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 Mängelexemplar

Autoren: Sarah Kuttner
Verlag: Fischer

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Das Leben ist manchmal ein Arschloch. So denkt sich das zumindest Karo, die von ihrem Leben momentan reichlich enttäuscht ist. Eigentlich wollte sie nur ein bisschen aufräumen in ihrem Dasein, seit sie zur Psychotherapie geht. Ihren Job, den sie verloren hat, brauchte sie sowieso nicht zwingend; als Kellnerin in Schichten arbeiten, kann auch okay sein. Wo sie schon mal dabei ist, kann sie gleich ein paar unbrauchbare Freundschaften aussortieren. Und überhaupt, die Beziehung mit Philipp läuft auch nicht so, wie sie sich das vorstellt. Immer finden die beiden was zum Quengeln, zum Genervtsein, zum Streiten. Also macht Karo einfach kurzerhand Schluss und freut sich auf einen Neuanfang mit allem Drum und Dran. Neuer Job, neue Freunde, neue Beziehung, kurzum: neue Perspektiven.
Doch die anfängliche Euphorie wandelt sich rasend schnell. Plötzlich merkt Karo, dass sie Philipp ja eigentlich doch will, dass ihr bisheriges Leben gar nicht so schlecht war und dass es ihr richtig mies geht. Sie fühlt sich niedergeschlagen, hat starke Stimmungsschwankungen und bekommt nachts Panikattacken. Ihre Mutter, die in Karos Kindheit nicht wirklich liebevoll und zärtlich zu ihrer Tochter war, kümmert sich plötzlich aufopferungsvoll um sie und schleppt sie zu einer Psychiaterin. Karo hat offenbar Depressionen, gegen die sie Medikamente einnehmen muss – ganz wie ihre Mutter. Wenigstens etwas hat sie von ihrer Mutter geerbt …

Sarah Kuttner, schreibt die jetzt auch Bücher? Nach diversen Moderationen im deutschen Fernsehen, vor allem bei den Musiksendern VIVA und MTV, und Tätigkeiten als Kolumnistin und Synchronsprecherin erschien ihr erster Roman „Mängelexemplar“ nun im März 2009 beim S. Fischer Verlag. Bereits einen Monat später wurde die siebte Auflage gedruckt; ein voller Erfolg also für die Moderatorin.
Der Trend, dass Persönlichkeiten aus Fernseh- und Musikbranche Bücher schreiben, die sich durch den allseits bekannten Namen entsprechend besser verkaufen lassen, hat sich nicht erst mit Charlotte Roches heiß diskutiertem „Feuchtgebiete“ entwickelt. Kann also Sarah Kuttner diesem Klischee der TV-Prominenz entgehen, die ein Buch nur schreibt, um eine weitere Geldquelle auszuloten, obgleich kein Talent da ist?
Ja, sie kann. „Mängelexemplar“ besticht vor allem durch den typisch eigenwilligen Humor Kuttners, der immer wieder ein Grinsen ins Gesicht des Lesers zaubert. Karo als Ich-Erzählerin mag nervtötend, unsympathisch und weinerlich sein, aber das alles ist sie mit so viel Selbstironie, dass man sie doch irgendwann ins Herz schließen muss und hofft, dass sich ihr Leben ins Positive wandelt. Allerdings ist es manchmal auch zu viel des Guten; die ernsten Themen der Angstzustände und Panikattacken werden hin und wieder doch etwas zu lax und unbekümmert angegangen, und so wirken einige Witze deplatziert. Zudem wird jedem Witz nachgelaufen, der sich ergibt, was in Wortneuschöpfungen wie „gagen“ – einen Scherz machen – endet. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Ab der Hälfte der 265 Seiten verliert die Handlung etwas an Drive, auch wenn es für Karo jetzt bergauf geht. Etwas harmlos, etwas belanglos, etwas ereignislos plätschert das Geschehen weiter vor sich hin; Karo lernt neue Männer kennen und lieben, feiert mit der Familie Weihnachten, geht mit dem besten Freund auf Tour oder kämpft mit einer guten Freundin gegen deren Depression. Das liest sich alles angenehm und unterhaltsam, kann das Niveau und die Tiefe des Anfangs jedoch nicht halten.

Mit „Mängelexemplar“ legt Sarah Kuttner einen sehr angenehm und unterhaltsam zu lesenden Debütroman vor, der vor allem mit Humor punkten kann. Manches Mal sind die Witze jedoch zu bemüht, und in der zweiten Hälfte verliert die Handlung deutlich an Drive. Man darf dennoch gespannt sein, was Frau Kuttner in einem – hoffentlich – zweiten Roman zu Papier bringt, denn eine ordentliche Portion Potenzial ist zweifellos vorhanden.

Tina Klinkner



Taschenbuch | Erschienen: 11. März 2009 | ISBN: 9783100422057 | Preis: 14,95 Euro | 265 Seiten | Sprache: Deutsch

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