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 Halbes Leben

Autoren: Mats Strandberg
Übersetzer: Gabriele Haefs
Verlag: C. Bertelsmann

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Jessica war nur einmal in ihrem Leben wirklich verliebt. Die Fernsehmoderatorin, die als "Kummerkasten-Tante" erste Berühmtheit erlangte, gibt anderen Menschen Ratschläge zu Liebe und Sexualität, doch in ihrem Leben gibt es beides nicht mehr seit Jakob verschwunden ist. Nur ein halbes Jahr waren die beiden zusammen, doch die Gefühle waren so intensiv, dass Jessica nach seinem unbegründeten Verschwinden nicht wieder Fuß im Alltag fassen konnte. Sie lebt ihr Leben vor sich hin, fast abgestorben. Als ihre Großmutter stirbt, wird sie aus ihrer Routine gerissen und muss zur Beerdigung aufs schwedische Land fahren. Hier fühlt sie zum ersten Mal wieder etwas wie Leben, so dass sie im Haus der Großmutter bleibt, wo sie über Briefe der verstorbenen Großmutter an die Enkelin Jessica langsam einem alten Familiengeheimnis auf die Spur kommt.Die Briefe zeigen ihr, wie ähnlich sie ihrer Großmutter ist und bringen sie langsam dazu, aufzuwachen. Als sie glaubt, Jakob im Dorf zu sehen, muss sie sich all ihren Ängsten und Emotionen wieder stellen.

Ein geliebter Mensch verschwindet spurlos aus dem Leben, das muss eine furchtbare Erfahrung sein. Jakob hat Jessica ohne Erklärung verlassen, nur eine kurze Entschuldigung hat er ihr gegeben, doch das reicht nicht. Jessicas Leben ist seitdem nur noch ein halbes Leben. Sie funktioniert, doch sie fühlt nichts mehr. Erst als ihre Großmutter stirbt, kommt sie ganz langsam, Stück für Stück, über die Briefe der Großmutter an sie zurück zu ihrem fühlenden Teil.

Die Großmutter erklärt Jessica in ihren Briefen einiges aus der Vergangenheit, so wird der Leser in die schwedische Gesellschaft der Nachkriegszeiten mitgenommen. Hierbei geht es nicht um das harte Leben, die erlittenen Verluste und die beginnenden Ängste des Kalten Krieges, sondern um die Emotionen der Menschen. Die Großmutter hat ein bewegtes Leben hinter sich, dass in dieser Form heute unvorstellbar ist, aber doch zutiefst berührt. Durch die Emotionen, die man den Briefen so deutlich anmerkt, wird das komplette Fehlen dieser in Jessicas Leben umso deutlicher. Während die Großmutter liebt und leidet, ist dieser Bereich bei Jessica abgestorben und kann nur langsam wieder zum Leben erweckt werden. So bleibt die eigentliche Protagonistin dem Leser fast durchgehend fremd, man kann sie nicht recht greifen, diesen zutiefst verkopften und rationalen Mensch, der doch mit so irrationalen Ängsten zu kämpfen hat.

Der Klappentext lässt eine Liebesgeschichte vermuten, wer sich auf den Roman einlässt, wird viel mehr entdecken: Natürlich auch eine Liebesgeschichte, die den Rahmen bietet, allerdings auch einen Krimi, einen historischen Gesellschaftsroman und ein Familiengeheimnis.Einzig die Kriminalhandlung wirkt etwas konstruiert, der Rest lässt sich gut nachvollziehen und ist glaubhaft geschildert.

"Halbes Leben" ist, trotz des Fehlens von großen Emotionen in weiten Teilen des Buches, ein bewegendes Buch. Die berührende Geschichte der Großmutter ist dabei fast der Höhepunkt und bildet einen deutlichen Kontrast zu Jessicas Geschichte, die ein "halbes Leben" führt, ohne Emotionen zuzulassen.

Anja Thiemé

Probe


Hardcover | Erschienen: 15. August 2011 | ISBN: 978-3570100615 | Originaltitel: Halva liv | Preis: 19,99 Euro | 320 Seiten | Sprache: Deutsch

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