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 Blau ist eine warme Farbe

Autoren: Julie Maroh
Übersetzer: Tanja Krämling
Verlag: Splitter Verlag

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Trauer.

Melancholie.

Verzweiflung.

Clementine ist tot. Ihre Tagebücher in den Händen erinnert sich Emma an ein Leben voller Liebe, Zuneigung und Erfüllung. An ihr Leben mit Emma. An ihr Leben aus der Sicht von Clem. An deren Hoffnungen und Träume, an einen fünfzehnten Geburtstag, mit dem das blassblaue Tagebuch von Clementine beginnt. An dem ein Weg beginnt, der Rastlosigkeit, Orientierungslosigkeit und schließlich Erfüllung enthält - aber auch Ablehnung, Hass, Ausgrenzung und Trennung. An einen steinigen Weg, der es jeden einzigen Schritt Wert war, gegangen zu werden, führte er doch zu einer tiefen Liebe, die niemand auslöschen kann - auch der Tod nicht.

"Blau ist eine warme Farbe" ist die Geschichte einer Liebe. Einer lesbischen Liebe, die jede Leserin und jeder Leser ohne das Attribut lesbisch zu verstehen lernt.
Und auch wenn ein heterosexueller Mann aus vielerlei Gründen wahrscheinlich kaum in der Lage ist, die Geschichte von Emma und Clem in ihrer Schönheit und vor allem in ihrer Tragik wirklich verstehen zu können - zumindest aus Sicht der Bornierten, Betroffenen und Desinteressierten - hier mein Versuch dieses Wagnis einzugehen.

Julie Maroh erzählt eine im Grunde einfache Geschichte. Ein Mädchen sucht die Liebe, verzweifelt fast an ihrer Unfähigkeit, den gesellschaftlichen Normen folgend emotionale und sexuelle Erfüllung zu finden. Und findet sie schließlich in den Armen einer jungen Frau. Und gibt sich gegen alle Widerstände bedingungslos dieser Liebe hin.
Wie es der Autorin jedoch gelingt, die Gefühle, vor allem aber das Gefühlschaos der jungen Clementine zu verdeutlichen, ist einmalig. Seufzend verzweifelt der Leser, wenn die Umwelt ihr Selbstbestimmung versagt, wenn reine, unschuldige, wahre Liebe als schnöde, schmutzig, eklig oder unnatürlich abgetan wird. Glücklich blättert man weiter, wenn sich Clem traut zu Emma zu stehen, ihren Gefühlen zu folgen und all die Ablehnung in Kauf zu nehmen. Wütend starrt der Leser/die Leserin in die Leere, wenn man allzu gut kennt, wie dieser Liebe begegnet wird, welches unnötige Leid sie mit sich bringt. Man möchte laut aufschreien und Rechte einfordern, die allzu viele Menschen dieser Art von Liebe versagen.
Julie gelingt es tatsächlich Verständnis zu wecken, eine innere Selbstverständlichkeit zu erzeugen, dieser Liebe nichts Besonderes zuzuerkennen, außer, dass sie eben akzeptiert gehört, wie jede andere Liebe auch.

Dies gelingt ihr mit sehr einfachen Sätzen und äußerst eindringlichen Bildern. Nicht um Sex geht es, nicht um Voyeurismus, sondern um Gefühl, Wahrheit, Verständnis und Treue. Dabei spielt die Farbe Blau eine herausragende Rolle. Fast mythisch erhöht wird sie zu einem Gefühl von Liebe. Nahezu nur in Grau- und Erdtönen gehalten, fällt nur die Farbe Blau, immer wieder die Farbe Blau aus dem Rahmen, wird zu einer Aussage, zu einem Fanal.
Am Ende ist auch der Leser überzeugt, diese blaue Liebe zu verstehen und ihr jedes Recht der Welt zuzugestehen - würde das doch auch jeder bornierte Idiot auf dieser Welt auch so sehen, die Erde wäre ein schönerer, blauerer Ort.

Nachtrag: Die Geschichte von Clem und Emma wurde inzwischen verfilmt. Jedoch wird dieser Versuch sehr kontrovers diskutiert. Selbst die Autorin distanziert sich von dem "Machwerk". Wer sich selbst ein Bild davon machen möchte, sollte in jedem Fall zunächst dieses geniale Comic von Julie Maroh betrachten. Eine Leseprobe finden sie hier!

Stefan Erlemann



Hardcover | Erschienen: 1. Dezember 2013 | ISBN: 9783868696950 | Originaltitel: Le Bleu est une Couleur chaude | Preis: 19,80 Euro | 160 Seiten | Sprache: Deutsch

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