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 Letterfontäne

Über Buchstaben

Autoren: Joep Pohlen
Herausgeber: Geert Setola
Übersetzer: Jeannette Hark
Verlag: Taschen, Köln

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Die Erfindung visueller Zeichen und im Besonderen die der Schrift zählt sicherlich zu den großartigsten und wichtigsten Errungenschaften der Menschheit überhaupt. Erst das geschriebene Wort hielt all das unerschütterlich und auf lange Sicht fest, das vormals nur mündlich, als Erzählung oder Mythos, verbreitet und am Leben gehalten wurde. "Letterfontäne" von Joep Pohlen, erschienen im Taschen Verlag, beschäftigt sich mit der gedruckten Schrift und präsentiert sich schon auf den ersten Blick als wunderschön gestaltetes Liebhaberstück für alle, die sich mit Typografie befassen. Explizit richtet sich "Letterfontäne" nicht nur an Leser, die beruflich mit Schrift zu tun haben, etwa Grafik-Designer, Drucker oder Schriftsetzer, sondern will fachliche Kenntnisse an alle vermitteln, die häufiger mit gedruckter Schrift in Berührung kommen und sich für das Thema interessieren.

Das Buch ist in drei große Bereiche unterteilt: Im ersten Teil, der schlicht und ergreifend mit "Die Schrift" betitelt ist, führt der Autor den Leser zunächst in informativen, kurzen Texten, in Abbildungen, Schaubildern und Zeitleisten durch die Geschichte der Schrift vom Anfang der Zeichen bis in die Gegenwart. Der 220 Seiten lange Teil thematisiert unter anderem typografische Maßsysteme, Schriften und ihre Klassifikation, erläutert die "Anatomie der Buchstaben" und gibt Hinweise, nach welchen Kriterien die passende Schriftart gewählt werden sollte. Dabei wird ausführlich auf Punkte wie Gestaltungsraster, Seitenformate, ästhetische Ausrichtung und beliebte Stolperfallen wie "Schusterjungen und Hurenkinder" eingegangen. Mit Liebe zum Detail und zahllosen Abbildungen und Beispielen schwelgt der Autor in Versalien und Gemeinen, zeigt subtile Unterschiede im Schwung zarter O-Ovale oder fachsimpelt über die Spationierung von Schriftarten, also den Abstand zwischen den einzelnen Buchstaben.

Der zweite Teil, diesmal "Die Schriften" benannt, zeigt auf mehr als 250 Seiten über 150 Schriftarten und ihre Variationen, eingeteilt in Serifenschriften, Serifenlose und Varia. Die Seitenaufteilung und Darstellung ist dabei ungemein praktisch gelöst und gleichzeitig sehr ästhetisch – die Schriftarten werden jede für sich auf einer Schriftschnitt-Seite präsentiert, wobei an den Seitenrand gedruckte Linien Auskunft über die Mittellänge und Versalhöhe der gezeigten Schrift geben. Zusätzlich ist auf jede Schriftschnitt-Seite ein kurzer Textblock gedruckt, der zeigt, wie die Schrift im Fluss aussieht und Aufschluss darüber gibt, ob sie für das anvisierte Projekt geeignet ist. Zudem gibt es zu jeder Schriftart einleitend einen informativen Text über ihre Herkunft und Entstehung. Hier erfährt man etwa Hintergründe zum Schöpfer der Monotype Baskerville – dem Drucker John Baskerville, der im 18. Jahrhundert lebte – oder zum Schweizer Typograf Adrian Frutiger, der die bekannte gleichnamige Schriftart entwarf.

Der dritte Teil von "Letterfontäne" umfasst schließlich die sehr umfangreichen Anhänge, die sich gut vom Rest des Buches unterscheiden lassen, da die Seiten hier auf andersfarbiges Papier gedruckt wurden. Enthalten sind ein allgemeiner Index von "AAT-Format" bis "Zwart, Piet", ein Index der Schriften, die im Buch erwähnt und gezeigt werden, ein Index der Schriftentwerfer in alphabetischer Reihenfolge, ein Index der Schriftenverlage, an den sich eine Zeitschiene ebendieser anschließt, sowie ein Glossar und eine Bibliografie.

Die Aufmachung ist, wie bereits eingangs erwähnt, wunderschön und qualitativ sehr hochwertig: Das dicke Hardcover ist in rotes Halbleinen gebunden und hat drei verschiedenfarbige Lesebändchen, außerdem liegt ein praktisches Lineal und Typometer bei, auf dem neben den Umrechnungen zwischen vier Maßsystemen (Millimeter, Inch, Pica und Didot-Punkte) auch versteckte Shortcuts für die Apple-Tastatur aufgelistet sind. Papier- und Druckqualität sind makellos.

Wer sich für Typografie interessiert, wer die Anatomie visueller Zeichen ergründen möchte und wer tagtäglich mit gedruckter Schrift zu tun hat, der liegt mit "Letterfontäne" goldrichtig. Das opulent gestaltete Werk ist Nachschlagewerk und Liebhaberstück in einem, es ist seinen Preis auf jeden Fall wert.

Einen ausführlichen Blick ins Buch gibt es hier auf der Website des Taschen Verlags.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 1. Mai 2011 | ISBN: 9783836525107 | Originaltitel: Letterfontein | Preis: 49,99 Euro | 640 Seiten | Sprache: Deutsch

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