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 Was man für Geld nicht kaufen kann

Die moralischen Grenzen des Marktes

Autoren: Michael J. Sandel
Übersetzer: Helmut Reuter
Verlag: Ullstein

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Preis - Leistungs - Verhältnis
"Was man für Geld nicht kaufen kann" lässt schon im Titel erkennen, um was es geht: ein Plädoyer gegen Kommerzialisierung. Genau dies versucht der amerikanische Ethik-Professor Michael J. Sandel. Er argumentiert, der Markt habe seine moralischen Grenzen und über diese Grenzen braucht es eine gesellschaftliche Debatte.
Auf 300 Seiten beschreibt der Autor in fünf Kapiteln verschiedene Bereiche des menschlichen Lebens, in dem sich eine Marktlogik ausbreitete und dadurch Normen sich verändert haben. In jedem Kapitel erzählt Sandel zunächst von Beispielen, um sie danach moralphilosophisch zu diskutieren.

Im ersten Kapitel geht es um Privilegien, zum Beispiel darum, wie reiche Menschen Warteschlangen, sowohl in Vergnügungsparks, aber auch bei Ärzten, durch Geldzahlung umgehen können. Im zweiten Abschnitt erläutert Sandel, wie durch Systeme der finanziellen Belohnungen oder Strafen Verhaltensweisen geändert werden und inwiefern es wünschenswert sei, zum Beispiel Kinder durch Geldgeschenke zum Lesen zu motivieren.
Das dritte Kapitel behandelt die Verdrängung von Moralvorstellungen durch Marktlogiken. Hierunter fallen beispielsweise Phänomene wie gekaufte Titel oder Ehrungen, aber auch Blut- oder Organhandel. Das vierte Kapitel dreht sich um Geschäfte, die mit dem Tod zu tun haben, allen voran Lebensversicherungen. Im letzten Kapitel schließlich werden Werbung und Sponsoring untersucht.

Das Buch endet mit dem Anmerkungsapparat und einem Register.

Michael J. Sandels Buch "Was man für Geld nicht kaufen kann" versucht nicht an die Stelle des Marktes eine ganz bestimmte Ethik zu setzen, sondern vielmehr eine Diskussion zu entfachen, in welchen Bereichen des Lebens Märkte sinnvoll sind und in welchen andere Normen gelten sollten. Angesichts der Finanzkrise ein sinnvolles Unternehmen des amerikanischen Philosophen.

Sandel geht in seinen Kapiteln immer gleich vor. Er zählt Beispiele auf, in denen es meistens auf offensichtlichen Gründen für die große Mehrheit der Leser moralisch verwerflich oder zumindest problematisch ist, dass Geld im Spiel ist. Hier zeigt Sandel schon überzeugend, wie Marktlogiken zu Ungerechtigkeiten oder allgemein moralisch verwerflichen Praktiken führen. Der Markt kennt keine Moral, der Mensch braucht aber häufig moralische Normen, um sein Zusammenleben mit anderen zu regeln.

Doch Sandel geht noch weiter. Er argumentiert ebenso, dass die Einführung von Marktlogik dazu führt, dass Normen sich verschieben. Wenn ein Kind nur gegen Geldzahlung lernt zu lesen, mag das zunächst erfolgreich sein. Aber das Lesen verliert so seinen Wert an sich und wird zu etwas, das für etwas, für eine Belohnung gemacht wird. Was, wenn die Belohnung wegfällt? Der Autor zeigt auch, dass die Einführung finanzieller Anreize oft das Gegenteil von dem bewirkt, was Ökonomen gerne voraussagen. Müssen Eltern beispielsweise für das zu späte Abholen ihres Kindes aus der Kindertagesstätte eine Strafe zahlen, erhöht sich die Anzahl der zu spät kommenden Eltern, weil sie ihr schlechtes Gewissen gegen die Zahlung einer "Gebühr" eintauschen können.

Sandels Buch gibt nur wenige Antworten, bei weitem auch kein geschlossenes System moralischer Regeln. Es wirft nur Fragen auf. Letztlich ist es nur eine Aneinanderreihung vieler Beispiele und kurzer ethischer Erläuterungen. Auch wirken manche Begriffsverwendungen, wie zum Beispiel der der Korruption, ein wenig schief. Die Hauptthese des Buches von der Normverschiebung durch die Expansion des Marktes ist dagegen sehr überzeugend und wird hoffentlich nicht einfach verhallen.

"Was man für Geld nicht kaufen kann" ist flüssig, an manchen Stellen vielleicht ein wenig redundant und zu weitläufig geschrieben. Sandel bemüht sich sehr um allgemeine Verständlichkeit. Insgesamt ist das Buch daher jedem zu empfehlen!

Andreas Schmidt



Hardcover | Erschienen: 9. November 2012 | ISBN: 978-3550080265 | Originaltitel: What Money Can't buy | Preis: 19,99 Euro | 300 Seiten | Sprache: Deutsch

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