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 Ganz Berlin in 7 Tagen

Ein Zeitreiseführer in die Kaiserzeit


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
"Ganz Berlin in 7 Tagen" ist der vierte Band aus der Reihe "Zeitreiseführer", welche im Primus Verlag erscheint. Dieses Mal führt dieser den Leser in die Zeit des Kaiserreichs nach 1900. Die Besonderheit der Reihe liegt darin, dass diese das jeweilige Reiseziel nicht aus heutiger Sicht beschreibt, sondern so, als würde der Leser eine Zeitreise in die damalige Zeit unternehmen. Dies bedeutet, dass der Autor Bernd Ingmar Gutberlet auch in diesem Band bewusst den Kenntnisstand der Kaiserzeit simuliert, um eine möglichst authentische Reise in das kaiserliche Berlin anzubieten.

Insgesamt gliedert er dabei den Berlin-Aufenthalt in zehn Stadtspaziergänge und zwei Ausflüge ins benachbarte Charlottenburg beziehungsweise an den Wannsee, welche in sieben Tagen zu bewältigen sind.

Jeder Tourabschnitt wird zu Beginn zunächst mit einer Karte vorgestellt, auf der die zu besichtigenden Sehenswürdigkeiten markiert sind. Anschließend folgt die Beschreibung der jeweiligen Tour. Aufgelockert wird der Text vor allem durch zeitgenössische Fotografien, welche das Reiseziel auch visuell präsent werden lassen. Hinzu kommen grau hinterlegte Infoboxen, die wichtige Begriffe, Personen und Orte erläutern. Nicht zuletzt findet sich im Innenteil der Umschlagklappe eine große Übersichtskarte sowie ein kleiner Sprachreiseführer mit typisch berlinerischen Begriffen.

Es ist faszinierend: Bereits nach wenigen Sätzen wähnt man sich im Berlin des Kaiserreichs. Denn gerade durch die anschauliche Sprache gelingt es Gutberlet ein authentisches Bild des kaiserlichen Berlins zu zeichnen. Dabei lernt der Leser insbesondere die Vorzeigeseiten jener aufstrebenden Metropole kennen, während die unangenehmen Seiten nur indirekt durch Warnungen wie diese angesprochen werden:

"Wir empfehlen also nicht, von der Münzstraße rechts in eine der engen Gassen zu laufen, in denen der Unrat das Schuhwerk verschmutzt, aus offenen Stiegen niedriger Häuser abgestandener Kohlgeruch wabert und schmierige Verkaufsstände Zweifelhaftes präsentieren." (Seite 32)

Immer wieder geht Gutberlet bei seinen Darlegungen auf kunst- und kulturgeschichtliche sowie städtebauliche Entwicklungen ein, so dass neben der Tourbeschreibung aus zeitgenössischer Sicht auch zahlreiche Hintergrundinformationen genannt werden, wodurch der Leser den damaligen Entwicklungsstand in einen Gesamtkontext einordnen kann.

"Dann erreichen wir den Ehrenhof am ältesten Teil des Schlosses. Das Mittelstück wurde 1695 bis 1699 als kurfürstliches Lusthaus errichtet, damals noch ohne einen Kuppelturm. Mit der Erhöhung Preußens zum Königtum 1701 wurde es für Königin Sophie Charlotte zur barocken Dreiflügelanlage nach französischem Vorbild erweitert und durch den Kuppelturm bekrönt, auf dessen Spitze die Göttin Fortuna mit ihren Attributen, dem Tuch und der Kugel thront. Vor allem für die Gartenseite stand das allerdings ungleich größere Versailles Pate, denn in Sachen Hofhaltung und Prachtbauten war der französische König Ludwig XIV. europaweit das Maß aller Dinge." (Seite 94)

Vermissen wird der eine oder andere Leser jedoch Informationen zu den noch heute erhaltenen Überresten des kaiserlichen Berlins. Denn bedingt durch den durchgehend eingehaltenen zeitgenössischen Blickwinkel sind derartige Erläuterungen nicht möglich. Dies hat zur Folge, dass sich der Band kaum dafür eignet, Überreste des kaiserlichen Berlins im heutigen Stadtbild zu entdecken. Vielmehr entführt dieser Zeitreiseführer den Leser zu einer virtuellen Gedankenreise.

"Im nächsten Moment ertönt das gellende Pfeifen, die Lok pustet schwarzen Rauch in den Stadthimmel und setzt sich vernehmlich quietschend in Bewegung." (Seite 120)

Neben solchen schildernden Passagen enthält der Band zudem auch zahlreiche Sachinformationen, die wie im Falle des jedermann zugänglichen Rohrpostnetzes so manche Besonderheit Berlins herausstellen.

Hinzu kommen immer wieder Hinweise auf zeittypische Denkweisen. So wird beispielsweise die hohe Zahl an Soldaten und Offizieren im Café Kranzler damit in Verbindung gebracht, dass der Verzehr des bekannten Kranzler-Eises bei einer militärischen Konfrontation mit Russland die ideale Vorbereitung auf die eisigen Temperaturen dort sei.

Auf diese Weise entsteht eine abwechslungsreiche Zeitreise, die den Leser auf eine erlebnisreiche und zugleich informative Reise in das Berlin der Kaiserzeit entführt.

Eine Leseprobe und weitere Informationen finden sich auf der Verlags-Website.

Matthias Jakob Schmid



Softcover | Erschienen: 1. Februar 2013 | ISBN: 978-3863120238 | Preis: 16,90 Euro | 144 Seiten | Sprache: Deutsch

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