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 Technik und Taktik der Befragung im Gerichtsverfahren

Urteile begründen, Urteile prüfen. Lüge und Irrtum aufdecken


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Vor Gericht, insbesondere bei Strafprozessen, sind Zeugen das mit Abstand wichtigste Beweismittel. Gleichzeitig gilt der Zeugenbeweis als potenziell am unzuverlässigsten, da er in besonderem Maß anfällig für Fehler und bewusste Manipulation des Gerichtes ist. Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte stehen häufig vor der Schwierigkeit erkennen zu müssen, ob und in welchem Umfang das vom Zeugen Geschilderte „wahr“ ist. Neben der bewussten Lüge können nämlich auch Irrtümer des Zeugen zu einer unbewusst unwahren Schilderung führen. Trotz der besonderen praktischen Bedeutung des Zeugenbeweises nehmen Vernehmungslehre und aussagepsychologische Grundlagen so gut wie keinen Raum in der juristischen Ausbildung ein. Der „Praktiker“ – also der Jurist nach der Ausbildung – wird häufig ohne Kenntnisse und Erfahrungen in diesem Bereich ins kalte Wasser geworfen. Das Buch „Technik und Taktik der Befragung im Gerichtsverfahren“ soll dem Leser helfen, sich die Grundkenntnisse in der Vernehmungslehre und der Aussage-Inhaltsanalyse selbst anzueignen.

Das Buch ist von den Autoren in vier Abschnitte gegliedert worden, die zwei Themengebieten, „Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik“ und „Aussageinhaltsanalyse“, zuzuordnen sind.

Im ersten Abschnitt, der etwa die Hälfte des Buches einnimmt, wird die Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik erläutert, also die Frage, wie man fragen und mit Zeugen tunlichst umgehen sollte, damit man möglichst vollständige und später analysierbare Antworten erhält. Es werden eingehend die Faktoren einer Befragung beleuchtet, durch die der Vernehmende, also der Fragende, bewusst oder unbewusst Inhalt und Gehalt der Aussage des Zeugen (mit)bestimm beziehungsweise taktisch mitbestimmen kann. Die Autoren stellen dabei anhand anschaulicher Beispiele typische, in der Praxis auch geübten Vernehmungsperson unterkommende Fehle beziehungsweise Versäumnisse vor und erörtern, welche Auswirkungen diese haben könnten. Es ist erkennbar, dass die Autoren in erster Linie durch die Ausführungen bei dem Leser ein Problembewusstsein schaffen wollen. Dabei werden auch die erforderlichen fachlichen Grundkenntnisse kurz und prägnant vermittelt. Das Buch ist daher gut und schnell lesbar. Die Autoren verlieren sich nicht in Detailfragen, sondern liefern das Grundgerüst, von dem man sich weiter mit Einzelfragen beschäftigen kann. Die einzelnen Problemfelder werden jeweils mit einem sehr prägnanten und daher auch – gegebenenfalls unterbewusst – merkbaren Fazit geschlossen, das den Leser vor typischen Fehlern warnt. Das Buch soll keine 1-zu-1-Anleitung für die „richtige Vernehmung“ bieten; ein solches Vorhaben müsste wegen der Bedeutung der Persönlichkeit des Vernehmenden bei den Vernehmungen auch scheitern.

Erfreulich ist die Betonung der taktischen Gesichtspunkte. Zwar ist das Buch in erster Linie aus der Sicht des unabhängigen Richters geschrieben, dem es darum geht, eine möglichst objektive und vollständige Aussage zu erhalten, also alle „Versäumnisse“ zu vermeiden, die dem entgegenstehen würden. Rechtsanwälte als parteiische Vertreter können davon abweichende Ziele verfolgen. Nach dem Motto „Wer fragt, erhält Antworten, wer richtig fragt, die richtigen“ kann es taktisch angezeigt sein, durch die Art der Vernehmung des Zeugen zu den gewünschten Aussagen „zu lenken“ oder die Überzeugungskraft der Aussagen zu schmälern, zum Beispiel indem man den Zeugen selbst an der Richtigkeit seiner Wahrnehmung zweifeln lässt.

In der zweiten Hälfte des Buches wird in drei Kapiteln der Frage nachgegangen, wie man sich auf Grund von Aussagen eine Überzeugung bilden kann. Konkret wird erläutert, mit Hilfe welcher Kriterien man der Frage nachgehen kann, ob ein Zeuge bewusst gelogen hat und wie man überprüfen kann, ob eine subjektiv wahre Aussage auch inhaltlich „wahr“, also frei von Fehlern durch Irrtümer des Zeugen, ist. Dabei ist ein Kapitel den Besonderheiten bei Zeugen mit ausländischem Hintergrund gewidmet.
In diesem Teil werden die Anforderungen der Revisionsgerichte an die Begründung der vom Richter gebildeten Überzeugung dargestellt. Die Kriterien, an Hand derer die Analyse des Wahrheitsgehalts erfolgen kann, werden eingehend, auch mit konkreten einprägsamen Beispielen, vorgestellt. Dabei werden auch die Risiken von Fehlwertungen nicht verschwiegen.

Das Buch bietet eine gute Grundlage an Wissen und Verständnis für jeden, der öfter mit Zeugen zu tun hat. Den Leser wird ein Leitfaden geboten, mittels dessen er seinen Umgang mit Zeugen an die von ihm verfolgten Ziele anpassen kann und mittels dessen er deren Aussagen auf den Wahrheitsgehalt analysieren kann. Auf einer CD-Rom werden die maßgeblichen Gerichtsurteile mitgeliefert.

Carl Sander



Taschenbuch, | CD-Anzahl: 1 | Erschienen: 8. April 2009 | ISBN: 9783170204461 | Preis: 36 Euro | 156 Seiten | Sprache: Deutsch

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