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Ohne Erinnerung an das, was geschehen ist, erwacht die Elfe Fi auf einem verlassenen Schiff mitten im Nordmeer. Ihr Volk wurde von der Nebelkönigin Morgoya versklavt, doch Fi ist scheinbar irgendwie die Flucht gelungen. Gemeinsam mit dem Meermann Nikk, dem Däumlingszauberer Magister Eulertin und dem bärbeißigen Klabauterkapitän Koggs versucht sie die Lücken in ihrem Gedächtnis zu schließen und herauszufinden, was die finstere Morgoya plant.
Nach sechs Jahren führt Autor Thomas Finn seine Leser wieder in ein phantastisches Reich, das unserem Europa zumindest geographisch gar nicht so unähnlich scheint, aber durchzogen ist von Mythen, Magie und Fabelwesen - die Welt der "Chroniken der Nebelkriege". Bei "Der silberne Traum" handelt es sich aber nicht um eine Fortsetzung der Geschichte, sondern um das, was man neudeutsch ein "Prequel" nennt, also eine Vorgeschichte. So werden viele Dinge, die in den Chroniken bisher unklar geblieben sind, in einer nachgereichten Vorgeschichte erklärt. Vor allem dem Schicksal des Elfenvolkes wird anhand der Protagonistin Fi viel Platz eingeräumt.
Die Welt der Chroniken ähnelt zumindest geographisch der unsrigen, Namen wie Hammaburg oder das Inselreich Albion klingen vertraut und doch fremdartig phantastisch zugleich. Ebenso scheinen Namen wie Sigur Drachenherz oder Pelagor direkt aus der europäischen Mythologie entlehnt. Aus diesem Grund stehen die "Chroniken der Nebelkriege" der europäischen Kinderbuchtradition wie zum Beispiel dem "Krabat" oder mittelhochdeutscher Epik wesentlich näher als der marktführenden amerikanischen Fantasy. Leider übertreibt Thomas Finn gelegentlich mit seinen Entlehnungen, wenn er von dem Meermann Poseleion spricht.
Trotz aller Vertrautheit wirkt "Der silberne Traum" aber auch etwas fremd. So hat die Rückkehr in die Welt von Fi, Magister Eulertin und Klabauter Koggs auch etwas Ernüchterndes an sich. Trotz der bekannten und geliebten Figuren fehlt das einende Element, das in der Original-Trilogie durch Kai verkörpert wurde. Ohne den jungen Irrlichtjäger und Zauberlehrling erscheinen Plot und Welt austauschbarer, da es der Elfe Fi nicht recht ganz gelingt, die Handlung als Hauptcharakter auch zu tragen.
Bei der Lektüre des Buches fällt zudem auf, dass Finn die phantastischen Elemente nicht mehr so behutsam einführt, wie er es bei der Trilogie getan hat, sondern beispielsweise sehr zügig in die epische Darstellung der Stadt Jada’Maar einsteigt. Wenn man seine Abenteuer für das Rollenspiel "Das Schwarze Auge" kennt, kommt man nicht umhin, gewisse Parallelen in der Entwicklung der Elfenvölker in beiden Darstellungen zu sehen.
Vom äußeren Eindruck her handelt es sich bei "Der silberne Traum" um einen soliden Hardcover-Wälzer mit 448 Seiten. Leider ist der Titel diesmal direkt auf den festen Einband gedruckt worden und besitzt nicht - wie die Original-Trilogie - einen edlen Umschlag. Für neue Fans wäre eine Leseprobe zu "Das unendliche Licht" von Vorteil gewesen.
Insgesamt hinterlässt "Der silberne Traum" einen etwas zwiespältigen Eindruck. Einerseits freut man sich als Leser der Original-Trilogie, endlich wieder in die "Chroniken der Nebelkriege" eintauchen und mit den bereits wohlbekannten Figuren mitfiebern zu können. Auf der anderen Seite mag sich das Gefühl der Vertrautheit nicht so recht einstellen? War die Trilogie nicht wunderbar in sich abgeschlossen? Fehlt hier vielleicht das gewisse Etwas, das die Chroniken so besonders gemacht hat. Wäre es für Thomas Finn gar besser gewesen, diese Welt in Ruhe zu lassen und sich neuen Projekten zuzuwenden? Diese Frage muss verneint werden. Auch ohne die Original-Trilogie ist "Der silberne Traum" ein sehr lesenswerter Fantasyroman, der sich deutlich von der verbreiteten amerikanischen Phantastik abhebt und ein gewisses europäisches Etwas besitzt. Lediglich die Leser der Originaltrilogie werden wohl ein bisschen enttäuscht sein, dass es dem Buch nicht gelingt, die Klasse seiner drei Vorgänger zu erreichen. Was man durchaus als Lob an den Autor sehen darf, mit den "Chroniken der Nebelkriege" etwas Phantastisches geschaffen zu haben.
Auf der Verlags-Website gibt es eine Leseprobe.