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 Courbet

Ein Traum von der Moderne


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Der französische Maler Gustave Courbet (1819-1877) wird von vielen als wegweisender Vertreter des Realismus und Vorreiter einer Malerei des gesellschaftlichen Engagements angesehen. Mit lebensnahen und ungeschönten Darstellungen einfacher Alltagsszenen durchbrach er die Konvention einer idealisierten Kunst, wie sie im renommierten "Pariser Salon" hochgehalten wurde. Dieser Aspekt steht auch immer wieder im Mittelpunkt von großen Retrospektiven wie z.B. der, die 2007 und 2008 in Paris, New York und Montpellier dem Werk Courbets gewidmet war.

Herauszustellen, dass der 'Realist' Courbet jedoch keineswegs nur an einer simplen Abbildung äußerer Wirklichkeiten interessiert war – das war das Ziel einer völlig anders konzipierten Ausstellung, die von Oktober 2010 bis Januar 2011 in der Schirn Kunsthalle Frankfurt zu sehen war: "Courbet – Ein Traum von der Moderne". Kurator war der renommierte Kunsthistoriker und Courbet-Spezialist Klaus Herding, der Courbets Form des Realismus mit seinen idealistischen Impulsen als Verbindungslinie von der Romantik zur Moderne sieht. Mit seiner Werkauswahl eröffnet Herding eine neue Perspektive auf einen Courbet, der in seinen Porträts immer wieder Momente der Introspektion und des Träumens in Szene setzte und dessen Landschaftsbilder Zwischentöne offenbaren, die sich nicht im einfachen Abbildrealismus erschöpfen. Der von Klaus Herding und Max Hollein herausgegebene Ausstellungskatalog ist im Hatje Cantz Verlag erschienen und kann sich sehen lassen.

Auf rund 300 Seiten von hoher Papier- und Druckqualität finden sich 220 Abbildungen von Gemälden, Zeichnungen und Skizzen von Courbet und einigen anderen Künstlern, die zum Vergleich herangezogen werden. Davon sind einhundert der Werke Courbets, die in Frankfurt als Originale zu bewundern waren, im zweiten Teil des Buches ganzseitig abgedruckt und größtenteils mit einem prägnanten Kommentar versehen, der auch Laien einen vertiefenden Blick auf das jeweilige Bild ermöglicht. Vertreten sind unter anderem die sehr bekannten Gemälde "Selbstbildnis als Verzweifelter", "Selbstbildnis mit Pfeife", "Liebespaar auf dem Lande", "Felsenküste bei Étretat" sowie "Jo, die schöne Irin", welches auch das Titelbild ziert.
Wer sich mehr Hintergrundinformationen wünscht, der kann sich über dreizehn Aufsätze namhafter Kunsthistoriker freuen, die verschiedene Aspekte des 'anderen', des 'träumerischen' Courbet beleuchten, den Ausstellungskurator und Mitherausgeber Klaus Herding in seiner Einleitung und in einem Abschlussessay zugleich als "Alte[n] Meister" und "Hauptfigur der Moderne" charakterisiert. Der Neuperspektivierung entsprechend ziehen sich die Begriffe des Traums und der Imagination als Leitmotive durch die Aufsätze, die sich zum Teil explizit seiner Darstellung von Träumenden und Schlafenden widmen, sich aber auch über weniger offensichtliche Zugänge zum Träumerischen in Courbets Werk abarbeiten, z.B. über die romantische Dimension seiner Jagdbilder (Gilbert Titeux) oder über einen Vergleich mit Richard Wagner (James H. Rubin).
Eine tabellenförmige Biografie des Künstlers sowie eine ausführliche Bibliografie zu seinem Leben und Werk runden den Band ab. Zudem erleichtert ein Namensregister im Anhang die gezielte Suche nach Kommentaren zu einzelnen Personen, die in Verbindung mit Courbet standen.

Für jeden Kunstliebhaber ist dieser reichhaltige und sorgfältig gestaltete Bildband ein Gewinn, und insbesondere Courbet-Freunde, die die Frankfurter Ausstellung verpasst haben, können sich darüber freuen, deren neue Perspektive wenigstens blätternd und lesend zu Hause nachvollziehen zu können.

Einen Einblick in den Bildband gibt es auf der Verlagswebsite.

Silke Hettich



Hardcover | Erschienen: 22. Oktober 2010 | ISBN: 978-3775726283 | Preis: 39,80 Euro | 304 Seiten | Sprache: Deutsch

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