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 The Broken


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Ton
Jeder weiß, wie der Volksmund zu zerbrochenen Spiegeln steht: Sieben Jahre Unglück suchen denjenigen heim, der den Scherbenhaufen zu verantworten hat. Denn in jedem Spiegel, so heißt es, wohne ein Doppelgänger, der sich für seine Verletzung rächen werde. Dass eine solch interessante und viel versprechende Thematik keine Garantie für fesselnde Unterhaltung mit Gänsehaut-Prädikat ist, das ist die Erkenntnis, mit der Sean Ellis’ Independent-Thriller „The Broken“ den Zuschauer nach 88 Minuten zurücklässt.

Im trauten Kreis feiert die junge Radiologin Gina McVey (Lena Headey) mit der Familie den Geburtstag ihres verwitweten Vaters (Richard Jenkins). Als plötzlich der Spiegel im Wohnzimmer wie von allein zerberstet, ist man zwar kurz geschockt, doch schnell ist der Schrecken verflogen und Witze und Anekdoten werden wieder ausgetauscht. Gina kann aber nicht ahnen, dass an dem Spruch mit Unglück bringenden Scherben mehr dran ist, als man wahrhaben will: Als sie am darauf folgenden Tag von der Arbeit nach Hause geht, erblickt sie in einem vorbeifahrenden Auto – sich selbst! Verstört folgt sie der fremden Frau und entdeckt in deren Wohnung ein Bild von sich und ihrem Vater. Völlig aufgelöst stürmt Gina aus der Wohnung der Fremden und wird in einen Verkehrsunfall verwickelt, den sie nur knapp überlebt. Doch mit ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus beginnt für die Radiologin eine Odyssee des Grauens: Ihr Freund Stephan (Melvil Poupaud) verhält sich ausgesprochen merkwürdig, ihr Spiegelbild scheint sich zu verändern und die Erinnerungen an ihr Leben vor dem Unfall lösen sich in schwer fassbare Fragmente auf. Ungewöhnliche Geschehnisse in ihrem Umfeld lassen Gina bald an ihrem Verstand zweifeln. Was die Vorfälle miteinander verbindet: Wo auch immer Unheimliches geschieht, zerspringen dort vorher Spiegel …

Das Motiv des Doppelgängers ist ein uraltes Faszinosum, das selbst im aufgeklärten 21. Jahrhundert eine ungebrochene Ausstrahlung auf die Menschen ausübt und dessen man sich in der Literatur wie auch im Film immer wieder gerne bedient. Gekoppelt mit dem Motiv des Spiegels, ergibt sich daraus eine ausgesprochen spannende Thematik, die Regisseur Sean Ellis („Cashback“) aber in seinem Suspense-Thriller, der lose auf der Erzählung „William Wilson“ von Edgar Allen Poe basiert, nur unzureichend umzusetzen weiß.

Die größte Schwäche des Films ist sein Anliegen, spannend wie auch intelligent zu sein, denn an beidem scheitert er. Ein straff gezogener Spannungsbogen wird in erster Linie über die visuelle Schiene angepeilt: Ruhige Kamerafahrten begleiten Lena Headey durch ein trostloses London der Gegenwart, das düstere, blau-gräuliche Bild baut eine triste Atmosphäre auf, so kalt und steril wie die von blassen Neonröhren durchzogenen Gänge des Krankenhauses, durch welche der Zuschauer immer wieder geführt wird. Untermalt wird Ginas Odyssee voller Furcht von einem ruhigen, unterschwellig agierenden Score, der hier und da mit harten, durchdringenden Soundeffekten kontrastiert. Doch spätestens ab der Mitte des Films wird der Bogen vollkommen überspannt und driftet ins Langatmige ab; der elegant-kühle Bilderreigen verkommt zu einem visuellen Antiseptikum, das versucht eine inhaltliche Leere zu kaschieren und krampfhaft die Auflösung hinauszuzögern – was bei einer Gesamtlaufzeit von 88 Minuten etwas heißen will. So langweilt man sich in der zweiten Halbzeit dem Ende entgegen, immer wieder voll der Hoffnung, dass raffinierte twists die streckenweise vorhersehbare Handlung doch noch herumreißen, nur um mit einer Auflösung abgespeist zu werden, die kaum zu überraschen weiß. Wobei an dieser Stelle fairerweise hinzugefügt werden muss: So vorhersehbar – da naheliegend – das Ende ab der Mitte des Films auch sein mag, es ist immer noch die konsequenteste und logischste Auflösung. Anstatt sich eines Beifall heischenden plot twists zu bedienen, der sich vorn und hinten mit der Handlung stößt, führt Ellis die Geschichte in sich stimmig – wenn auch nicht ohne Logikpatzer – zum einzig nachvollziehbaren Ende hin.

