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 No & ich

Autoren: Delphine de Vigan
Übersetzer: Doris Heinemann
Verlag: Droemer

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Lou Bertignac ist dreizehn Jahre alt und klein für ihr Alter, und sie hat einen IQ von 160 - was dem Mädchen manchmal wie ein Segen, oft aber auch wie ein Fluch vorkommt. Lou hat in der Schule zwei Klassen übersprungen und kommt eigentlich ganz gut zurecht, außer wenn es um Themen wie Jungs und Partys geht. Sie ist eher still, angepasst, geht zuhause zahlreichen Alltags-Experimenten nach, und in ihrem Kopf überschlagen sich die Gedanken meistens geradezu und lassen sie nie zur Ruhe kommen.
Zuhause ist die Stimmung schlecht. Seit Lous kleine Schwester an plötzlichem Kindstod gestorben ist, ist ihre Mutter depressiv, völlig in sich gekehrt und schweigsam; der Vater versucht mühsam, den Anschein eines Familienlebens aufrecht zu erhalten.
Als Lou in der Schule ein Referat über obdachlose Frauen in Paris halten soll, macht sie die Bekanntschaft von No, einer 18-Jährigen, die auf der Straße lebt. No ist so ganz anders als alle Menschen, die Lou kennt. In ihr reift der Wunsch, No zu helfen, denn die Jugendliche verfällt zusehends und hat dem harten Leben ohne ein Zuhause nichts entgegen zu setzen. Tatsächlich gelingt Lous großartiger Rettungsplan erst mal und No zieht bei Lous Familie ein.
Doch bald häufen sich die Anzeichen, dass No sich nicht so einfach in eine neue Familie und in ein geregeltes Leben einfügen kann - und Lou muss sich ernüchtert eingestehen, dass es weder einfach ist, einen Menschen zu retten, noch die Welt zu verändern...

"No & ich" ist ein wunderschön geschriebener, nachdenklicher Jugendroman aus der Feder von Delphine de Vigan. Die kluge kleine Lou, die alles und jedes hinterfragt, die ihrem eigenen Hochleistungs-Gehirn kaum gewachsen ist, wächst dem Leser sofort ans Herz. Wir erleben mit, wie sie ein Stück weit erwachsen wird, wie sie sich das erste Mal verliebt und zum ersten Mal Konflikte mit den Eltern auftreten; so wie Lous Gefühle und Gedanken Achterbahn fahren, tun es bald auch die des Lesers. Allgegenwärtig ist dabei die Frage, wie man die Welt ein Stückchen verändern kann und wie man den Mut dazu aufbringt. Denn Lou handelt, statt nur zu träumen. Sie bringt No mit nach Hause, schafft es, die Eltern zu diesem Experiment zu überreden und reißt sogar ihre Mutter aus ihrer depressiven Lethargie.

Damit zeigt der Roman ganz wunderbar, dass jeder imstande ist, etwas zu ändern - man muss sich nur trauen. Zwar ist am Ende doch nicht alles so einfach oder so schön, wie Lou es sich ausgemalt hatte - der Roman hat glücklicherweise kein kitschiges Happy End -, aber sie hat es wenigstens versucht, wo andere einfach wegsehen. Das Buch beschäftigt sich auch mit der schwierigen Situation von Obdachlosen, vor allem von Frauen, aber dieses Thema steht nicht unbedingt im Mittelpunkt. Vielmehr geht es um Lou, ihre Gedankenwelt, an der uns die Autorin eindrucksvoll teilhaben lässt, um ihre traurige Familie, die seit dem Tod der kleinen Schwester nicht mehr dieselbe ist, und eben um die Dinge, die unser Leben verändern können, wenn wir nur wollen - auch wenn es trotz allem nicht so läuft, wie wir es uns ausgemalt haben.

Ein tolles Buch für Jugendliche, berührend, aber nie kitschig, sprachlich behutsam und originell geschrieben und mit Charakteren, die direkt aus dem Leben gegriffen sind. Dabei ist "No & ich" kein depressives Problembuch über Wohnungslose, sondern einfach eine warmherzige, wenn auch teilweise traurige Erzählung über ein kleines Mädchen, das über sich hinauswächst.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 1. Februar 2009 | ISBN: 9783426198315 | Originaltitel: No et Moi | Preis: 16,95 Euro | 256 Seiten | Sprache: Deutsch

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