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 Elefanten auf LSD

und andere verrückte Experimente

Autoren: Alex Boese
Übersetzer: Kristof Hahn
Verlag: Rowohlt Tb

Cover
Gesamt ++++-
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Verrückte Wissenschaftler ziehen sich in Literatur und Film durch alle Genres: von Goethes Faust über Mary Shelleys Frankenstein bis zu den Labormäusen Pinky und Brain der gleichnamigen Fernsehserie oder der Zurück-in-die-Zukunft-Trilogie, um auch mal einen guten verrückten Wissenschaftler zu nennen. Dass verrückte Wissenschaftler nicht nur eine Erfindung der Literatur und Filmindustrie sind, zeigt Alex Boese in seinem Buch „Elefanten auf LSD“.

In zehn Kapiteln werden hier Experimente von Wissenschaftlern vorgestellt, von denen sich einige das Etikett „verrückt“ wirklich verdient haben. Manche der Experimente sind liebenswert verrückt, andere hingegen eher abschreckend. Gleich das erste Kapitel, das den bezeichnenden Titel „Frankensteins Labor“ trägt, wartet mit Umsetzungen von für die meisten Menschen wirklich abstoßenden Ideen auf. Eher zartbesaitete Leser, die nichts von zweiköpfigen Hunden oder freiliegenden Affengehirnen lesen wollen, sollten dieses Kapitel einfach überspringen. Die weiteren Kapitel sind deutlich harmloser oder halten zumindest nicht mehr dieses Ausmaß an Ungeheuerlichkeiten bereit. Sie befassen sich mit den Sinnen, dem Gedächtnis, dem Paarungsverhalten und dem Schlaf. Es werden Experimente mit Tieren und mit Babys vorgestellt und solche, die im weitesten Sinne mit Toiletten zu tun haben, das Schlimmste im Menschen zum Vorschein bringen wollen oder sich mit dem Tod und dem Sterben befassen.

Wie der Autor im Vorwort schreibt, hat er nur Experimente in sein Buch aufgenommen, die in die zehn Kategorien passen, die die Kapitel seines Buches bilden. Zudem mussten die Experimente bestimmte Kriterien erfüllen: Lachen und Kopfschütteln waren ebenso Reaktionen, die zur Aufnahme in das Buch führten, wie Abscheu und Entsetzten. Das erste Kapitel ist dabei ganz dem gewidmet, was die meisten Menschen als abscheulich empfinden. Doch auch das Entsetzen kommt im Verlauf des Buches nicht zu kurz, beispielsweise wenn man von Dr. Ewen Cameron liest, der seine Patienten - mit oder ohne Einwilligung - einer unglaublichen „Therapie“ unterzog, die mittels Elektroschocks und massiver Dosen LSD zunächst Erinnerungen löschen sollte, um dann im nächsten Schritt mittels Isolation, medikamentösen Dauerschlafs und verborgener Lautsprecher dem Patienten immer wieder dieselbe Botschaft einzutrichtern, wie zum Beispiel "Die Leute mögen dich und brauchen dich". „Nutzbringende Gehirnwäsche“ nannte er dieses Verfahren, dessen Erforschung zeitweise von der CIA finanziell gefördert wurde und mit dem Cameron den Nobelpreis für die Heilung von Schizophrenie einheimsen wollte. Andere Experimente sind deutlich harmloser. So untersuchte eine Studie der Massey University, wie Schafe auf direkten menschlichen Blickkontakt reagieren („Does Direct Human Eye Contact Function as a Warning Cue for Domestic Sheep“ von 2006).

Zu jedem Experiment, das der Autor vorstellt, gibt er die dazugehörige Publikation an. Am Ende des Buches stellt er in manchen Fällen auch noch weitere Literaturhinweise vor. Das ist aber auch schon das einzige an dem Buch, was ihm eine wissenschaftliche Aura verleiht. Denn das Ziel, das der Autor anvisiert und auch erreicht hat, war, ein Sachbuch über verrückte Experimente zu schreiben, das auch für nicht einschlägig vorgebildete Leser unterhaltsam und verständlich ist. Beides trifft auf das Buch zu, wobei mancher Leser von der hin und wieder gezwungen wirkenden humorvollen Art des Autors ein wenig genervt sein könnte. Allerdings tritt die nie soweit in den Vordergrund, dass man sie nicht ignorieren könnte. Wie nicht anders zu erwarten, führen einige der aufgeführten Experimente zu eher heftigen Reaktionen (wie das obige Gehirnwäschebeispiel) während man bei anderen eher gleichgültig die Schultern zuckt. Leser, die sich in der Verhaltensforschung beziehungsweise Psychologie gut auskennen, werden einige der Experimente kennen, nichtsdestotrotz wird es genug geben, die unbekannt sein werden und den Kauf des Buches rechtfertigen.

Ein unterhaltsames Buch über die Absurditäten von Erkenntnisstreben und Forscherdrang.

Katja Maria Weinl



Taschenbuch | Erschienen: 1. April 2009 | ISBN: 9783499624391 | Originaltitel: Elephants on Acid | Preis: 9,95 Euro | 384 Seiten | Sprache: Deutsch

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