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 From Hell

Autoren: Alan Moore
Illustratoren: Eddie Campbell
Übersetzer: Gerlinde Althoff
Verlag: Cross Cult

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Spannung


London, 1888: In Whitechapel treibt ein brutaler Mörder sein Unwesen, seine Opfer sind vier Prostituierte. Sein Pseudonym ist Jack the Ripper; sein wahrer Name ist bis heute unbekannt. Viele Bücher sind zu diesem Thema geschrieben worden und ein Film mit Johnny Depp in der Hauptrolle war sehr erfolgreich. Der gleichnamige Comic von Alan Moore hat mit dem Film wenig zu tun. Zum Beispiel hat der im Film von Depp verkörperte Inspektor Abberline im Comic einen völlig anderen Charakter, nimmt keine Drogen und hat auch keine Visionen, was dem Comic viel Atmosphäre nimmt. Wo der Film die Suche nach dem unbekannten Mörder in den Mittelpunkt stellt, ist dessen Identität im Comic von vornherein klar, was stark die Spannung mindert. Auch die Erzählweise und die Thematiken mindern die Spannung. Moore hat auf 600 Seiten eher eine Milieu-Studie als einen Krimi geschaffen, er widmet viele Seiten den historischen und religiösen Wurzeln Londons und der Freimaurerei.

Selten trifft der Begriff Graphic Novel so gut zu wie bei „From Hell“, der Begriff Comic reicht dafür einfach nicht mehr aus. Um eine Vorstellung zu bekommen: Selbst bei straffem Lesen braucht man ungefähr 3-4 Stunden und dann hat man noch nicht mal die ausführlichen Ausführungen von Moore im Anhang gelesen. Alan Moore ist eine Legende in seinem Bereich. Von ihm stammen unter anderem „V for Vendetta“, „Watchmen – Die Wächter“ und „The League of Extraordinary Gentlemen“.

Der große Vorteil der Gesamtausgabe von Cross Cult, im Gegensatz zu den früheren drei Bänden, liegt auf der Hand: Man hat den gesamten Inhalt in einem schönen Hardcover-Band. Andererseits ist der Band wirklich sehr umfangreich geraten, sodass er schwer in der Hand liegt. Die Schrift ist manchmal etwas zittrig.

Der Band fängt eher langsam an und entwickelt, wie schon erwähnt, wenig Spannung im eigentlichen Sinne. Anstelle von Johnny Depp gibt es düstere, philosophische Hintergründe, die auch einen Bezug bis in die Neuzeit herstellen. Aber gerade diese Bezüge wirken eher wie Fremdkörper, auch wenn sie für mehr Tiefgang sorgen. Erst nach Lektüre der Anmerkungen versteht man sie besser. Wer sich für die spirituelle Geschichte von London, die viktorianische Epoche und die Freimaurerei interessiert, wird aber kaum gelangweilt sein.

Sehr gut stellt Moore das trostlose Leben der Frauen beziehungsweise der Menschen in Gegenden wie Whitechapel dar. Da gibt es ebenso nackte Tatsachen zu sehen wie die blutigen Taten vom Mörder im Detail. Gerade beim letzten Mord ist das wirklich sehr drastisch in Szene gesetzt. Auch sind die Protagonisten realistisch und werden von Moore mit Leben gefüllt. Auch die Arroganz und der Rassismus der Engländer gegenüber Fremden werden offen gezeigt.

Als Bonus gibt es lange und ausführliche Erklärungen vom Autor, da merkt man wie viele Gedanken sich Moore zum Thema gemacht hat. Bei der Dicke des Bandes ist man dann auch sehr dankbar für das Lesebändchen.

Die Zeichnungen von Campell unterstreichen den besonderen Charakter von "From Hell", der Seitenaufbau ist aber eher klassisch. Aber der Text musste ja auch untergebracht werden.

Wer das Geld erübrigen kann, sich für Jack the Ripper „begeistert“ und genial gemachte Graphic Novels mag, sollte sich die Gesamtausgabe „From Hell“ zulegen. Die Lektüre ist zwar weniger spannend oder mysteriös im Vergleich zum Film, hat dafür aber andere Qualitäten.

Bernd Wachsmann



Hardcover | Erschienen: 1. Dezember 2008 | ISBN: 9783936480535 | Originaltitel: From Hell | Preis: 49,80 Euro | 600 Seiten | Sprache: Deutsch

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