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 Jeder braucht einen Engel


Cover
Gesamt +++--
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Wie war es, als im Zweiten Weltkrieg deutsche Bomben in britische Orte einschlugen? Welche Folgen konnte das für die Menschen dort haben? Diese Fragen sind Thema des Kinder- und Jugendfilms "Jeder braucht einen Engel".

Toms Laune ist schon seit einiger Zeit recht trüb: Seine Eltern haben sich getrennt, seine Mutter Barbara, bei der er lebt, hat einen neuen Partner, mit dem Tom aber nicht warm wird. An seiner Schule in Yorkshire wird er gehänselt und auch auf das Fußballspielen hat er keine große Lust. In dieser Situation führt ihn ein ihm unbekannter Hund zu einer alten Bauernhof-Ruine und auf wunderliche Weise gerät er durch eine Wand in die Vergangenheit. Dort herrscht Angst vor den Bombenangriffen der Deutschen vor und Tom als Fremder mit seltsamer Kleidung und Asthma-Inhalator wird zunächst angefeindet.
In dieser Situation kommt ihm unerwartet das Mädchen May zu Hilfe. Sie nimmt ihn mit zum Hof von Sam Wheeler, bei dem sie lebt. Der gutmütige Mann nimmt den Jungen bei sich auf und zwischen den beiden Außenseitern - May schläft lieber in der Hundehütte als im Haus, muss zu Verhaltenstests und ist auch ansonsten seltsam, Tom ist schlichtweg ein Fremder in dieser Zeit - entsteht eine für beide heilsame Freundschaft.
Dann kommt aber der Augenblick, an dem sich der Junge entscheiden muss: Kehrt er in seine alte Welt zurück, die ihm vertraut ist, mit der er aber nur wenig schöne Erinnerungen verknüpft, oder bleibt er in der gefährlichen Vergangenheit und riskiert, nie wieder durch die Mauer im Kamin gehen zu können?

"Jeder braucht einen Engel" ist eine schwache und rührselige Übersetzung des Originaltitels "An angel for May", aber ansonsten ist der Film nette Unterhaltung für Jugendliche und hat auch einen gewissen Lehr-Charakter. Natürlich ist die Zeitreise-Geschichte furchtbar konstruiert und jeder Quantenphysiker würde hier Schwachstellen aufdecken können, allerdings ist es nicht die Geschichte einer Zeitreise, sondern die einer seltsamen Freundschaft. Die wird so unkitschig wie möglich erzählt, wobei der Stoff nicht ganz ohne Rührseligkeit auskommt. Toms Gegenwartswelt wird sehr unsympathisch dargestellt und dieser Eindruck wird besonders von seiner Mutter geprägt: Angela Bell spielt Barbara als übermäßig besorgte Frau, die ihrem Sohn aber erst sehr spät zuhört. Diese Gegenwart bietet dem Jungen eigentlich nichts, das es wert wäre, zurückzukehren. Aber Jungs lieben nun mal ihre Mütter und diesem Konflikt muss sich Tom alias Matthew Beard stellen. Der junge Schauspieler passt ganz gut in diese Rolle, die allerdings auch keine darstellerischen Höchstleistungen von ihm verlangt. Ihm zur Seite steht eine unauffällige Charlotte Wakefield, die es zwar schafft, May als seltsames Mädchen überzeugend und ohne Übertreibung zu spielen, ansonsten aber keine Meisterleistung vollbringt. Über die übrigen Nebendarsteller lässt sich kurz und knapp sagen, dass sie angemessen gewählt wurden und durchschnittliche Leistung erbringen, um den beiden Jungdarstellern nicht die Show zu stehlen.
Dass der Film auch schulisches Lehrmaterial über den Zweiten Weltkrieg sein soll, zeigt sich am Bonusmaterial: Hier gibt es eine PDF-Datei mit Infos zum Krieg und seinen Ursachen, daneben Stundenpläne, Ferien- und Jahreskalender mit Motiven zum Film, die man sich ausdrucken kann. Der Film selber bietet einen guten Einblick in die Angst der Briten vor deutschen Spionen und in die sozialen und psychischen Folgen des Kriegsgeschehens, auch einen Flugzeugangriff und einen kleinen Einblick in ein Krankenhaus zu Kriegszeiten bekommt der Zuschauer geboten, das alles hat Regisseur Harley Cokeliss aber in harmlose, kindgerechte Bilder verpackt.
An weiterem Zusatzmaterial bietet der Film neben Trailern noch Biografien zu verschiedenen Schauspielern, wobei ausgerechnet die beiden jungen Hauptdarsteller nicht erwähnt werden. Selbst wenn Wakefield im Erscheinungsjahr 2002 noch am Anfang ihrer filmischen Laufbahn stand, hätte man doch zumindest Daten über Alter, Herkunft und Sonstiges erwartet. Und Beard, Jahrgang 1989, hatte vor diesem Film sogar als Zweijähriger schon TV-Auftritte. Ein Problem ist das Bild: Beard hat schon Segelohren und die kommen dadurch, dass das Bild eine Spur zu sehr in die Breite gezogen ist, noch mehr zum Tragen. Vielleicht lässt sich das Bildformat mit teurem DVD-Equipment so umstellen, dass es richtig ist, aber auf normalen Geräten muss man mit dieser Verzerrung leben. Auch auf dem Rechner ist das Bild verzerrt. Weiterhin kann man die Sprache nicht über das Hauptmenü umstellen, denn dann beginnt der Film automatisch von vorne. Das ist befremdlich, auch wenn die Sprachauswahl bei laufendem Film durchaus funktioniert.

"Jeder braucht einen Engel" hat so seine Macken, ist aber insgesamt ein schöner Film über Freundschaft, den Krieg und einen Jungen, der in Gegenwart und Vergangenheit gleichermaßen Außenseiter ist. Ein ungewöhnlicher Jugendfilm für Schüler, der auf einem Bildformat von 3,5:3 wohl gut aussähe, nur welcher durchschnittliche deutsche Fernseher kann das schon leisten?

Stefan Knopp



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 1. März 2009 | FSK: 6 | Laufzeit: 96 Minuten | Originaltitel: An angel for May | Preis: 17,95 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Englisch

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