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 Der Erste Weltkrieg in Farbe

Autoren: Peter Walther
Herausgeber: Peter Walther
Verlag: Taschen, Köln

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Es sind nur wenige 1000 Farbaufnahmen aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, welche weltweit in den Archiven zu finden sind. Doch so gering die Zahl auch ist, die vorliegende Zusammenstellung dieser Farbfotografien lässt den Ersten Weltkrieg näher an die Gegenwart heranrücken.

Die Fotografen stammen dabei überproportional häufig aus Frankreich, so dass die Westfront besser mit Farbfotografien dokumentiert ist als beispielsweise die Ostfront. Während die Bilder der französischen Seite somit unterschiedlichsten Ursprungs entspringen und damit recht vielfältig ist, wird die deutsche Seite lediglich von Hans Hildenbrand repräsentiert, welcher die deutschen Truppen in der Champagne, im Elsass sowie in den Vogesen mit seiner Kamera beobachtet hat. Ein Schwerpunkt der amerikanischen Fotografen wie Charles C. Zoller lag vor allem in der öffentlichen Begleitung der amerikanischen Mobilmachung. Australischer Herkunft sind hingegen die Fotografien aus Palästina, welche von Frank Hurley geschossen wurden, der 1917 als erster offizieller Fotograf der australischen Armee sogar in den Rang eines Captains erhoben wurde.

[PIC]Waren diese Berichterstatter anfangs zunächst im Selbstauftrag mit entsprechender Erlaubnis an der Front tätig, so wurden diese im Verlauf des Krieges in den militärischen Apparat eingegliedert. Auf diese Weise dokumentieren die Bilder nicht nur die Schrecken des Krieges, sondern bergen zum Teil auch Gruppenfotos im Stile von Postkartenmotiven, welche in der Heimat bedenkenlos verbreitet werden konnten.

Ergänzt werden die Bildaufnahmen durch detaillierte Bilderklärungen sowie durch einzelne Tagebuch- oder Briefauszüge. Die Biografien dieser Schreiber werden am Ende ebenso wie die Biografien der Fotografen am Ende lexikonartig zusammengestellt. Zudem findet sich abschließend ein kurzes Stichwortregister.

[PIC]Bereits beim Aufschlagen wird deutlich: Dieses Buch ist etwas Besonderes – ein Buch, das die Sinne anspricht, und zwar in zweifacher Weise. Da sind zunächst einmal natürlich die großformatigen Bildaufnahmen, welche zwischen beklemmenden Situationsaufnahmen und kameradschaftlich anmutenden Gruppenporträts schwanken. Viele dieser Bilder wirken dabei fast so, als ob diese von einem Schleier überzogen sind. Denn diese erscheinen oft grobkörnig gerastert und passen so gar nicht in unsere hochauflösende Digitalwelt. Aber gerade darin liegt der Reiz dieser Bilder, welche die Aura des Vergangenen bereits durch ihre Erscheinungsform konserviert haben. Auffällig ist, dass die Bildmotive in manchen Teilen doch sehr ähnlich sind. So finden sich immer wieder Gruppenporträts von Soldaten oder Bilder, welche die Zerstörungen dokumentieren. Trotz dieses Umstands eröffnet das Buch dennoch einen einzigartigen Blick auf den Ersten Weltkrieg, der so von Schwarz-Weiß-Bildern nicht erzeugt werden kann, da allein durch die Farbgebung der einzelnen Fotografien eine ganz eigene Atmosphäre transportiert wird.

[PIC]Die zweite Sinnebene, welche das Buch anspricht, ist überraschenderweise die Geruchsebene, weil die Seiten einen seltsam modrigen Dachbodengeruch absondern. Dadurch hat der Leser bereits beim ersten Durchblättern das Gefühl, als ob das Buch direkt vom Speicher auf den Wohnzimmertisch gelandet ist. Würde dies bei anderen Büchern als unangenehm empfunden werden, so passt es hier gut zur Gesamterscheinung des Bandes.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist dagegen das Layout des Buches, da die einführenden Darstellungstexte mit einer fetten, serifenlosen Schrift gedruckt sind. Stilistisch wirkt das Werk daher der heutigen Zeit entrückt und versprüht auf diese Weise eben auch eine ganz besondere Aura.

FAZIT: Ein besonderer Bildband, der den Ersten Weltkrieg aufgrund der ambivalenten Präsentationsform (Farbfotografien versus antiquarisch wirkendes Layout in Kombination mit Dachbodengeruch) auf seltsame Weise zugleich nah und fern wirken lässt.

Weitere Informationen sowie einen Blick ins Buch finden Interessierte auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 30. Juli 2014 | ISBN: 9783836554176 | Preis: 39,99 Euro | 384 Seiten | Sprache: Deutsch

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