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 Mercy Thompson, Band 6: Siegel der Nacht

Serie: Mercy Thompson, Band 6
Autoren: Patricia Briggs
Übersetzer: Vanessa Lamatsch
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Als ihr frisch angetrauter Ehemann Adam ihr vorschlägt, ihre Flitterwochen auf einem verlassenen Campingplatz am Ufer des Columbia Rivers zu verbringen, ist Mercy hellauf begeistert. Abstand von der Zivilisation, weitab von den Intrigen der Vampire, freut sich die Automechanikerin auf ein paar ruhige Tage. Da ahnt sie noch nicht, dass es ausgerechnet das Feenvolk der Tri Cities war, das Adam dazu gebracht hat, jenen Campingplatz anzusteuern, auf dem sie schließlich landen. Und dann haben die Werkojotin und ihr Ehemann auch schon alle Hände voll zu tun: Mercy erscheint der Geist ihres noch vor ihrer Geburt verstorbenen Vaters, sie lernt andere Gestaltwandler wie sich kennen und die hiesige Indianergemeinde bittet um ihre Hilfe. Denn in den Tiefen des Columbia Rivers ist ein uraltes, prähistorisches Wesen erwacht: der Flussteufel, ein Monster, dessen unstillbarer Hunger bereits vielen Menschen das Leben kostete – und das es nun auf Mercy abgesehen hat.

Patricia Briggs ist es innerhalb ihrer "Mercy Thompson"-Romane gelungen, eine faszinierende und trotz der unterschiedlichen mythischen Wesen, die sie bevölkern, organische Urban Fantasy-Welt zu schaffen. Dies hat die Autorin in mehreren Büchern fraglos unter Beweis gestellt. Dennoch waren in "Zeichen des Silbers", dem Vorgängerband des aktuellen Romans, einige Kratzer im Lack nicht zu übersehen, die die Befürchtung aufkommen ließen, dass sich Briggs Serienkonzept inzwischen zu stark abgenutzt habe könnte. Da sich im hart umkämpften Markt der Urban Fantasy kaum jemand zwei Romane mit spürbaren Schwächen leisten kann, lastet ein großer Erwartungsdruck auf "Siegel der Nacht". Um niemanden lange auf die Folter zu spannen: Briggs ist es erfreulicherweise geglückt, mit ihrem neuen Buch nun wieder einen starken Mercy Thompson-Roman abzuliefern.

Das liegt vermutlich daran, dass die Autorin ihre Protagonistin diesmal aus dem gewohnten Umfeld hinausführt. Gemeinsam mit Mercy und Adam lässt der Leser die Tri Cities (und deren liebgewonnene Bewohner) hinter sich. Er stolpert mit der sympathischen Werkojotin nicht nur in ein aufregendes und ungewöhnliches Mystery-Abenteuer, sondern lernt mit ihr auch deren eigene Wurzeln kennen. Mercy ist Halbindianerin. Von ihrem Vater und dessen Volk weiß sie selbst jedoch nur wenig. Das ändert sich in "Siegel der Nacht". Um das Monster zu besiegen, das in den Fluten des Columbia Rivers lauert, muss sich Mercy nicht nur ihrem indianischen Erbe stellen, sondern diesen auch annehmen. Und sie erfährt mehr über ihren Vater, als ihr eigentlich lieb ist.

Der unheimliche Storybogen um das Flussmonster weiß Patricia Briggs sehr spannend zu gestalten. Gerade das Finale ist dramatisch und fast schon episch zu nennen und ein kleines Highlight innerhalb der Reihe. Es ist schon erstaunlich, wie mühelos es der Autorin gelingt, eine weitere fremde Kultur – diesmal die der indianischen Mythen und Sagen - in ihre fiktive Welt einzugliedern, ohne dass diese überfrachtet wirkt.

Anders als in "Zeichen des Silbers" nimmt der Mystery-Handlungsstrang eine ebenso große Rolle wie die Charakterentwicklung ein, die Briggs auch in diesem Band konsequent weiter vorantreibt: Mercy und Adam sind frisch verheiratet. Obwohl sie sich bereits einige Jahre kennen und schon längere Zeit ein Paar sind, finden sie sich durch ihre Ehe nun in einer Situation wieder, die auch für sie neu ist. Zwar genießen die beiden frisch Vermählten ihre Flitterwochen in trauter Zweisamkeit, dennoch bleiben ernste Momente nicht aus, in denen der Werwolf und die Gestaltwandlerin Grenzen neu abstecken und auch mal heftig miteinander diskutieren. Das geschieht jedoch auf überzeugend respektvolle Art und Weise, die beweißt, dass Romantik-Fans auch dann auf ihre Kosten kommen können, wenn das Pärchen nach langem Hin und Her bereits zueinander gefunden hat. Dadurch, dass sich Briggs aufgrund der äußeren Umstände auf Mercy und Adam konzentrieren kann, bleibt ihr genug Zeit, dies glaubwürdig zu inszenieren. Obwohl man auf den ersten fünfzig Seiten des Buches sämtliche liebgewonnene Figuren wie etwa Adams Tochter Jesse, dem Vampir Stefan, dem Werwolf Warren, dessen Partner Kyle und Mercys Mutter begegnet und ein kleines Update erhält, wo diese gerade im Leben stehen, vermisst man sie im folgenden Verlauf der Handlung so gut wie gar nicht. Durch den wechselnden Fokus auf zwischenmenschliche Beziehungen und Monsterjagd wirkt das Buch rund, gelungen und trotz seiner überlebensgroßen Momente nicht pathetisch.

Bleibt abzuwarten, ob solch ein Clou der Autorin auch im nächsten Roman der Reihe gelingen wird, wenn Mercy und Adam wieder in ihrem gewohnten Umfeld agieren. Für "Siegel der Nacht" gilt jedoch: Die Werkojotin Mercy Thompson zählt noch immer zu den charismatischsten Urban Fantasy-Heldinnen der Post-Buffy-Generation.

Christian Handel

Probe


Taschenbuch | Erschienen: 12. September 2011 | ISBN: 9783453528314 | Originaltitel: River Marked (Mercy Thompson 6) | Preis: 8,99 Euro | 400 Seiten | Sprache: Deutsch

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