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 Jack King, Band 2: Viper

Serie: Jack King, Band 2
Autoren: Michael Morley
Übersetzer: Jürgen Bürger, Peter Torberg
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt +----
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Die italienische Mafia kennt jeder - aber wie steht es mit der Camorra? Sie ist das städtische Pendant zur sizilianischen Mafia, und als ihr Hauptsitz gilt die kampanische Hauptstadt Neapel. Gemeinsam mit der Mafia bildet die brutale kriminelle Vereinigung den Großteil des organisierten Verbrechens in Italien. Michael Morleys Ex-FBI-Profiler Jack King ermittelt in seinem zweiten Roman "Viper" in einer grausamen Mordserie, die die Camorra-Hochburg Neapel erschüttert.

Jack King ist nach den Ereignissen von "Spider" (der Vorgängerroman von Michael Morley), die für den Inhalt von "Viper" aber keine weitere Bedeutung haben, wieder in New York, um dort mit seiner Familie das Weihnachtsfest zu verbringen. Wie aus dem Nichts taucht plötzlich ein unbekannter Mann namens Luciano Creed bei Jack auf, der ihm Informationen über einen Serienkiller in Neapel zeigen möchte. Desinteressiert wendet sich Jack von dem schmierigen, unangenehm auftretenden Creed ab - nur um kurz darauf, von Gewissensbissen angesichts der ermordeten Frauen geplagt, doch auf Creeds Thema anzuspringen. Doch zu spät: Creed ist bereits abgereist, und erst jetzt kommt Jack der Gedanke, dass der mysteriöse Mann selbst ein Killer sein könnte. Ehe sich der ehemalige FBI-Profiler versieht, sitzt er bereits in den Büros der Polizei von Neapel und studiert den Fall eingehend. Das Morden, das bereits vor Jahren begonnen hat, geht immer weiter - und die Ermittlergruppe steht unter Druck, zumal es offensichtlich an allen Ecken und Enden mögliche Verdächtige gibt. Hat tatsächlich Creed seine Finger im tödlichen Spiel? Oder steckt die Camorra hinter den minutiös geplanten Verbrechen?

Ein Thriller über einen Mörder unter Mördern, einen Killer vor dem Hintergrund der Camorra zu schreiben, erfordert mit Sicherheit viel Recherchearbeit. Michael Morley war Journalist, bevor er begann, Romane zu schreiben, insofern könnte man ihm ein solches Unterfangen zutrauen. Doch leider weit gefehlt, denn "Viper" mangelt es an so ziemlich allem, was einen guten Thriller auszeichnen sollte. Es gibt in diesem Buch keine Charaktere, weil Morley sich mit den üblichen Verdächtigen Marke Abziehbildchen begnügt. Eine (unvollständige) Liste: smarter, familiär gefestigter Gutmenschenprofiler aus den USA; hübsche, aufstrebende Ermittlerin, die die Hilfe des Erstgenannten braucht; an einer verunstaltenden Krankheit erkrankter junger Mann, der sexuell frustriert und deshalb potenziell verdächtig ist; schleimiger Möchtegern-Ermittler aus Italien, der im Hotel Pornos guckt und deshalb auch verdächtig ist; unzählige böse, wirklich gemeine Camorra-Schweinehunde, die vor keiner Brutalität zurückschrecken und sowieso außer Morden nur ans Geld und an schöne Frauen denken; altes Camorra-Familienoberhaupt geklaut aus "Der Pate", für genauere Beschreibung "Don Vito Corleone" googeln. Diese Aufzählung ließe sich beliebig erweitern, aber es wird wohl auch so klar, was das Problem ist: Diese Leute kennt man schon, und man weiß, dass dies Klischeefiguren sind, die in der Realität so nicht existieren (können).

Die Handlung wird von diesen wandelnden Vorurteilen getragen - mehr schlecht als recht, versteht sich. Da hilft es auch nicht, dass die Kapitel nur zwei bis vier Seiten lang sind, das unterbricht den ohnehin zähen Fluss des Romans nur noch mehr. Dazu kommen Perlen von Sätzen wie "Die Regeln auf den Straßen von Neapel waren denkbar einfach: schlagen oder geschlagen werden." - ist es nicht so? Ganz einfache Antwort: So einfach ist es einfach nicht. Neapel ist eine schlimme, dreckige Stadt, aber ein solches Porträt hat die Mittelmeermetropole dann auch wieder nicht verdient. Aber wozu den Leser aufklären? Einfacher ist doch besser, oder? Mal ernsthaft: Was gäbe man um einen Funken Komplexität, ein bisschen echte Verworrenheit, die zum Mitknobeln anregt! Nichts da, unauffindbar, stattdessen nur übertriebene Brutalität und grausig zelebrierte Beschreibungen von Leichen und Leichenteilen, von Todesarten und Gewaltfantasien, alles zum Zwecke blinder Effekthascherei ohne Sinn und Verstand. Dann noch ein bisschen peinliche - aber natürlich einfache! - Klatschpressenpsychologie von Herrn Jack King, Profiler-Obermotz aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, und das warÂ’s auch schon. Erzählerische Finesse? Nirgends zu sehen. Clevere Wendungen? Im Nirwana verschwunden.
Man will dieses Buch nicht zu Ende lesen, und diesem Wunsch sollte man nachgeben. Tut man es nicht und liest wirklich bis zur letzten Seite, erlebt man ohnehin nur ein wenig Thriller-Simsalabim, eine erwartungsgemäß überraschungslos überraschende Auflösung. Und mag er auch in einem edlen Hardcover stecken, dieser Thriller-Quark ist sauer - und damit höchst ungenießbar.

Fazit: Unnötig brutaler, einfallsloser Schund, schlecht geschrieben und nicht halb so gut recherchiert wie die Buchrückseite behauptet.

Marc Zeller



Hardcover | Erschienen: 01. September 2008 | ISBN: 9783453265745 | Originaltitel: Viper | Preis: 19,95 Euro | 558 Seiten | Sprache: Deutsch

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