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 Pestsiegel

Autoren: Peter Ransley
Übersetzer: Maria Poets
Verlag: Fischer

Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Matthew Neave soll gegen fürstliche Belohnung einen Säugling, angeblich ein Pestkind, zur Grube fahren. Doch als er unterwegs bemerkt, dass der Junge noch lebt, adoptiert er ihn kurzerhand und verschweigt dem Auftraggeber das Überleben des Kindes. Tom Neave wächst in dem Glauben auf, Matthew wäre sein Vater. Als aber ein reicher Gönner aus London zu Besuch kommt und ihn als Druckerlehrling aufnimmt, beginnt der Zehnjährige, skeptisch zu werden. Sein neues Zuhause in London ist hart, ungerecht und gewalttätig, doch er lebt sich dennoch schnell ein und gewöhnt sich an die Qualen. Erst als junger Erwachsener weigert er sich, sich weiterhin seinem Schicksal zu ergeben und bringt vor dem Hintergrund des drohenden Bürgerkriegs in England einige Steine ins Rollen, viele davon hängen mit seiner wirklichen Herkunft zusammen.

Der historische Krimi "Pestsiegel" ist leider gar kein Krimi. Zwar birgt die Handlung einiges an Potential für Spannung, aber ein Verbrechen, das aufgeklärt werden will, gibt es nicht. Eher ist es ein Thriller um ein Familiengeheimnis, da viele Fäden mit der tatsächlichen Herkunft des Pestkinds Tom zusammenhängen. Die Epoche, in die Autor Peter Ransley seine Handlung einordnet, ist eine höchst spannende. Der Konflikt zwischen Charles I und dem Parlament spitzt sich zu, die Bevölkerung Londons befindet sich im Aufruhr, das Parlament fordert einmalige Rechte für sich und das Volk und Bürgerwehren bilden sich als Vorbereitung für einen Bürgerkrieg zwischen Anhängern des Königs und des Parlaments. Vor diesem Hintergrund erlangt der Druckerlehrling Tom einige Einblicke, die durchaus das Zeug für spannende politische Exkurse bieten. Leider wird dieses Potential zu selten genutzt.
Überhaupt bleibt der gesamte Roman hinter seinen Möglichkeiten zurück. Die Charaktere agieren leblos und wie Marionetten des Autors, an keiner Stelle fiebert der Leser mit, hofft und bangt. Stattdessen beobachtet er, wie bei einem schlecht-inszenierten Theaterstück, wie die einzelnen Charaktere handeln und hofft darauf, doch irgendwann ihre Beweggründe verstehen zu können. Leider bleiben diese aber so lange im Ungewissen, dass sie bis zum Aufklärungszeitpunkt schon wieder unwichtig geworden sind. Die für spannende Charaktere wichtigen Grautöne weisen ebenfalls keine der Figuren auf, sie handeln immer getreu dem Muster, dass der Autor am Anfang für sie festgesetzt hat. Überraschungen gibt es hier leider keine - höchstens in den manchmal sehr abenteuerlichen Auflösungen von problematischen Situationen.
Gerade der Protagonist Tom ist zu langweilig und undurchsichtig geraten. Er verhält sich durchweg ähnlich - obwohl er zu Beginn der Handlung ein zehnjähriger Junge ist, der langsam zu einem jungen Mann heranwächst. Als Junge erscheint er überaus reif, als Mann wiederum zu kindlich. Zu seinem Alter passen die Gedanken und Handlungen, die Ransley ihm auf den Leib schreibt, aber leider nicht.

Für den Leser ist es viel zu früh ersichtlich, worauf die Handlung hinführt. Bis Tom selbst dies entdeckt dauert es leider viel länger. "Pestsiegel" verspricht leider mehr, als es halten kann. Immer wieder stößt der Leser auf Längen, die es zu überwinden gilt. Nur selten schafft die Handlung es, Spannung zu erzeugen und den Leser gefangen zu nehmen, viel zu schnell sind diese Momente auch wieder vorbei. So muss man sich immer wieder motivieren, weiterzulesen, in der Hoffnung, doch noch einen entscheidenden Schritt in der Handlung nicht vorhergesehen zu haben und überrascht zu werden. Diese Überraschung bleibt leider aus.
Schade, vor allem, weil das historische Setting so gut gewählt ist und durchaus viel Potential gehabt hätte.

Anja Thiemé

Probe


Taschenbuch | Erschienen: 19. Juli 2012 | ISBN: 978-3596184033 | Originaltitel: Plague Child | Preis: 9,99 Euro | 544 Seiten | Sprache: Deutsch

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