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 Poesie verstehen - Literatur unterrichten


Cover
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Anspruch
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Preis - Leistungs - Verhältnis
Seit der erstmaligen Durchführung der PISA-Studie im Jahre 2000 "kompetenzelt" es überall – wohin man auch schaut: Nichts geht mehr ohne Kompetenzorientierung. Auch vor dem Fach Deutsch hat diese Entwicklung nicht Halt gemacht, wenngleich durchaus kritische Stimmen zu hören sind. Insbesondere die Literaturdidaktik tut sich schwer mit dieser Neuausrichtung, schließlich müssen Kompetenzen in irgendeiner Form überprüfbar sein. Doch wie lassen sich Interpretationsvorgänge, welche häufig als unabgeschlossen gelten müssen, messen? Oder wie sieht es gar mit der Kompetenzorientierung aus, wenn es um ästhetische Bildung geht?

In dem eben skizzierten Spannungsfeld bewegt sich die vorliegende Publikation, welche ergründet, wie beziehungsweise inwieweit sich literarisches Verstehen und ästhetische Bildung mit dem Kompetenzbegriff in Verbindung bringen lassen. Dies geschieht auf zweifache Art und Weise: Während im ersten Teil anhand von vier Aufsätzen theoretische Überlegungen zur Definition, Sinnhaftigkeit und Ausdifferenzierung von "literaturästhetischen Rezeptionskompetenzen" angestellt werden, beschäftigen sich die fünf Aufsätze des zweiten Teils mit entsprechenden empirischen Zugängen, welche diese "literaturästhetischen Rezeptionskompetenzen" sichtbar machen können.

Der Band beginnt vielversprechend: In seinem einleitenden Beitrag skizziert der emeritierte Professor für Deutschdidaktik Kaspar H. Spinner anhand von kurzen Beispielen überzeugend zehn einleuchtende Kategorien des literarischen Lernens, welche die ästhetische Bildung greifbarer machen. Vom Ansatz her spezifischer, aber nicht weniger ertragreich sind auch die darauffolgenden drei theoretischen Beiträge, welche allesamt das literarische Verstehen als besonderen Rezeptionsmodus in den Blick nehmen. Ähnlich wie Spinner arbeiten auch diese drei Verfasser mit literarischen Referenztexten, welche die theoretischen Darlegungen veranschaulichen und so gut nachvollziehbar machen. Gleichwohl findet der Leser hier weniger didaktische Anwendungshinweise – wenngleich solche beispielsweise in dem Beitrag von Thomas Zabka zur "Analyse semantischer Ähnlichkeiten und Oppositionen" ableitbar sind –, sondern theoretische Modellierungen, was literarisches Lernen bewirken kann und soll.

Während der erste Teil des Bandes trotz des theoretischen Zugangs auch praktizierenden Lehrern wertvolle Denkanstöße bietet, scheint der zweite Teil des Bandes, der die empirischen Zugänge zu den "literaturästhetischen Rezeptionskompetenzen" eruiert, vor allem an Forschende gerichtet zu sein. Dies wird vor allem daran deutlich, dass die einzelnen Verfasser immer wieder recht ausführlich auf forschungsmethodische Feinheiten (zum Beispiel die "Berechnung der empirischen Aufgabenschwierigkeit") eingehen. Dennoch können auch ambitioniertere Lehrer ihren Nutzen aus den Beträgen ziehen. Denn insbesondere die beispielhaften Analysen von Schülertexten und -aussagen im Rahmen empirischer Forschungen offenbaren, wie Lehrkräfte Schüleräußerungen zu literarischen Texten qualitativ einschätzen und letztlich auch beurteilen können. Um entsprechende Erkenntnisse herauszuziehen, muss der Leser sich jedoch auf die wissenschaftlichen Fachtermini einlassen, welche die Aufsätze durchziehen.

Fazit: Ein interessantes Grundlagenwerk, welches die Dimensionen "literaturästhetischer Rezeptionskompetenzen" aufzeigt und entsprechende Überlegungen anbietet, wie deren qualitative Ausprägung empirisch ermittelt werden können. Mit etwas Gespür lassen sich daraus auch Schlussfolgerungen für die Praxis ziehen, auch wenn diese von den Autoren nicht direkt angesprochen werden.

Weitere Informationen zum Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Softcover | Erschienen: 1. November 2013 | ISBN: 9783834012678 | Preis: 18,00 Euro | 180 Seiten | Sprache: Deutsch

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