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 Die tote Schwester


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Nach langer Auszeit vom Job, verursacht durch seinen grauenhaften letzten Fall, ist Zbigniew Meier endlich wieder glücklich: Zusammen mit seiner Freundin Lena, die inzwischen volljährig ist, steht er auf dem Dach des Rockefeller Centers in New York, genießt den grandiosen Ausblick und Lenas Anwesenheit. Zbigniew ahnt nicht, dass der kurze Glücksmoment der letzte für einen langen Zeitraum sein wird. Als er mit Lena nach Köln zurückfliegt, kommt es zur Katastrophe. Der Kriminalkommissar geht kurz zur Toilette – als er zurückkommt, ist Lena spurlos verschwunden, entführt, wie die Überwachungskameras des Köln-Bonner Flughafens später zeigen werden.
Zbigniew ist nicht nur außer sich vor Sorge, sondern auch voller Schuldgefühle gegenüber Lenas Eltern, die der Reise nach New York mit dem wesentlich älteren Freund ihrer Tochter nur widerstrebend zugestimmt haben. Obwohl er nicht unmittelbar an dem Fall mitarbeiten darf – zu sehr ist er emotional involviert, um klar denken und handeln zu können – setzt Zbigniew alle Hebel in Bewegung, um Lenas Verschwinden aufzuklären.
Dabei scheint ein Mann, den Lena und er zufällig bei ihrer Reise kennen gelernt hatten, eine entscheidende Rolle zu spielen: Der ehemalige NYPD-Polizist Samuel Goldberg hatte Zbigniew in New York spontan angesprochen, da er ihn von der Berichterstattung aus dem Fall "Der geheimnislose Junge" wiedererkannt hatte. Man kam ins Gespräch und Samuel erzählte seine bewegte Lebensgeschichte, unter anderem, dass er zeitlebens seine Schwester suchte, die gegen Ende des Zweiten Weltkrieges spurlos verschwand. Samuel Goldberg bat Zbigniew, zuhause in Deutschland im Fall der verschwundenen oder gar toten Schwester zu ermitteln – Zbigniew jedoch lehnte ab.
Dies alles schießt dem Kommissar nun durch den Kopf. Hat Samuel Goldberg etwas mit Lenas Entführung zu tun? Was hat es mit der toten Schwester auf sich, deren rätselhafte Spuren der alte Polizist seit Jahrzehnten verfolgt hat? Nach und nach kommt Zbigniew einer ungeheuren Geschichte auf die Spur, die weite Kreise von Deutschland im Dritten Reich bis nach New York in der Gegenwart zieht …

"Die tote Schwester" ist Stephan Brüggenthies' zweiter Kriminalroman; das Debüt "Der geheimnislose Junge" war ein großer Erfolg und stellte einen eigenwilligen und hochinteressanten Ermittler in den Vordergrund, der nun, nur kurz nach den Ereignissen um den verschwundenen Jugendlichen Timo Lindner, einen neuen Fall zu lösen hat.
Diesmal ist Zbigniew auf einer höchst persönlichen Ebene involviert und kann kaum einen klaren Gedanken fassen, als Lena verschwindet. Mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit macht er sich auf die Suche nach seiner Freundin, und, als diese Suche keine neuen Hinweise bringt, auf die Spur der verschollenen Schwester von Samuel Goldberg, denn er ahnt einen Zusammenhang zwischen der Entführung und Goldbergs abenteuerlicher Lebensgeschichte.

Es wird eine Reise weit zurück in die Vergangenheit, die den Kölner Kommissar nicht nur quer durch die Kölner Veedel schickt, sondern auch ins ländliche Umland. Ein Vergnügen für alle Leser aus der Region, denn Brüggenthies gibt äußerst spannende Einblicke in kleine Örtchen in der näheren Umgebung, die man sonst höchstens von der Durchfahrt oder von Straßenschildern kennt. "Die tote Schwester" ist weniger grausig und weniger dramatisch geraten als "Der geheimnislose Junge", aber genauso spannend.
Mit akribischer Sorgfalt baut der Autor eine sehr gut recherchierte Handlung auf, die ihre Anfänge zur Zeit des Nationalsozialismus nimmt. Dabei schildert der Autor, dezent verpackt in den Fall, eine Reihe historischer Begebenheiten, die sich in Köln und Umgebung zugetragen haben. Ankerpunkt für Zbigniews Recherchen ist dabei das "EL-DE-Haus", das sich am Kölner Appellhofplatz befindet. Vor allem Leser aus Köln, die dieses NS-Dokumentationszentrum bisher noch nicht oder nur vom Vorbeigehen kannten, werden durch den Roman neugierig gemacht. Sicher sieht man nach der Lektüre Köln mit etwas anderen Augen.

"Die tote Schwester" ist hochspannend, wie es sich für einen Krimi gehört, punktet aber vor allem durch die akribische und immer wieder überraschende, puzzleartige Suche, auf die der originelle Ermittler Zbigniew Meier geschickt wird, wobei er Gegenwart und Vergangenheit gleichermaßen wachsam durchforsten muss. Ein fesselnder, stilistisch erfreulich schnörkelloser Regionalkrimi und ein sehr guter zweiter Roman, den Brüggenthies hier vorgelegt hat!

Mehr Infos zu "Die tote Schwester", inklusive einer Leseprobe und einem Interview mit dem Autor, gibt es auf der Website des Eichborn-Verlags.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 25. Januar 2011 | ISBN: 9783821861319 | Preis: 16,95 Euro | 440 Seiten | Sprache: Deutsch

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