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 ZEIT WISSEN Edition, Band 6: Schaltstelle Gehirn

Denken, Erkennen, Handeln


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Gesamt ++++-
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Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Für viele Menschen ist das Gehirn das bei weitem faszinierendste aller Organe. Gerhard Roth, einer der bekanntesten Neurowissenschaftler Deutschlands, schreibt im Nachwort zu diesem Werk, dass unser Handeln von der Multidimensionalität des Hirns bestimmt wird, wobei er die funktionalen Grunddimensionen als unbewusst-bewusst, emotional-rational und individuell/egozentrisch-sozial/altruistisch beschreibt. Unser Handeln ist also immer zum Teil bewusst und unbewusst, beruht zum Teil auf rationalen Überlegungen und emotionalen Gründen und ist auch immer ein Kompromiss aus individuell-egozentrischen und sozial-altruistischen Motiven.

Das Hirn leistet vieles, einiges davon wird im sechsten Band der Reihe "ZEIT WISSEN Edition" von Wissenschaftlern besprochen. Die britische Psychologin Susan Blackmore beschreibt ihre Theorie der Meme, in der es um die kulturelle Evolution des Menschen geht, die durch die Meme bestimmt wird, die wiederum durch eine Form sozialen Lernens, die Imitation, weitergegeben werden.
Der bekannte Bielefelder Gedächtnisforscher Hans J. Markowitsch und die Biologin Sina Kühnel zeigen, dass falsche Erinnerungen keine Fehlfunktion des Gehirns sind. Darüber, was beim Musikhören passiert und wie Musik im Kopf entsteht, schreibt der Neurologe Eckart Altenmüller, Professor für Musikphysiologie und Musikermedizin in Hannover.
Der amerikanische Psychologe Paul Ekman, vor allem bekannt durch seine Theorie der Basisemotionen und seine Forschung zu Gesichtsausdrücken ebenjener, fragt, ob wir unsere Emotionen beeinflussen können.
David M. Buss, Professor für Individuelle Unterschiede und Evolutionäre Psychologie an der University of Texas, enthüllt, dass in jedem Menschen das Potenzial schlummert einen Mord zu begehen und stellt seine evolutionäre Theorie des Mordes vor.
Der Psychiater und Philosoph Manfred Spitzer schreibt über Selbsttäuschung und Selbstbehinderung und wie sie unsere Selbstbestimmung untergraben. Der Marburger Mediziner Wolfgang Seidel schreibt über das Beeinflussen anderer. Philip G. Zimbardo ist vielen durch sein "Gefängnis-Experiment" (das von Oliver Hirschbiegel unter dem Titel "Das Experiment" adaptiert und verfilmt wurde) bekannt. In seinem Beitrag schreibt der Psychologe über Möglichkeiten, sich gegen situative Einflüsse zur Wehr zu setzen, denn sein Experiment aus dem Jahr 1971 hat gezeigt, dass unser Verhalten in nicht zu unterschätzendem Maße vom situativen Kontext abhängig ist. Zimbardo hat übrigens mit Stanley Milgram zusammen die Highschool besucht, und das Milgram-Experiment, das 1961 durchgeführt wurde, hat es ja zu ähnlich trauriger Berühmtheit gebracht wie Zimbardos Gefängnis-Experiment.

Was im Menschen steckt, positive Fähigkeiten ebenso wie zerstörerische, wird in den Wissenschaften nicht nur auf der Verhaltens-, sondern auch auf neuronaler Ebene untersucht. Von diesen Fähigkeiten und Fertigkeiten kann der Leser im sechsten Band der Reihe ZEIT WISSEN Edition in "Schaltstelle Gehirn - Denken, Erkennen, Handeln" einiges erfahren. Einzelne Komponenten oder Bereiche des psychischen Erlebens werden angesprochen: Musik beispielsweise, falsche Erinnerungen oder Emotionen, Synästhesien oder Depressionen. Damit ist das Buch recht speziell und willkürlich in seiner Auswahl. Nicht in allen Beiträgen werden neurowissenschaftliche Erkenntnisse einbezogen. Manche Beiträge sind eher psychologisch orientiert, sodass der Titel "Schaltstelle Gehirn" vielleicht mehr Neurowissenschaften erwarten lässt, als wirklich im Buch stecken. So ist beispielsweise das Gedächtnis eine Fähigkeit beziehungsweise Funktion des Gehirns, seine Thematisierung kann jedoch auf jeden Bezug zum Gehirn verzichten. Der Untertitel des Bandes "Denken, Erkennen, Handeln" weist jedoch auf die psychologische und verhaltenstheoretische Orientierung hin, die den Schwerpunkt des Buches bildet und eine Herangehensweise an das menschliche Gehirn darstellt: Von außen, das heißt vom Verhalten herkommend, werden Konzepte entwickelt, die schließlich mittels neurowissenschaftlicher Methoden untersucht werden können.

Ansonsten sind auch wie in den Vorgängerbänden namhafte Wissenschaftler vertreten mit Auszügen aus ihren Büchern, die alle für Laien geschrieben wurden und die allesamt im selben Verlag erschienen sind. Das mag einigen nicht gefallen, anderen hingegen sehr, denn so bekommt man einen Eindruck bestimmter Bereiche und Autoren, den man dann auf Wunsch mit dem entsprechenden Buch vertiefen kann. Ebenso wechseln sich wieder Beiträge der Wissenschaftler mit Artikeln von Journalisten ab.

Eine gelungene Einführung in das Denken, Handeln und Erkennen des Menschen, wie der Untertitel verspricht, mit hin und wieder eher kurzen Exkursen in neurowissenschaftliche Erkenntnisse.

Katja Maria Weinl



Hardcover | Erschienen: 01. November 2008 | ISBN: 9783827420022 | Preis: 24,95 Euro | 284 Seiten | Sprache: Deutsch

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