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 Der Zweite Weltkrieg

Autoren: Antony Beevor
Übersetzer: Helmut Ettinger
Verlag: C. Bertelsmann

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
2014 stand ganz im Zeichen des Ersten Weltkrieges. Überall gedachte und erinnerte man an den Beginn vor 100 Jahren. Auch der Beginn des Zweiten Weltkrieges jährte sich im Jahre 2014 zum 75. Mal. Doch während der Erste Weltkrieg eine fast schon unüberschaubare Publikationswelle hervorrief, waren die Veröffentlichungen zum Zweiten Weltkrieg weitaus rarer. Wenngleich hinzugefügt werden muss, dass der Zweite Weltkrieg insgesamt jedoch in den Jahren zuvor weitaus mehr und regelmäßiger Aufmerksamkeit erfuhr. Auffällig war bis dato auch, dass der Zweite Weltkrieg in vielen Publikationen auf Hitlers Kriegszüge beschränkt blieb und somit den weltumspannenden Prozess außer Acht ließ oder zumindest nur marginal beachtete. Ganz im Gegensatz dazu stellt der britische Historiker Antony Beevor den Zweiten Weltkrieg in der vorliegenden Übersichtsdarstellung als einen "echten" Weltkrieg dar, der nicht nur in Europa stattfand, sondern insbesondere auch in Asien tobte.


Der chinesisch-japanische Konflikt war lange Zeit ein fehlendes Teil im Puzzle des Zweiten Weltkriegs. Die militärische Auseinandersetzung in China (...) wurde bisher meist als völlig separate Angelegenheit behandelt, obwohl dort die stärksten Bodentruppen Japans im ganzen Fernen Osten zum Einsatz kamen und bald auch die USA und die Sowjetunion einbezogen wurden.


Bekannt geworden ist Antony Beevor vor allem seit seinem vielbeachteten Werk "Stalingrad" im Jahre 1999, für welches er zahlreiche Preise erhielt. Mit seinem jüngsten Werk "Der Zweite Weltkrieg" zeigt Beevor, dass er nicht nur akribische Detailstudien von einzelnen Abschnitten des Krieges ("Stalingrad", 1999; "D-Day - Die Schlacht in der Normandie", 2010; "Berlin 1945 - Das Ende", 2002) verfassen kann, sondern auch einen synthetisierenden Gesamtüberblick. Hervorzuheben ist vor allem, dass er den Zweiten Weltkrieg auch als einen Weltkrieg darstellt, der eben sowohl Europa als auch und insbesondere den Südosten Asiens betraf. Nicht nur aus amerikanischer Sicht macht dies Sinn - immerhin war dieser zweite Kriegsschauplatz der Ort, an dem die USA zuerst in den Krieg aktiv eingriff -, sondern erweitert sinnvollerweise auch die oftmals vorherrschende eurozentrische Sichtweise, welche den Krieg zu sehr auf den Eroberungsfeldzug Hitlers beschränkt. Aber nicht nur das: Beevor schafft es vor allem, Bezüge zwischen den Geschehnissen in Europa und Südostasien herzustellen, indem er beispielsweise zeigt, wie die japanische Kriegsführung die deutsche oder sowjetische Kriegsführung in Europa beeinflusste. Kenntnisreich weist er zudem auf die vielen Ähnlichkeiten zwischen der deutschen und der japanischen Expansionspolitik hin, welche in beiden Fällen schreckliche Gräueltaten beinhaltete. Nicht außer Acht lässt Beevor weiterhin den Seekrieg, die Kämpfe in Nordafrika sowie schwelende Konfliktlinien wie zum Beispiel den chinesischen Machtkampf zwischen Mao Zedong und Chiang Kai-Shek, so dass der Band den Zweiten Weltkrieg in seiner ganzen Komplexität ernst nimmt.

Was inhaltlich kompliziert klingt, erweist sich durch die klare Kapitelstruktur als gut lesbar. Denn die einzelnen, chronologisch angeordneten Kapitel, die sich jedoch zeitlich teilweise überschneiden, sind nicht nur mit einer entsprechenden thematischen Überschrift, sondern im Untertitel auch mit der Angabe des entsprechenden Zeitabschnitts versehen. Dadurch kann sich der Leser stets gut orientieren. Ergänzend findet der Leser im Buch zudem 25 Karten, welche zwar nur schwarz-weiß gestaltet sind, trotzdem aber durch die klare Aufmachung sehr übersichtlich sind und einprägsam die Lektüre begleiten.


Zeitweilig musste mit Gewehrkolben Schnee geschippt werden. Nach wie vor hatten die deutschen Soldaten keine Winterkleidung. Stets hofften sie, einem toten Rotarmisten seine Steppjacke abnehmen zu können, bevor diese festfror, aber bei den strengen Frösten war das selten möglich.


Innerhalb der einzelnen Kapitel beweist Beevor eine wohlstrukturierte Darstellungsweise. Denn er bringt die zentralen Aspekte klar auf den Punkt, legt großen Wert auf Zusammenhänge und redet selten nur Drumherum. Bei Bedarf garniert er seine Darstellung zudem mit sehr interessanten Details wie die "Holzschneidetaktik" der Finnen oder Hintergründen, welche die Vorgehensweise der einzelnen Staaten erklären. Auf diese Weise erfährt der Leser beispielsweise, dass in Offiziere der deutschen Armee in den letzten Kriegstagen nichts dringlicher erschien, als weiße Taschentücher einzusammeln, um den Soldaten jegliche Möglichkeit einer Kapitulation zu nehmen. Wohldosiert lässt Beevor zudem Zitate von Zeitgenossen und Verantwortlichen mit einfließen, ohne dabei in eine häufig vorzufindende Aneinanderreihung von Zitaten verfallen. Vielmehr wechselt er selbst als Autor häufig den Blickwinkel. So lässt sich der abwechslungsreiche Band trotz der fast 900 Textseiten nicht nur in einem Zug lesen, sondern eröffnet auch vielfältige Ansichten, um den zweiten Weltkrieg in seinem ganzen Ausmaß besser zu verstehen.

FAZIT: Eine hervorragende Gesamtdarstellung zum Zweiten Weltkrieg, welche diesen in seiner ganzen Komplexität würdigt und dabei überraschenderweise dennoch sehr gut lesbar bleibt. Eine echte Empfehlung, ein echter "Beevor" halt!

Weitere Informationen zum Buch sowie eine Leseprobe finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 11. August 2014 | ISBN: 9783570100653 | Originaltitel: The Second World War | Preis: 39,99 Euro | 976 Seiten | Sprache: Deutsch

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