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 Handbuch der deutschsprachigen Exilliteratur

Von Heinrich Heine bis Herta Müller


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
"Vertrieben sind wir, Verbannte."

So brachte Bertolt Brecht im Jahre 1937 die Situation der deutschsprachigen Exilanten prägnant auf den Punkt. Vehement wehrt er sich dabei gegen die Bezeichnung "Emigrant", welche fälschlicherweise die Auswanderung als freie Willensentscheidung darstellt. Ganz in diesem Brechtschen Sinne verwenden die beiden Herausgeberinnen Bettina Bannasch und Gerhild Rochus stattdessen den Begriff "Exilliteratur" im Titel dieses Handbuches, wodurch die Unfreiwlligkeit der Ausreise unterstrichen werden soll.

So wie Bertolt Brecht erging es zahlreichen deutschsprachigen Autoren während der nationalsozialistischen Herrschaft über Deutschland und Europa. Aufgrund dessen stehen die Autoren dieser Zeit im Zentrum dieses Handbuches. Da Exilerfahrungen aber auch nach 1945 virulent waren, werden zudem zahlreiche Werke jüngeren Datums in den Blick genommen. Im Gegensatz zu anderen Handbüchern zu diesem Thema stehen jedoch nicht zwangsläufig die Werke von Autoren im Mittelpunkt, welche selbst im Exil waren, sondern jene, welche die Erfahrung "Exil" literarisch thematisieren.

Das Handbuch gliedert sich in zwei große Abschnitte: Während im ersten Teil Grundlagen der Exilliteraturforschung dargelegt werden, widmen sich die Autoren im zweiten Abschnitt in sechzig Einzelanalysen konkreten Werken der Exilliteratur. Sowohl jede Einzelanalyse als auch die Anordnung der Aufsätze orientieren sich dabei an den folgenden drei Leitkategorien: "Narrationen des Exils", "theoretische Perspektivierungen" sowie "Exil und Erinnerung".

Ergänzt wird der Band durch eine Überblicksbibliographie sowie durch ein Personenregister.

Trotz des hohen wissenschaftlichen Anspruchs überzeugt das Handbuch insbesondere bei den Einzelanalysen durch eine wohltuend klare Strukturierung, was vor allem daran liegt, dass alle Beiträge dieses Abschnitts nach dem gleichen Muster aufgebaut sind. Dadurch kann sich der Leser voll und ganz auf die inhaltlichen Ausführungen konzentrieren. Hinzu kommt, dass sich damit die unterschiedlichen Akzentuierungen in den einzelnen Werken gut vergleichen lassen. Äußerst praktisch ist weiterhin, dass jede Einzelanalyse mit einer kurzen Inhaltszusammenfassung beginnt, sodass die Exilthematik selbst bei Werken nachvollzogen werden kann, welche nicht selbst gelesen wurden. Durch diese nachvollziehbare, kleinschrittige Analysestruktur bringen die Verfasser zudem die Kernpunkte der einzelnen Werke nahezu durchgehend auf den Punkt, was bei ähnlich gearteten Handbuch-Projekten nicht immer der Fall ist. Zuletzt sollte außerdem noch die hervorragende Auswahl der besprochenen Werke betont werden, welche durch eine gelungene Mischung aus bekannten und unbekannten (zum Beispiel Heinrich Mann und Hermann Broch), männlichen und weiblichen Autoren (beispielsweise Walter Mehring und Vicki Baum) sowie älteren und aktuelleren Werken (wie Franz Werfels "Jacobowsky und der Oberst" aus dem Jahre 1944 und Terézia Moras "Alle Tage" aus dem Jahre 2004) eine hohe Repräsentativität gewährleisten.

Sind diese Einzelanalysen gerade auch für literarisch interessierte Leser ohne akademische Beweggründe kurzweilig zu lesen, so werden die Aufsätze des ersten Teils, in denen fachwissenschaftliche Begriffsdifferenzierungen und Ansatzpunkte der Exilliteraturforschung thematisiert werden, wohl eher akademische Leser ansprechen. Nichtsdestotrotz finden sich auch hier die grundlegenden Eigenschaften des Handbuches wieder: klare Strukturierung, präzise Argumentationen sowie prägnante Zitate aus den Werken einzelner Autoren.

FAZIT: ein wohltuend klar strukturiertes Handbuch, welches durch die inhaltliche Konzentration auf die Thematisierung von Exilerfahrungen in literarischen Werken eine Bereicherung für die Exilliteraturforschung darstellt

Das Inhaltsverzeichnis sowie weitere Informationen zum Buch finden sich auf der Webseite des Verlags

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 13. September 2013 | ISBN: 9783110256741 | Preis: 149,95 Euro | 653 Seiten | Sprache: Deutsch

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