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Totale auf eine spärliche Wüstenlandschaft. Großaufnahme auf einen schmutzbeschmierten Mann, dessen Augen nur so strotzen vor Energie und Entschlossenheit. Mit bloßer Manneskraft und einer Spitzhacke bearbeitet er unermüdlich die Wände aus Fels und Lehm einer sich im Schweiße seines Angesichts vertiefenden Kluft. Eine eindringliche und bedrohliche Soundkulisse deutet voraus: Aus dem profanen Wühlen im Dreck wird noch Großes entstehen, und der Beinbruch, der den trotz Schmerzen unermüdlich weiter auf sein Ziel hinsteuernden Mann plötzlich bei einer Explosion ereilt, wird nicht das letzte Unheil sein, das er auf seinem Weg in Kauf nimmt.
[PIC]Diese erste Viertelstunde, in der sich Regisseur Paul Thomas Anderson viel Zeit für die einprägsame Exposition seines Films "There will be blood" nimmt, kommt ohne Dialoge und große Handlungen aus. Und doch enthält sie im Kleinen bereits den Kern des noch folgenden zweieinhalbstündigen Epos, das vor allem von einem handelt: von der monomanischen Gier, die einen Mann ohne Rücksicht auf Verluste immer weiter antreibt.
Daniel Plainview heißt er, und wie viele andere Amerikaner ist er Ende des 19. Jahrhunderts besessen von der Suche nach dem großen Schatz, der ihn unsagbar reich machen und sein Leben verändern soll. Anders als viele Gleichdenkende hat er auch tatsächlich Glück: Er stößt bei seinem Graben im Erdreich zwar nicht auf Silber, aber auf schwarzes Gold – Erdöl! Doch nicht nur Glück allein wird ihn im Folgenden zu einem der reichsten und mächtigsten Öl-Tycoone machen: Er hat einen siebten Sinn für das Geschäft, und mit so gewissenlosem wie charismatischem Verhandlungsgeschick prellt er kleine Grundbesitzer um ihre Gewinnmöglichkeiten, um seinen eigenen Profit zu maximieren. Menschliche Nähe und Vertrauen sind ihm in diesem Leben fremd – was könnte er bei seiner Lebensphilosophie auch anderes sein als ein misstrauischer Einzelgänger?! "I have a competition in me. I want no one else to succeed. I hate most people", verrät er einmal. Einzig in der Beziehung zu seinem kleinen Sohn H. W. (Dillon Freasier) scheint in manchen Momenten so etwas wie Menschlichkeit hervorzublitzen – doch selbst diese Familienbande stellen sich schließlich als noch rissiger heraus, als anfangs gedacht ...
Sechs Jahre mussten vergehen, bis Paul Thomas Anderson nach seiner eigenwillig schönen Romanze "Punch-Drunk Love" im Jahr 2007 einen neuen Film in die Kinos bringen konnte. Dafür wird er dieser der langen Zeit der Vorbereitung (und Geldgebersuche) gerecht: Anderson, der sich zuvor schon mit seinen großartigen, aber im Produktionsaufwand doch zurückgenommenen Ensemblefilmen "Boogie Nights" und "Magnolia" einige Fans unter Zuschauern wie Kritikern gemacht hatte, brachte mit "There will be blood" ein prosaisch erzähltes, doch bild- und tongewaltiges Epos auf die Leinwand und sicherte sich in zahlreichen Rankings zu den besten Filmen des Jahres den ersten Platz.
[PIC]Neben der interessanten Inszenierung (die manch einer vielleicht als langatmig, andere jedoch im Gegenteil als wunderbar atmosphärisch empfinden werden), einer virtuosen Kamera und einem verstörend betörenden Score (für den Jonny Greenwood von Radiohead verantwortlich zeichnet) beeindrucken an "There will be blood" vor allem die schauspielerischen Leistungen. Dabei steht und fällt diese Charakterstudie selbstredend mit ihrem Hauptdarsteller: Zwei Jahre lang hat sich Daniel Day-Lewis auf seine Rolle als kaltschnäuziger "Oil-Man" vorbereitet, und sein zweiter Oscar als bester Hauptdarsteller galt ihm bereits vor der Preisverleihung als gesichert. Doch auch die Nebenrollen sind glänzend besetzt – allen voran die des von Paul Dano verkörperten evangelikalen Predigers Eli, der sich nach und nach zum Plainview an Machthunger in nichts nachstehenden Antipoden entwickelt.
[PIC]Das Drehbuch beruht teilweise auf Upton Sinclairs Roman "Oil!" von 1927. Anderson hat sein Epos jedoch der Gesellschaftskritik seiner Vorlage und jeglicher Moralisierung enthoben. Im Kampf von Öl-Kapitalismus und religiösem Fanatismus geht es hier nicht um spezifische historische Konstellationen, und Fragen nach Gut und Böse werden ad absurdum geführt. So ist es nur konsequent, dass "There will be blood" in ein geradezu groteskes Finale mündet, in dem sich die manische Skrupellosigkeit der Hauptfigur noch einmal mit der ihm eigenen Energie niederschlägt. Den titelgebenden Machtmenschen in Orson Welles Meisterwerk "Citizen Kane" (1941), das im Zusammenhang mit Andersons Film bisweilen herbeizitiert wird, weist sein bedeutungsvoll gehauchtes "Rosebud" auf dem Sterbebett doch noch als Mensch aus, der einst ein unschuldiges Kind war. Dagegen gipfelt der Nihilismus von "There will be blood" in einem zwischen Lächerlichkeit und Monstrosität grandiosen Zitat, mit dem Plainview den Showdown gegen Eli schließlich für sich entscheidet: "I drink your milkshake!" Was es damit genau auf sich hat, sollte sich jeder, der offen ist für außergewöhnliche Kinoerlebnisse, selbst anschauen…
Studiocanal hat in seiner
Blu Cinemathek nun die Blu-ray zum Film neu aufgelegt. Das HD-Bild kann durch Schärfe, feine Detailzeichnung und ordentliche Schwarzwerte überzeugen. Auch der Ton ist gut, wenn man sich auch denkt, dass an manchen Stellen noch etwas mehr Klang herauszuholen gewesen wäre. Auch wenn die deutsche Synchronfassung (DTS 5.1 oder DD 5.1) gut gelungen ist, sei jedem, der des Englischen mächtig ist, unbedingt die Originaltonspur (PCM 5.1 oder DD 5.1) empfohlen – allein schon um den knarzenden Singsang zu hören, den Daniel Day-Lewis sich für die Rolle angeeignet hat.
Die Blu-ray-Features sind nicht allzu üppig, aber dafür ganz interessant: Neben Teaser, Trailer und englischer Hörfilmfassung gibt es drei zusätzliche Szenen. Außerdem finden sich noch zwei Kurzdokumentationen: eine über die Geschichte des Öls von rund 25 Minuten und eine, in dem zeitgenössische Fotografien dem Produktdesign des Films gegenübergestellt werden.