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Die Arbeit als Reisebuch-Autor
Interview mit Uta Goridis, Übersetzerin und Reisebuchautorin
MM: Wie kam es, dass Sie Reiseführer schreiben?
UG: Ich mache mich gerne sachkundig, wo immer ich bin, und mich interessieren auch die obskursten Details.

MM: Wie kam es dann zu der Wandlung von der interessierten Urlauberin zur Reisebuchautorin?
UG: Ich bin von Haus aus Übersetzerin und selten nur als Urlauberin unterwegs. Als Übersetzerin mit dem Schwerpunkt „kreolisches Französisch“ habe ich zwei Reisestipendien nach Martinique bekommen.

MM:Welche Voraussetzungen braucht es, um einen Reiseführer zu schreiben?
UG: Neugierde, Ortskenntnis und Detailbesessenheit.

MM: Wie setzen Sie diese Voraussetzungen dann für Ihre Bücher ein?
UG: Gewöhnlich gibt es genaue Vorgaben vom Vorlag, die sich nur erfüllen lassen, wenn man diese Voraussetzungen mitbringt.

MM: Ist es eher von Vorteil, in Ihrem Fall in der Stadt zu wohnen, über die Sie schreiben, um sie mit „Expertenaugen“ zu sehen, oder hilft es eher, wenn man selbst als Tourist vor Ort ist, um sich in die Lage seiner Leser zu versetzen?
UG: Eigentlich sollte man beide Perspektiven berücksichtigen.

MM: Welche Perspektive fällt Ihnen leichter und warum?
UG: Zuerst bin ich eine Touristin mit einem Projekt und peu à peu verwandle ich mich dann in eine Expertin.

MM: Wie sieht die Vorbereitung für einen Reiseführer aus?
UG: Ich sondiere das Terrain.

MM: Können Sie den Entstehungsprozess eines Reiseführers etwas näher beschreiben?
UG: Zuerst kommt die theoretische, dann die praktische Recherche, die Vor-Ort Besichtigung.

MM: Wie sieht die Recherche für die einzelnen Teile aus?
UG: Wichtig ist, dass alles auf dem neuesten Stand ist.

MM: Vor Ort oder am heimischen Schreibtisch? Welche Quellen und Hilfsmittel nutzen Sie?
UG: Beides, vor Ort ist natürlich am wichtigsten, aber ich konsultiere natürlich auch alle anderen Publikationen zu dem Thema und schau mich auch im Netz um.

MM: Wie lange dauert es, um die einzelnen Artikel/Teile zu schreiben?
UG: Das ist ganz von der notwendigen Recherche abhängig.

MM: Allgemein, wie lange arbeiten Sie an einem Reiseführer?
UG: Das lässt sich schwer sagen, weil ich parallel dazu auch übersetze. Aber unter drei Monaten kriegt man wohl kaum etwas auf Papier.

MM: Können Sie sich ihre Stadt/ihr Land selbst aussuchen?
UG: Ja.

MM: Gibt der Verlag dann Vorschläge und die Autoren können sich entscheiden, dass Sie zum Beispiel auch gerne mal über Asien oder Italien schreiben möchten, oder treten Sie als Autor an den Verlag und schlagen vor, einen bestimmten Ort zu übernehmen?
UG: Die Vorschläge stammen gewöhnlich von mir.

MM: Sie haben für den Reise Know-How Verlag ein Berlin-Buch herausgebracht. Warum haben Sie sich für die Stadt entschieden?
UG: Weil ich Berlin in- und auswendig kenne.

MM: Bekommt man dann in Ihrem Geschäft Lust, einen Reiseführer zu schreiben, oder sehnt man sich nicht eher nach unbekannten Orten?
UG: Wie bekannt ist bekannt? Auch Berlin hat seine unbekannten Seiten. Am meisten reizen mich aber gottverlassene Inseln im Atlantik oder im Indischen Ozean.

MM: Wie entscheiden Sie, was alles in den Reiseführer hinein muss?
UG: Ist durch das Thema mehr oder weniger vorgegeben.

MM: Muss man bei einem Reiseführer zu einer bekannten Stadt wie in Ihrem Fall Berlin vor allem die bekannten Sehenswürdigkeiten „abarbeiten“ oder kann man auch private Favoriten einbringen?
UG: Beides.

MM: Konnten Sie selbst bestimmten, wie viel Platz Sie den einzelnen Artikeln gewähren, oder mussten Sie sich an Angaben des Verlages halten?
UG: Die Vorgaben des Verlags waren ausschlaggebend

MM: Wie viel kreative Freiheiten bleiben einem da als Autor noch?
UG: In "Berlin Exotisch" konnte ich sozusagen eine „kreative“ Auswahl treffen.

MM: Haben Sie alle erwähnten Orte in Ihren Reiseführern besucht oder sich bei einigen auf Empfehlungen verlassen?
UG: Bei einigen musste ich mich auf Empfehlungen verlassen, aber es waren sehr verlässliche Quellen.

MM: Können Sie noch etwas zur Zusammenarbeit mit dem Verlag erzählen? Wie ist der Weg von Ihrem Manuskript zum fertigen Reiseführer? Wie die Arbeit mit dem Lektorat des Verlages?
UG: Entscheidend ist die Zusammenarbeit mit der Lektorin, die flexibel und kreativ sein sollte.

MM: Neben dem Lektorat nehmen Sie auch Tipps und Kritik von Lesern auf, die meinen, ein Ort hätte unbedingt in den Reiseführer integriert werden müssen oder hätte eine andere Bewertung verdient?
UG: Kritik ist immer interessant.

MM: Ist sie manchmal auch ungerecht?
UG: Ungerecht finde ich vor allem, wenn ein Roman besprochen wird und der Übersetzer nicht erwähnt wird. Bei den Reiseführern oder auch bei den Kauderwelschbändchen „Spanglish“ und „Kreol der Seychellen“ gab es wenige, aber immer sehr wohlwollende Kritiken.

MM: Wie genau kam es zum Aufbau und der inhaltlichen Einteilung Ihres Reiseführers "Berlin exotisch"?
UG: Die Lektorin und ich haben in einem vorgegebenen Rahmen hin und her überlegt.

MM: Wie schwer ist es, wenn man nicht einzelne Stadtteile bzw. Sehenswürdigkeiten beschreiben muss, sondern die verschiedenen Kategorien einer Stadt, wie in Ihrem Fall die Ess-Kulturen oder Einkaufsmöglichkeiten?
UG: Das hat das Ganze für mich sehr viel interessanter gemacht, denn eine Stadt besteht für mich eben nicht nur aus Sehenswürdigkeiten.


MM: Ich danke Ihnen vielmals für das Interview.
UG: Und ich danke Ihnen für Ihr Interesse.
Geführt von Susanne Fischer am 31.03.2009