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HTML 5 - Was bringt die Zukunft?
Interview mit Peter Kröner
Jüngst erschien im Verlag Open Source Press das erste deutschsprachige Sachbuch zum Thema HTML5. Autor ist der Webdesigner und Frontendentwickler Peter Kröner, der sich dankenswerterweise zu einem Interview bereit erklärt hat.

Peter Kröner, Sie haben mit "HTML 5 - Webseiten innovativ und zukunftssicher" das bislang einzige Buch zu HTML5 in deutscher Sprache verfasst. Woran liegt es, dass bisher noch so wenig über diese neue Spezifikation der Auszeichnungssprache erschienen ist?

Die Gründe hierfür sind sicherlich vielfältig. So ist zum Beispiel HTML5 in sich einfach insgesamt wesentlich komplexer, als alles je Dagewesene und die Entwicklung von HTML5 ist auch noch nicht abgeschlossen. So gesehen ist HTML5 in seiner Gesamtheit kein so einfaches Thema. Mir kam auch oft zu Ohren, dass HTML5 noch nicht reif für ein Buch wäre, eben weil seine Entwicklung noch nicht beendet ist. Das Problem hierbei ist, dass eigentlich gar kein "Abschluss" von HTML5 mehr geplant ist, sondern alle zukünftigen HTML-Neuerungen in HTML5 einfließen sollen! Auch ist strittig, was "HTML5" eigentlich genau umfasst. Es ist also einfach eine sehr haarige Angelegenheit.

Welches sind Ihrer Meinung nach die aufregendsten Neuerungen von HTML5, und welche wird auf den Laien, der seine eigene Homepage mit HTML bastelt, den meisten Einfluss haben?

Für den Homepage-Laien ist der Großteil von HTML5 eher uninteressant. Vieles in HTML5 ist für die Entwicklung von Webapplikationen und weniger für normale Websites erfunden worden. Die durchschnittliche Website braucht in den allermeisten Fällen keine Offlinespeicher, Canvas-Elemente oder Drag&Drop-Funktionen, die allerdings für jemanden, der z.B. das nächste Google Mail entwickeln möchte, wie gerufen kommen.
Die diversen Vereinheitlichungen und Vereinfachungen, die neben den neuen Features in HTML5 eingeflossen sind, sind allerdings etwas für jeden und auch die neuen semantischen Elemente könnten eines Tages wichtig werden.

Das mit HTML konkurrierende Format XHTML 2.0 wurde eingestellt. Aus Ihrem Buch spricht leises Bedauern über diese Tatsache. Welche Vorteile hätte XHTML 2.0 mit sich gebracht, und gibt es in absehbarer Zukunft eine Chance für eine Weiterentwicklung von "echtem" XHTML?

Der Hauptvorteil von XHTML 2 wäre wohl gewesen, dass es fast beliebig erweiterbar gewesen wäre. Allerdings gilt das auch für XHTML 5, was die XHTML-Variante von HTML5 ist. So gesehen wird XHTML durchaus weiterentwickelt, nur eben in einer aus HTML5 abgeleiteten Variante. Die Frage ist eher, ob XHTML an sich jemals eine größere Bedeutung im Web haben wird - und da bin ich aufgrund der vielen Probleme von XHTML im WWW sehr sehr skeptisch.

Welche Zukunft hat HTML5 - und wann sollte man seine Webseiten entsprechend umrüsten?

Ich denke, dass in Zukunft kein Weg mehr an HTML5 vorbei führt - wobei hier "in Zukunft" das Stichwort ist. Solange man keine Website baut, die von vornherein auf HTML5 getrimmt ist, gewinnt man nicht viel durch eine Umrüstung. Deswegen würde ich für normale Websites dazu raten, den Sprung auf HTML5 auf den nächsten großen Umbau oder das nächste Redesign zu verschieben.

Noch setzen ja längst nicht alle Browser alle Elemente von HTML5 um. Was sind die größten Tücken und Fallstricke beim Einsatz von HTML5 mit heutigen Browsern?

Das größte Hindernis sind die Internet Explorer 6 bis 8, die allen anderen Browsern in Sachen HTML5 weit hinterher hinken. Der Internet Explorer 9 wird da nachbessern, aber solange die Versionen 6 bis 8 verbreitet sind, stellen sie ein Problem dar. Und natürlich bestehen auch zwischen all den anderen Browsern Unterschiede in der Implementierung diverser Features, doch das ist in vielen Fällen mit etwas Bastelei in den Griff zu bekommen - nur der Internet Explorer ist in Sachen HTML5 wirklich ein schwarzes Loch.

Die neuen Elemente <video> und <audio> bieten für Laien einen sehr einfachen und effizienten Weg, um Video- und Tondateien in seine Webseite einzubinden. Warum gibt es dennoch keine einheitlichen Formate solcher Dateien für alle Browser?

Es gibt in dieser Frage zwei Parteien: die Browserhersteller, die sich für einen freien Codec (OGG/Theora) aussprechen und jene, die einen unfreien favorisieren (AAC/H.264). Alle Parteien haben auch recht gute Gründe - so kann ein Open-Source-Browser wie Firefox schlecht einen unfreien Mediencodec einbauen, aber wenn die H.264-Fraktion die Qualität der freien Codecs bemängelt, ist auch das nicht von der Hand zu weisen.
Google versucht zurzeit, mit WebM einen freien Codec mit guter Qualität ins Spiel zu bringen, der theoretisch alle Parteien zufrieden stellen sollte.Es dürfte am Ende auf einen Machtkampf zwischen den Freie-Software-Advokaten (Mozilla, Google, Opera) und der H.264-Fraktion (Apple, Microsoft) hinauslaufen. Man wird abwarten müssen.

Laut Ihrem Buch ist ja sogar bereits der Nachfolger von HTML5 in Entwicklung. Welche Möglichkeiten wird dieses HTML der Zukunft bringen?

HTML5 ist sein eigener Nachfolger. Es ist mittlerweile geplant, dass es niemals ein "HTML 6" geben wird, sondern alle Neuerungen der Zukunft sollen nahtlos in HTML5 einfließen, so das unterschiedliche Teile der Standards einen unterschiedlichen Stabilitätsgrad haben. Ob das was wird und ob es nicht vielleicht doch eines Tages HTML6 geben wird - schauen wir mal :)

Wir danken für das Gespräch.
Geführt von Hagen Hoffmann am 08.08.2010