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 Unter Linken

Von einem, der aus Versehen konservativ wurde


Cover
Gesamt +----
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Ein Buch mit dem Titel "Unter Linken - Von einem, der aus Versehen konservativ wurde" kann eigentlich nur zwei Möglichkeiten bieten: Entweder muss es sich um eine genial-ironische Betrachtung über Linke handeln oder um eine platte politisch motivierte Agitation gegen Linke. Einen Mittelweg kann man sich kaum vorstellen.

In 13 Kapiteln berichtet der Autor "aus dem Imperium der Linken", wie er es nennt. Dabei bedient er sich seiner Beobachtungen, die vielen fremd seien, die sich nicht wie er in linken Milieus aufhielten. Dabei will er keine Rechnung begleichen, belehren oder gar agitieren, wie er in seinem Vorwort betont.

Dem Vorwort folgen Kapitel mit Überschriften wie "Wider die Herrschaft der Vernunft - Die Linke und das Bildungssystem". In jedem Abschnitt erzählt der Autor beispielhaft Szenen aus seiner linken Familie, seinem linken Freundeskreis, seinem linken Kollegenkreis, um darauf aufbauend das seiner Meinung nach linke Menschen beherrschende Weltbild darzustellen. Zwischendurch kommt er immer wieder auf die Tagespolitik zurück, um eine Verbindung zwischen den als abwegig suggerierten Gedanken dieser Menschen und der Politik von Grünen, SPD und Linkspartei herzustellen. Ein Höhepunkt dieser Agitationstechnik bietet seine erste Erfahrung mit dem Feminismus: Als er 15 Jahre alt war, hat seine Mutter ihm doch tatsächlich, in einer feministischen Anwandlung, seine dreckigen Klamotten in die Hand gedrückt mit den Worten, ab heute solle er selbst seine Wäsche waschen. Nur deshalb (!) habe er einen zwanghaften Waschtick entwickelt, der ihn noch heute zwingt, seine Frau beim Wäsche waschen zu kontrollieren. Bei keiner anderen Tätigkeit hat er irgendwelche zwanghaften Angewohnheiten. Folglich hat der Feminismus ihm das angetan. Seine Frau meint immer, dass wäre doch nur ein Witz, wenn er ihr das erzähle, aber er meine das ernst.

Abgeschlossen wird das Buch durch ein Literaturregister, sowie einem Personen- und einem Sachregister.

Fleischhauer hält sich selbst für eine Autorität in Sachen linkes Weltbild, da er ja sein ganzes Leben unter Linken verbracht hat. Leider hat der Autor vergessen, dass zu einer Autorität mehr gehört als der bloße Kontakt zum Untersuchungsobjekt. Man benötigt eine eigene Beobachtungsgabe. Der Autor reiht aber keine interessanten Beobachtungen aneinander, sondern nur Stereotype, die man tagtäglich von Konservativen und Liberalen hören und lesen kann. Nicht eine originelle oder zumindest neue Beobachtung fügt er dem Bild von den deutschen Linken hinzu: Gutmenschentum, Opferneid, Utopismus, Humorlosigkeit - Vorwürfe so alt wie die Linke selbst.

Wen meint er überhaupt mit "den Linken"? Im Vorwort schreibt er seine Erfahrungen im linken Bildungsbürgertum, seinem Lebensumfeld, gesammelt zu haben. Im Buch selbst geht es aber stets um "die Linken", wobei die Weltbilder einer Strömung stets auf die gesamte Linke verallgemeinert werden. Allein die Pauschalisierung auf "die Linken" zeigt wie wenig der Autor sich wirklich mit den Gedankenwelten linker Menschen auseinandergesetzt hat.

Peinlich wird es, wenn er sich daran versucht die klassischen linken Theoretiker als Referenzen für seine Stammtischthesen zu missbrauchen. Sein Halbwissen schlägt auf diesen Seiten derart tief zu, dass man es selbst mit Wohlgefallen nicht überlesen kann. So will er im dritten Kapitel beispielsweise eine typisch konservativ-liberale Klischeevorstellung von Linken mittels der Ideengeschichte bestätigt finden. Mit Rousseau und den Utopisten will er beweisen, dass "die Linken" an einen Menschen glauben, der grundsätzlich gut ist. Der Mensch ist doch aber schlecht. Hier kommt ein Konservativer an seine Grenzen. Ihm ist die Dynamik linker Weltbilder unverständlich geblieben, deren Grundlage die Wandelbarkeit von Gesellschaften und Menschen ist. Diesen Gedanken abzulehnen ist nicht weiter überraschend für einen Konservativen, ihn aber nicht zu begreifen und zu glauben, alle Linken würden naiv an das immer Gute im Menschen glauben und nur deshalb absurde Gleichheitsfantasien entwickeln, ist nur eines von vielen Beispielen dafür, dass der Autor sich mit seinem Thema entweder nicht auskennt oder nur eine plumpe, absichtlich auf Stammtischniveau gehaltene Kampfschrift gegen Linke vorlegen wollte.

Empfehlen kann man dieses Werk nur Menschen, die sowieso schon eine stark ablehnende Haltung gegenüber allen politischen Strömungen links der Mitte haben. Sie werden vielleicht ihre Freude daran haben, ihre Klischeevorstellungen bestätigt zu finden. Wer aber politische Bücher sucht, die nicht einfach nur altbekannte Klischees aneinanderreihen, sollte einen weiten Bogen machen!

Andreas Schmidt



Taschenbuch | Erschienen: 2. August 2010 | ISBN: 978-3499624780 | Preis: 8,95 Euro | 384 Seiten | Sprache: Deutsch

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