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 Chrono Trigger

Verlag: Koch Media

Cover
Gesamt +++++
Action
Anspruch
Aufmachung
Bedienung
Bildqualität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Kaum ein anderes Genre kann auf mehr Spiele zurückblicken, welchen der Weg vom Fernen Osten in die Vereinigten Staaten - von Europa ganz zu schweigen - verwehrt worden ist, wie das Rollenspiel auf Videokonsolen. Während das Land der aufgehenden Sonne eine wahre Schatzkammer an solch hochkarätigen Rollenspielen darstellt, dass der Begriff Nibelungenhort neu definiert werden muss, leben westliche Spieler in RPG-Notstandsgebieten und können nur voll des Neides nach Fernost blicken. Gottlob hat sich die Situation in den letzten Jahren gebessert, viele Klassiker älterer Konsolen schaffen den Weg als Portierungen etwa für Nintendo DS auch nach Europa - unter ihnen mit "Chrono Trigger" ein wahres Meisterwerk aus dem Jahre 1995.

Das Königreich der Menschen feiert sein tausendjähriges Bestehen, als die Katastrophe ihren Lauf nimmt: Der junge Recke Crono trifft auf dem farbenfrohen Jahrmarkt seines Heimatorts eine junge Frau namens Marle, die sich als die Königstochter - eine reichsweit bekannte Ausreißerin - entpuppt. Doch aus dem Date wird schnell ein Kampf um das Schicksal der Welt: Als Lucca, Cronos Freundin seit Kindertagen und eine begabte Erfinderin, mit einem Teleporter ihren neuesten Geniestreich präsentieren will, verschwindet Marle spurlos durch ein seltsames Portal. Crono folgt ihr und findet sich 400 Jahre in der Vergangenheit wieder, inmitten einer legendären Schlacht zwischen den Menschen und den Dämonen (engl. fiends). Was die Situation nicht einfacher macht: Marle gleicht ihrer Vorfahrin, der Königin dieser Zeit, bis aufs Haar, weshalb sie sogleich von finsteren Kreaturen entführt wird. Gemeinsam mit Lucca und einem Ritter in Froschgestalt gelingt es Crono zwar, Marle zu befreien, doch die Probleme fangen erst richtig an: Zurück in der Gegenwart wird Crono wegen angeblicher Prinzessinnenentführung vors königliche Gericht gezerrt. Nur die Flucht durch ein weiteres Zeitportal rettet Crono vor der Unannehmlichkeit seiner Hinrichtung. Prompt landet er 1300 Jahre in einer Zukunft, welche ein postapokalyptisches Grauen für den Helden bereithält: Die Welt, die Crono kennt, ist verödet und kaum noch bevölkert, denn eine übermächtige Kreatur namens Lavos hat die Welt verwüstet. Das Schicksal der Welt liegt in Cronos Händen ?

Wenn alle Videospielmagazine einander mit Lobeshymnen zu überbieten versuchen, noch nie so willig die volle Punktezahl vergeben wurde und IGN den SNES-Meilenstein von 1995 überhaupt auf Platz Zwei der 100 besten Spiele aller Zeiten wählt, dann steht eines fest: "Chrono Trigger" ist kein gewöhnliches Spiel. Nur wenige Games haben das Prädikat Kult so sehr verdient wie dieses RPG-Juwel aus dem Hause Square.

Square, natürlich! Das erklärt doch alles! Die Macher von "Final Fantasy" haben schon mehrmals unter Beweis gestellt, weshalb sie einen so wohlklingenden Ruf in der Welt der Videospiele besitzen. "Chrono Trigger" fügt sich jedoch nicht einfach nur nahtlos in die Riege begnadet komponierter Rollenspiele ein, vielmehr hat sich Square spätestens damit unwiderruflich einen Fixplatz im Pantheon der Pixelmeister und Polygonbeschwörer gesichert. "Chrono Trigger" hat Esprit, "Chrono Trigger" hat (Meister-)Klasse, "Chrono Trigger" hat ? doch alles einmal der Reihe nach!

Schon das Intro im schicken Anime-Stil, für den niemand geringerer als Dragonball-Mastermind Akira Toriyama verantwortlich zeichnet, fesselt den Spieler an den DS, bevor er überhaupt gegen das erste Monster gekämpft hat. In demselben Stil erzählen über das gesamte Spiel verstreute Videosequenzen - diese stammen aus der PlayStation-Version von 1999 - eine Odyssee durch Raum und Zeit epischen Ausmaßes. Über Portale, welche über sämtliche Kontinente verstreut sind, kann der Spieler zwischen den sieben Epochen - von einer von Dinosauriern und Höhlenmenschen bevölkerten prähistorischen Welt bis zu einer postapokalyptischen Sci-Fi-Zukunft - hin- und herwechseln. Im weiteren Verlauf des Spiels gelangen Crono und seine Gefährten nicht nur ans Ende der Zeit, von wo jede andere Ära bereist werden kann, sondern auch noch in den Besitz einer Zeitmaschine, mit welcher bis dato unerreichbare Gebiete in Raum und Zeit aufgesucht werden können.

