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 Slumdog Millionär

Autoren: Vikas Swarup
Regisseure: Danny Boyle
Schauspieler: Madhur Mittal, Dev Patel, Freida Pinto
Verlag: Prokino

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Acht Oscars, vier Golden Globes, zahlreiche weitere Nominierungen und Auszeichnungen: Glaubt man den Kritikern, ist „Slumdog Millionär“ einer der besten Filme der letzten Jahre, denn schon lange gelang es keiner Filmproduktion mehr, dermaßen viele wichtige Preise einzuheimsen. Aber hat der Film diese Lorbeeren denn tatsächlich verdient oder hatte er das Glück, bei den Verleihungen einfach keine würdige Konkurrenz gehabt zu haben?

Jamal Malik sitzt in der beliebten indischen Fernsehausgabe von „Who wants to be a millionaire“ und ist kurz davor, den sagenhaften Gewinn von zwanzig Millionen Rupien einzuheimsen. Dabei ist der junge Mann weder gebildet noch in der Welt herumgekommen. Eigentlich stammt er aus den Slums vor Mumbai, hat nichts gelernt und sein halbes Leben mit Gaunereien zugebracht, um über die Runden zu kommen.
Dass ein solcher junger Kerl unmöglich bis zur letzten Quizfrage kommen kann, denkt sich auch die Polizei, die Jamal vorläufig festnimmt und ein Geständnis aus ihm herausbekommen will, dass es sich bei seinem Erfolg in der Show um Betrug handelt. Doch was Jamal den Beamten auf dem Polizeirevier dann erzählt, ist so glaubwürdig wie unglaublich: Aufgewachsen in den Slums von Mumbai, als sogenannter „Slumdog“, sind Jamal und sein älterer Bruder Salim früh auf sich allein gestellt. Zusammen mit dem Mädchen Latika bringen sie sich über die Runden, so gut es geht. Doch die Dreisamkeit währt nicht lange: Schicksalsschläge und Begegnungen mit skrupellosen Menschen, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, reißen die drei auseinander. Jamal wird von Latika getrennt, und Salim rutscht immer weiter in die Kriminalität ab …

Tatsächlich nimmt „Slumdog Millionär“ den Zuschauer bereits in den ersten fünf Minuten für sich ein. Die Szenen wechseln sich ab zwischen dem Verhör auf der Polizeiwache, dem Auftritt bei der „Who wants to be a millionaire“-Show und den Erinnerungen an Jamals Kindheit, bauen aufeinander auf oder erklären einander. Besonders überzeugend sind die Rückblenden geraten, die erklären, warum Jamal die Fragen der Show beantworten kann und die zugleich viel von dem preisgeben, was den jungen Mann geprägt hat. Seine Erlebnisse sind spannend und aufregend, aber auch schockierend und stimmen nachdenklich – so sieht der Alltag auf Indiens Straßen aus, so leben die Armen. Das rüttelt auf und berührt den Zuschauer, der mit Jamal, seinem Bruder und Latika mitfiebert.
In der zweiten Hälfte droht der Film ins Kitschige abzurutschen, vor allem gegen Ende. Diese Szenen kann man entweder wohlwollend als märchenhafte Elemente auffassen oder aber im Gegenteil als etwas oberflächlichen Versuch, ein augenzwinkernd perfektes Happyend zu schaffen. Das straft jedoch vor allem die erste Filmhälfte, die den Zuschauer packt und durchrüttelt, Lügen und enttäuscht ein wenig angesichts der zusammen mit Jamal durchgestandenen Gefahren.
In schauspielerischer Hinsicht lässt sich nichts bemängeln. Sowohl die indischen Kinderdarsteller - vor allem die beiden Jungen, die Jamal und Salim in ihrer Kindheit darstellen und beim Dreh so gut wie kein Englisch verstanden, weil sie wirklich aus den Verhältnissen stammen, die gezeigt werden - als auch die älteren Akteure leisten ordentliche Arbeit. Dass Boyle überwiegend mit Laiendarstellern aus Indien arbeitete - Dev Patel, der den erwachsenen Jamal spielt, ist übrigens Brite -, verstärkt die Authentizität eher noch, als dass sie sie in Gefahr bringt.

Bemerkenswert ist der Abspann, der mit einer kleinen, liebevollen Hommage an Bollywood-Filme aufwartet, wie man sie hauptsächlich in Europa kennt, die gut zum Ende des Films passt. An Extras hat die DVD von Prokino Interviews mit den Hauptdarstellern Dev Patel und Freida Pinto sowie Regisseur Boyle, einen Beitrag zu einer Schlüsselszene im Film, Trailer sowie eine Trailershow mit weiteren Filmen aus dem Vertriebsangebot anzubieten. Das ist okay, gibt es doch eine limitierte Sonderedition, die ein regelrechtes Bonusmaterialfeuerwerk abbrennt.

„Slumdog Millionär“ ist ein bewegender und mitreißender Film, der keinen Zuschauer unberührt lässt. Indien wird so gezeigt, wie es ist, ohne Beschönigungen oder Dramatisierungen. Ein modernes Märchen, das Bollywood- Kitsch größtenteils umgeht, am Ende aber die erste Filmhälfte wiedergutmachen will.

Tina Klinkner



DVD | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4260170490124 | Erschienen: 26. Oktober 2009 | FSK: 12 | Laufzeit: 115 Minuten | Originaltitel: Slumdog Millionaire | Preis: 13,95 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch

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