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 Heult doch

Über eine Generation und ihre Luxusprobleme

Autoren: Meredith Haaf
Verlag: Piper

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Die Generation, die aktuell zwischen 20 und 30 ist, zeichnet sich vor allem dadurch aus, keiner eindeutigen Generation anzugehören. Und es auch nicht zu wollen. Zu groß sind die Unterschiede, und zu groß der Drang nach Individualität. "Generation Golf" und ähnliches, das gilt als veraltet. Am ehesten kann man diese Gruppe noch über ihr Kommunkationsverhalten greifen, ungefähr den Ansatz deutet auch der kleine blaue Vogel, in anderer Form das Logo von Twitter, an. Meredith Haaf, selbst Mitte zwanzig, sieht ihre eigene Generation als desillusionierte Gruppe, die sich nicht entscheiden kann und vor lauter Freiheiten stocksteif stehen bleibt, lieber noch ein Praktikum macht, bevor man sich entscheiden muss. Diese Sicht erläutert sie in ihren Kapiteln zum Kommunikationsverhalten, im Vergleich zu früheren Generationen, der Politiklosigkeit der Generation, ihren fehlenden Idealen und ihrer Angst vor der Zukunft.

Die Generationenfrage kommt immer wieder auf. Früher oder später wird versucht, eine bestimmte Altersgruppe in eine Generation zu bringen, sie mit diesem Begriff fass- und begreifbar zu machen. Dass das gerade für die Gruppe der aktuell zwischen 20- und 30-jährigen nicht besonders gut klappt, zeigt die Vielfalt der Veröffentlichung zu diesem Thema. Von Digital Native über "Generation Doof" bis zu Generation Y oder Millenials wurden wir schon als alles mögliche bezeichnet. Meredith Haaf spart es sich, dem Kind einen Namen zu geben, und beschreibt, was diese (ihre) Generation in ihren Augen ist - oder eben nicht ist.

Dabei schwankt die Autorin stets zwischen Kritik und Rechtfertigung. Mal prangert sie diese ganze Generation an wegen ihrer mangelnden Politikbegeisterung, ihrer Lethargie gegenüber aktuellen Entwicklungen, der Unfähigkeit, für sich selbst und das eigene Leben Verantwortung zu übernehmen. Dann wiederum nimmt sie sie in Schutz, möchte erklären, verteidigen und abmildern. Zwischen diesen Polen schwanken ihre Gedanken und mit ihnen der Leser, der dieser Generation angehört: Soll man jetzt in kollektiven Selbsthass verfallen oder doch lieber bestätigend nickend, da man ja überhaupt gar nichts dafür kann?
Der Grundtenor vermittelt aber, dass die Autorin ein ziemlich schlechtes Bild ihrer eigenen Generation hat. Sich selbst nimmt sie hierbei nicht aus, eigene Erfahrungen werden eingebracht, persönliche Anekdoten sollen den Text auflockern. Leider funktioniert das mit fortschreitender Kapitelzahl immer weniger. Der Text wird trockener, die Vorwürfe an diese "Generation" sind zwar teilweise nachvollziehbar und können zum Nachdenken anregen - auch zu starker Kritik herausfordern. Aber leider fehlt der Humor dieser Betrachtung völlig. Gerade weil Meredith Haaf ihre eigene Generation beschreibt, könnte man sich viel mehr Selbstironie wünschen - vor allem, da eine der innerhalb der Generation vorhandenen Gruppen sich gerade dadurch auszeichnet, sowieso alles ironisch zu sehen (für Außenstehende: Gemeint sind diese Wesen mit Nerdbrille, Jutetasche und ungebrochenem Stolz auf ihre Individualität).

Leider werden auch keine Lösungen für die Probleme geboten, auch nicht im kleinen. Die Lösungen, die präsentiert werden, sind die ganz großen: Die Politik muss gerechter werden. Die Schere zwischen Arm und Reich darf nicht noch weiter auseinander klaffen, sondern muss sich schließen. Wir müssen konfliktfreudiger und wütender werden. Uns vom Statusdenken verabschieden. Wie das gehen soll, da hat auch die Autorin keinen besseren Vorschlag als den Appell an ihre Leser, mal nachzudenken.
Was sie wohl zur aktuellen Occupy-Bewegung sagt, bei denen viele junge Menschen (auch) für genau diese aufgeführten Ziele in vielen Städten weltweit und in Deutschland campieren und protestieren? Ganz so verloren und selbstbezogen kann "unsere Generation" dann doch gar nicht sein?

Ein ganz ähnliches Thema behandelt Nina Pauer mit "Wir haben keine Angst". Allerdings ist dieses Buch besser, weniger arrogant und anmaßend, dafür humorvoller, geschrieben und zudem durch die Erfahrungen und Ängste einer ganzen Altersgruppe für den Leser mit größerer Emotionalität lesbar.

Anja Thiemé

Probe


Taschenbuch | Erschienen: 15. September 2011 | ISBN: 978-3492259514 | Preis: 8,95 Euro | 240 Seiten | Sprache: Deutsch

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