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 Tierische Liebe

Regisseure: Ulrich Seidl
Verlag: Alamode Film

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Ton


Normalerweise lässt sich der geneigte Rezensent von überschwänglichen Zitaten auf der Rückseite einer DVD-Hülle nicht wirklich beeindrucken. Im Fall von Ulrich Seidls "Tierische Liebe" von 1996 wird jedoch kein Geringerer als der deutsche Regisseur Werner Herzog mit folgendem Satz zitiert: "Noch nie habe ich im Kino so geradewegs in die Hölle geschaut." Und der Mann war schließlich bereits in der Hölle … mehrfach. Das Beeindruckende am Film "Tierische Liebe": Herzog hat Recht.

Ulrich Seidl zeigt vereinzelte Menschen in Wien, kaputte Existenzen, deren einziger Bezugspunkt in ihrem Leben ihre Tiere zu sein scheinen. Da sind zwei ältere Herren, die sich einen völlig verwahrlosten Köter aus dem Tierheim anschaffen und daran verzweifeln, ihm Manieren beizubringen. Da sind zwei Arbeitslose, die ihr Kaninchen dazu verwenden, um einen Vorwand zum Betteln zu haben. Da ist eine Frau, die von ihrem Mann verlassen wurde und nur noch ihren Hund als Gesprächspartner und Trost hat. Seidl zeigt noch viele weitere Beispiele, und sie alle sind Menschen, die von der Gesellschaft fallen gelassen wurden, völlig ausgegrenzt sind. Doch ist man sich dabei nie sicher, ob man jetzt einen Dokumentarfilm sieht oder ein Drama, denn viele der Einstellungen sind bewusst für die Kamera in Szene gesetzt, fast nie sprechen die Menschen zur Kamera, ein roter Faden fehlt völlig.

"Tierische Liebe" will seine Aussage vor allem aus der Wirkung beziehen, die der Film auf den Zuschauer hat - und dieser Wirkung kann man sich wahrlich nur schwer entziehen. Die Bilder und Szenen, die Seidl zeigt, sind teilweise bemerkenswert abstoßend. Einsame Menschen, die mit ihren Tieren zusammen in zerfallenden Appartements sitzen und stumm in die Gegend schauen. Menschen, die ihren Hunden einen Zungenkuss geben und sie an ihren Genitalien streicheln. Menschen, die mit ihren Tieren so reden, als könnten diese sie verstehen, die die armen Viecher so lange liebhaben und herzen, bis diese völlig erschöpft sind. Man braucht nicht lange, um zu begreifen, dass hier Menschen gezeigt werden, die allen Selbstwert verloren haben, die in der sozialen Rangordnung nur noch über den Tieren stehen, die sie dominieren können, um zumindest einer Sache Herr zu sein. Die Tiere selbst sind dabei immer die großen Verlierer, werden misshandelt, gezüchtigt und von ihren Herrchen und Frauchen schlicht in den Wahnsinn getrieben, ohne zu wissen, wie ihnen geschieht.

"Tierische Liebe" ist erschütternd in seiner Trostlosigkeit und Kälte, ein schier unerträglich negativer Film, der in seinem Porträt verlassener Menschen trotzdem voll ins Schwarze trifft. Zum Schluss muss sich Seidl allerdings den Vorwurf zielloser Polemik gefallen lassen, zeigt er doch einige Szenen expliziter Pornographie, die keine erkennbare Funktion erfüllen außer jener, den ohnehin schon angewiderten Zuschauer noch weiter zu verstören. Da "Tierische Liebe" auch ohne so was schon schockierend genug ist, geht dies nach hinten los, aus Betroffenheit über den Film wird Verärgerung. So oder so ist "Tierische Liebe" zwar ein Film mit durchaus hohem künstlerischen Anspruch, aber keineswegs einer, den man sich jemals noch mal freiwillig angucken könnte. Wenn es nach Ulrich Seidl geht, dann hat er sein Ziel damit wahrscheinlich erfüllt.

Da es sich bei diesem Film um eine österreichische Independent-Produktion aus dem Jahre 1996 handelt, ist die Bildqualität entsprechend mies, der Sound liegt ebenfalls nur in Stereo vor. Wer mit dem österreichischen Akzent nicht vertraut ist, sollte auch unbedingt die Untertitel einschalten, einige der spärlichen Dialoge sind ansonsten kaum zu verstehen. Extras zum Film fehlen völlig.

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. Juni 2008 | FSK: 18 | Laufzeit: 114 Minuten | Preis: 21 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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