Mittels wahlweise Touchpen oder Tasten steuert der Spieler die aus allen Epochen zusammengewürfelte Heldentruppe über eine Weltkarte, die je nach Zeit ein anderes Aussehen hat: Wo früher etwa eine Verbindung zwischen zwei Kontinenten existierte, hat sich in späteren Tagen das Meer ausgebreitet. Dementsprechend muss schon öfters quer durch die Zeit gereist werden, um bestimmte Gebiete zu erforschen, gewisse Vorbereitungen für die Zukunft zu treffen oder auch nicht selten die gesamte Vergangenheit wieder ins Lot zu bringen. Über besagte Weltkarte können kreativ konzipierte Städte, Wälder und Dungeons betreten werden, in denen Scharen von Monstern darauf warten, den Stahl der Schwerter zu schmecken. Anders als etwa bei "Final Fantasy" bewegen sich die meisten Gegner frei durchs Gelände, wodurch es dem Spieler obliegt, einem Kampf aus dem Weg zu gehen oder etwaiger angestauter Wut freien Lauf zu lassen. Das Kampfsystem ist ausgefallen: Jeder Charakter - auch die Gegner - kann erst agieren, wenn sich eine Leiste komplett gefüllt hat; erst dann kann der jeweilige Charakter angreifen, ein Item benutzen oder dem Feind mit kräftigen Zaubersprüchen einheizen; wenn der Balken von zwei oder gar drei Helden zeitgleich gefüllt ist, können sogar mächtige Kombos ausgelöst werden.

Die Welt, um deren Rettung man spielt, präsentiert sich in einer liebevollen und für den DS zeitgemäß herausgeputzten 2D-Grafik, welche auch 13 Jahre nach Ersterscheinung von "Chrono Trigger" für Super Nintendo nichts von ihrem Reiz eingebüßt hat. Aus der Masse aufdringlicher wie seelenloser Grafikbombardements strahlt "Chrono Trigger" dank einer Grafik mit Herz und Liebe zum Detail hervor - von Kreativität im Level- und Kampfsystemdesign sowie der Charakterausarbeitung ganz zu schweigen. Untermalt werden die epischen Reisen durch Raum und Zeit von einem nicht minder epischen Soundtrack, der das Abenteuer zu einem wunderbaren Labsal für die Ohren macht. Nur eine Handvoll Games hat es in mehreren Jahrzehnten Videospielgeschichte geschafft, den Spieler akustisch wirklich und wahrhaftig zu verwöhnen. "Chrono Trigger" ist eines davon ?

Etwas merkwürdig mutet es an, dass Square Enix beziehungsweise Koch Media die deutsche Erstveröffentlichung des Spiels nicht für eine Lokalisierung genutzt haben: Abgesehen von Spielanleitung und Verpackung präsentiert sich "Chrono Trigger" in englischer Sprache. Doch Abstriche birgt diese seltsame Übersetzungspolitik nicht, dafür ist das Spiel selbst einfach zu gut und die Dialoge zu gelungen. Und wer sich bisher über mangelnde Englischkenntnisse geärgert hat: Mehr noch als für irgendein Cambridge Certificate oder bessere Berufsaussichten lohnt es für "Chrono Trigger", seine Kenntnisse aufzufrischen.

Was mit 13 Jahren Verspätung und für Nintendos Handheld überarbeitet endlich den Weg auf den europäischen Markt gefunden hat, darf getrost und ohne den Schatten eines Zweifels als eine wahre RPG-Perle hochgelobt werden. Das Spiel strahlt auch heute noch einen unglaublichen Reiz aus, der nicht zuletzt durch die geradezu makellose Symbiose aus liebevoller Grafik, einem begnadenswert komponierten Score, einer durchdachten Story und einer prall gefüllten Keksdose voller Motivation zustande kommt. Zweifelsohne einer der besten Titel für Nintendo DS und eines der gelungensten Rollenspiele überhaupt!

Michael Höfel



| Erschienen: 1. Februar 2009 | FSK: 6 | NDS | Preis: 39,95 Euro

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