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 Marburger Schriften zur Medienforschung, Band 15: Audiovisuelle Metaphern

Zur Körper- und Affektästhetik in Film und Fernsehen


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Audiovisuelle Medien sprechen ihr Publikum nicht nur auf kognitiver Ebene an, ihre Gestaltungsstrategien adressieren gezielt auch die Emotionen und Körpererfahrung der Zuschauer. In ihrer Habilitationsschrift geht die Medienwissenschaftlerin Kathrin Fahlenbrach diesen Strategien auf den Grund, indem sie untersucht, auf welche Arten Bedeutungen in audiovisuellen Metaphern verdichtet werden können, die Zuschauer zum Teil nicht nur bewusst entschlüsseln, sondern auf der Grundlage körperbasierter Erfahrungsschemata auch vorbewusst verstehen und so besonders intensiv erleben können.
Nach einem einleitenden Problemaufriss und einer Verortung dieses Ansatzes in der Forschungslandschaft entwickelt Fahlenbrach in drei Schritten ein Analysemodell, das ein Fundament für die weiterführende Theoretisierung und die konkrete Analyse von Metaphern in Film und Fernsehen bilden soll. Im ersten Teil werden im Anschluss an sozial- und kognitionspsychologische sowie neurologische Studien wahrnehmungstheoretische Grundlagen der Metaphernanalyse zusammengefasst. Im zweiten, dem mit knapp 140 Seiten ausführlichsten Teil, wird vorgestellt, wie speziell die Medien Film und Fernsehen über Leit- und Submetaphern unser Wahrnehmen, Denken und Fühlen strukturieren. Im Fokus der anhand einiger Beispiele des westlichen Spielfilms (u.a. "Blade Runner", "Alien", "The Shining" und "Star Wars – Episode II") entwickelten Typologie stehen dabei insbesondere Metaphern, die sich auf die Körper der gezeigten Akteure und die Räume, in denen diese sich bewegen, beziehen. Der dritte Teil liefert am Beispiel eines Nachrichtenberichts und eines Werbespots noch einen vergleichsweise kurzen Ausblick auf die dem Fernsehen eigenen Möglichkeiten, audiovisuelle Metaphern als Wirkungsstrategien zu nutzen.

Die Arbeit von Kathrin Fahlenbrach trifft mitten in das seit einigen Jahren zentrale medienwissenschaftliche Interesse an dem Verhältnis von audiovisuellen Medien und Zuschauerkörper: Wie genau wirken Filme jenseits kognitiver Informationsverarbeitung auf den Zuschauer? Und beruht diese Wirkung allein auf kulturell vermittelten Codes, oder gibt es auch biologische Voraussetzungen für bestimmte Gefühlsreaktionen? Die Autorin vermittelt mit ihrem Modell produktiv zwischen semiotischen und kognitionswissenschaftlichen Ansätzen und zeigt so die enge Verbindung kulturell-symbolischer und körperlich-affektiver Dimensionen der Medienwahrnehmung auf.
Die vorgeschlagene Typologie könnte etwas übersichtlicher gestaltet und näher an konkreten Filmbeispielen entwickelt sein. Die kurzen Analysepassagen bereits viel besprochener Filmszenen sind überzeugend, fügen bereits bekannten Interpretationen jedoch wenig hinzu. Es wäre interessant anhand einer breiteren Materialbasis die Ergiebigkeit der Metapherntypologie zu testen und beispielsweise das Vorkommen einzelner Metaphern in bestimmten Genres oder in bestimmten nationalen Kinotraditionen zu untersuchen. Insgesamt liefert das Buch also einen interessanten Ansatz, der Potenzial zur Fortsetzung bietet.
Für Leser, die sich einen Überblick über in Film und Fernsehen gängige Metaphern erhoffen, ist dieser sehr theoriebetonte Zugang zur Metaphorik audiovisueller Medien nur bedingt geeignet. Für Medienwissenschaftler, die zu verwandten Themen forschen, ist ein Blick in Fahlenbrachs Studie jedoch unerlässlich, und Studierende und Filminteressierte können hier einen guten Einblick in die aktuelle medienwissenschaftliche Forschung gewinnen.

Silke Hettich



Softcover | Erschienen: 1. Februar 2010 | ISBN: 978-3894726942 | Preis: 34 Euro | 304 Seiten | Sprache: deutsch

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