene der meisten anderen Verlage verblieb aber auf deren Hauptständen in anderen Hallen. Das ist sehr schade, da genügend Fläche zur Verfügung stand. Ebenso wäre die Gelegenheit vorhanden gewesen und es ist mein ganz persönlicher Wunsch für Leipzig 2015.

[PIC]Sessel für die Phantasten!

Auch wirkte es erneut so, dass die Fantasy-Leseinsel sich vorwiegend an junge Besucher richtet. Oder was ist der Grund dafür, dass diese sonst so schöne Einrichtung keine vernünftigen Sitzgelegenheiten verdient? Vielleicht macht das Lesen von phantastischen Romanen aber auch körperlich fit, sodass es auch uns älter werdenden Lesern nichts ausmacht, auf niedrigen Sitzflächen oder Sitzkissen auszuharren? Lesen wir also noch mehr Fantasy, dann verschwinden die Rückenschmerzen und die Probleme nach zwei halbstündigen Lesungen vom Boden wieder aufzustehen. "Lest mehr Fantasy - es ist gesund für den Bewegungsapparat!"

Auch wenn ich diese Forderung gerne unterstützen würde, plädiere ich doch dafür, die Besucher der Fantasy-Leseinsel ernst zu nehmen. Ich rufe daher aus: Spendiert der Location eine Ausstattung, die zum Verweilen einlädt und keinen Jugendheim-Charakter hat. Her mit einigen dieser schicken kunststoffüberzogenen Sesseln, Hockern oder Bänken – meinetwegen in Schwarz, damit es zum Dresscode der dort lesenden Autoren passt. Fantasy, Science-Fiction und Horror verdienen einen würdigen Rahmen und sind nicht zwingend nur für Leserinnen und Leser unter 18! Besonders schade ist, dass es sicher etliche Messebesucher gibt, die das tolle Programm der Fantasy-Leseinsel gar nicht wahrnehmen, da es diesen jugendlichen Touch hat und zudem auch in dem Themenbereich untergebracht ist.

[PIC]Die dritte Seraph-Verleihung

Einen würdigen Preis hat die deutschsprachige Phantastik dank der Phantastischen Akademie bereits bekommen. Seit 2012 verleiht sie den Jurypreis Seraph. Preisträgerin Ju Honisch nahm dieses Jahr die schwarze (!) Trophäe für das beste Buch 2013 ("Schwingen aus Stein") entgegen, die Übergabe fand traditionsgemäß zum Ausklang des ersten Messetages am Stand der Fantasy-Leseinsel statt. Katharina Hartwell konnte mit "Das fremde Meer" den Förderpreis für das beste Debüt 2013 absahnen. Wenn wir dabei nun noch auf Sitzgelegenheiten hätten, Platz nehmen dürfen, die höher als 20 Zentimeter sind ...

Soweit zur seltsamen Deplatziertheit der Fantasy-Leseinsel im Kinder- und Jugendbuchbereich und deren unpassende Ausstattung. Mehr zum Programm in den anderen Hallen, dem Leipzig liest-Festival und meinen ganz persönlichen Messeentdeckungen, die den Weg auf meinen Buchwunschzettel gefunden haben, in Teil 3 und 4 meiner kleinen Messe-Kolumne.

Zu Teil 1 der kleinen Messe-Kolumne.
Zu Teil 3 der kleinen Messe-Kolumne
Fotos: (C) Sandra Wiegratz

Sandra Wiegratz, 30.03.2014