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 Das Narrenschiff

Gesamtausgabe

Autoren: Turf
Illustratoren: Turf
Übersetzer: Swantje Baumgart, Tanja Krämling, Uwe Löhmann
Verlag: Splitter Verlag

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Der große Koordinator wünscht sich nichts sehnlicher, als König von Irrwater zu werden. Nur sitzt auf dem Thron dummerweise schon Clément XVII. Was ist da naheliegender, als ein Komplott zu ersinnen, bei dem unter anderem die Tochter des Herrschers eine Rolle spielt? Der Koordinator schenkt ihr immer wieder gefangen genommene Vögel, obwohl die in der Stadt eigentlich streng verboten sind. Damit hofft er, Prinzessin Chlorente für sich gewinnen zu können, die findet den Mann mit der Hakennase und den abstehenden Haaren allerdings eher widerlich und vermisst ihren Narren. Arthur ist in ihrem Alter und die beiden sind schon seit vielen Jahren eng miteinander verbunden.
In Irrwater fängt endgültig alles an schief zu gehen, als das Opernhaus, in dem die Kallas singen sollte, in die Luft fliegt. Den Bewohnern der Stadt wird erzählt, der König sei bei diesem Unfall gestorben, in Wirklichkeit wurde die Feuersbrunst jedoch vom großen Koordinator entfacht, der damit vertuschen will, dass er Clément XVII. gefangen genommen und eingekerkert hat. Nun steht seinem Plan, sich selbst an die Spitze zu setzen, nichts mehr im Wege, glaubt er. Allerdings ist Chlorente plötzlich verschwunden und zwei gewitzte Polizisten sind den Monstern in der Stadt, der Kürbisverschwörung und damit auch ihm auf der Spur und sein geheimnisvoller Informant scheint ihm auch nicht mehr so wohlgesonnen wie früher zu sein. Wie soll er denn da in Ruhe regieren und seine Macht genießen?

Zugegeben, eigentlich ist schon der Titel an sich ein Spoiler und es steht sogar etwas auf dem Klappentext, das erst nach der Hälfte der Geschichte passiert. Trotzdem nehmen diese Informationen kaum etwas von der Spannung und dem Lesespaß vorweg, denn in "Das Narrenschiff" kommt es viel mehr auf jede einzelne Szene, denn auf den großen Zusammenhang an, den es aber natürlich auch gibt.
Im groben gibt es drei Haupterzählfäden: Der umfangreichste erzählt vom großen Koordinator, der nächste von Chlorente und dem Narren, die den Weg zurück nach Irrwater suchen, und der letzte von einem Polizistenteam, bestehend aus Baltimore und seinem Sergeant, die auf einer ständigen geheimen Mission sind. Die Figuren stolpern von einer skurrilen Situation in die nächste und es wird nach und nach immer bizarrer. Dabei verliert der Autor und Zeichner Turf aber nie das Gesamtkonzept aus den Augen und schafft es, alles schlüssig ineinander verwoben zu halten. Lediglich für das Ende hätte er sich doch gerne ein bisschen mehr Zeit lassen dürfen. Es bleibt so ein vages Gefühl von "Ja, und wie geht es jetzt weiter?" beim Leser zurück. Den Abschluss hat Turf sogar mit einer Seite rein geschriebenem Text geschaffen, was den Eindruck verstärkt, dass er sich ein wenig in der sehr komplexen Struktur seiner Geschichte verloren hat.
Darüber hinweg tröstet den Leser der letzte Teil des Buches, der quasi ein Prequel zur eigentlichen Geschichte darstellt. "Der kleine König" ist eine Mischung aus erzählter Geschichte, Bilderbuch und Comic, die vom jungen König Clément XVII. berichtet. Hier lässt Turf einige zusätzliche Informationen zur Geschichte einfließen, die die Erzählung deutlich abrunden.

Für solche kleinere Wermutstropfen entschädigt diese Gesamtausgabe aber allemal durch viele andere Qualitäten. Ganz banal und unabhängig vom Inhalt ist es schon ein Geschenk an die Fangemeinde des Narrenschiffs und die von Turf, dass die Serie überhaupt endlich komplett auf Deutsch erschienen ist. Seit den 1990er Jahren waren nur vier Teile der insgesamt achtbändigen Reihe übersetzt worden, (wenn man das "Prequel" dazu zählt). Natürlich sind acht Teile in einem Band zusammengefasst entsprechend schwer und unhandlich, dafür ist der Preis einfach unschlagbar und kein Vergleich zu dem, was für Einzelausgaben hätte gezahlt werden müssen.

Der wirkliche Star vom "Narrenschiff" sind natürlich die Zeichnungen. Der Band präsentiert sich unglaublich farbenfroh und facettenreich. Grundsätzlich ist es natürlich immer der gleiche Stil, in dem Turf zeichnet, dabei lässt er sich aber auf viele kleine und absolut gelungene Experimente ein. Die klassische Aufteilung der Bilder bricht er zum Beispiel immer wieder auf. Mal geht eine Zeichnung bis zum Rand, dann wieder scheint eine Figur aus einem Bild herauszutreten. An anderer Stelle arbeitet er nur mit Schatten, nutzt perspektivische Verzerrungen oder färbt komplette Seiten rot ein. Das alles kombiniert mit den skurrilen Einfällen ergibt ein fast schon surrealistisch wirkendes Gesamtkunstwerk.

Für experimentierfreudige Leser, die besonderen Spaß an einzigartigen Welten und humorvollen Figuren haben und ein besonderes Augenmerk auf perfekt in Szene gesetzte und bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Zeichnungen haben, ist "Das Narrenschiff" eine ganz klare Kaufempfehlung.


Die Leseprobe auf der Verlagswebseite gibt einen guten Einblick in Turfs gewaltige Bilderwelt.

Bine Endruteit



Hardcover | Erschienen: 1. Januar 2015 | ISBN: 9783958390133 | Originaltitel: La Nef des fous | Preis: 49,80 Euro | 392 Seiten | Sprache: Deutsch

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