Mit den Schwächen des Films korrespondieren die konturlosen Charaktere: Lena Headey hat sich von einer belächelten Heldenmutter („Terminator: The Sarah Connor Chronicles“) zu einer passablen Aktrice gewandelt und beweist am ehesten noch schauspielerische Qualitäten – fernab jeglicher Oscar-Nominierung, aber durchaus ansprechend –, während die übrige Besetzung durch ihre zurückhaltenden darstellerischen Leistungen mit der kühlen und sterilen Filmkulisse verschmilzt. Schade, denn anstatt schauspielerische Reserven zu aktivieren, um Schwächen des Drehbuchs zu überspielen, werden sie von eben diesem zu austauschbaren Statisten degradiert; nicht mehr als unscharfe Silhouetten im kalten Schein der Neonleuchten. Das macht sich etwa in der Figur des Psychologen Dr. Zachman bemerkbar, der Gina nach ihrem Unfall betreut: Sie führen in seiner Praxis ein Gespräch bar jeglicher Aussage, er legt ihr weitere Untersuchungen „nur für den Fall“ ans Herz, sie lehnt ab und mit dem nächsten Szenenwechsel verschwindet Dr. Zachman in der Versenkung; weshalb er überhaupt eingeführt worden ist, bleibt dem Zuschauer ein Rätsel.

Die DVD aus dem Hause Koch Media hat nur bedingt mehr zu bieten: Das Bild bringt die düstere kühle Optik ansehnlich zur Geltung und der klare Ton unterstützt vor allem Musik und Soundeffekte sehr gut, aber das Bonusmaterial leidet an akuter Schwindsucht; mehr als der deutsche sowie der Originaltrailer sind nicht drinnen. Ein weiterer Pluspunkt: Wer sich als erklärter Feind des neuen FSK-Diktats sieht, der nutzt einfach das Wendecover.

Mit „The Broken“ liefert Sean Ellis einen schalen Mystery-Film ab, der gerne spannend und intelligent gewesen wäre, dem Doppelgängermotiv aber nur bedingt Neues abzugewinnen vermag. Weder macht ein dem Film vorangestelltes Zitat Edgar Allen Poes aus einem mittelmäßigen Suspense-Thriller zwangsläufig ein sorgsam gesponnenes Meisterstück seines Genres, noch entschuldigt die Tatsache, dass es sich bei „The Broken“ um einen Independentfilm handelt, das Fehlen von Logik, zumal der Spannungsaufbau über seine eigenen stilistischen Plattfüße stolpert. Hier empfiehlt sich der Griff zu weitaus fesselnderen Genre-Kollegen wie „Das Waisenhaus“, die von vornherein auf einen tieferen Sinn sowie künstlerisch-ästhetische Ambitionen verzichten, im Gegenzug dafür aber funktionieren.

Michael Höfel



DVD | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4020628977450 | Erschienen: 26. Juni 2009 | FSK: 16 | Laufzeit: 88 Minuten | Originaltitel: The Broken | Preis: 13,95 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 5.1 und DTS 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)

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