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 Ana Ex

Wie die Magersucht siegt und wie sie scheitert


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Eine halbe Stunde lang, in zwei Abschnitte geteilt, werden wir hier Zeuge eines recht merkwürdigen Gesprächs. Ana Ex, die personifizierte Anorexie (Magersucht), unterhält sich mit einer systemischen Therapeutin und plaudert dabei aus dem Nähkästchen, warum sie so gefährlich ist. Dabei wird Ana Ex von einer lebensgroßen Puppe dargestellt.
Ana Ex erzählt im ersten Teil, wie sie die Familie in den Griff bekommt: wie sie mit Versprechungen lockt, wie sie einschüchtert, wie sie Zwietracht sät und die ganze Familie durcheinander bringt.
Im zweiten Teil "überredet" die Therapeutin Ana Ex dazu, zu berichten, wie man sie wieder loswerden kann. Zum Beispiel regt sie - also die Puppe, die Ana Ex personifiziert - sich darüber auf, wenn man einen Schritt zurücktritt und die vielen Verstrickungen, die heimlichen Bündnisse, die Delegation von Aufgaben innerhalb der Familie in den Blick nimmt. Denn die Magersucht sucht sich genau hier ihre Wege, um ihr Opfer umso fester in den Griff zu bekommen. Klar aber ist, dass sie eigentlich die ganze Familie beherrscht. Eine andere Sache, die Ana Ex nicht mag, ist, wenn man aus ihr eine Person macht. Sie sitzt wie ein Parasit in ihrem Opfer und flüstert diesem ein, man könne sie nicht trennen, nicht unterscheiden. Sobald man hier gegensteuert und die Magersucht als eigene Person darstellt, kann sich die Familie Alternativen suchen.

Und genau diese Strategie wählt dann auch das Video. Die Magersucht wird als eine Puppe dargestellt, also personifiziert. So kann der Film als Therapiemittel eingesetzt werden und von den Angehörigen auch zu Hause angeschaut werden.
Dabei ist das Video ziemlich hart. Zwar sieht die Puppe unscheinbar aus, fast lächerlich wirkungslos, aber die Sprecherin, die ihr die Stimme leiht, spielt dies so intensiv, bringt diese Lust an der Kontrolle und der Zerstörung so gut zum Ausdruck, dass der Dialog zwischen ihr und der Therapeutin "harter Stoff" ist. Auch die Therapeutin bringt sich sehr gut ein. Sie arbeitet konfrontativ. Hier wird deutlich, wie manipulativ Magersucht sein kann und wie sehr diese versucht, auch die Therapeutin in ihr Netz einzubeziehen. Durch die Konfrontation gelingt der Therapeutin allerdings, eine klare Gegenhaltung zu bewahren. Wo die Puppe Personifizierung ist, ist die Therapeutin Vorbild.
Dieses Video ist schlichtweg faszinierend. Die seltsame Kulisse, eine drollige Puppe mit Spaghetti-Haaren und ohne Mund, und eine gut angezogene Frau, die auf der schwarzen Bühne zunächst fehlplaziert erscheint, liefern sich einen emotionsgeladenen Zweikampf. Erst auf den zweiten Blick fällt einem auf, wie durchdacht dieser Dialog ist. Zunächst ist er spannend, schmerzhaft spannend. Er vermittelt einem das Grauen und die Hilflosigkeit einer Familie, die "an Magersucht leidet", aber auch die Hoffnungen, die es gibt. Ganz hervorragend also!

Frederik Weitz



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. März 2009 | Laufzeit: 30 Minuten | Preis: 21,99 Euro | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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