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 Weißer Schatten

Autoren: Antoine Ozanam
Illustratoren: Antoine Carrion
Übersetzer: Tanja Krämling
Verlag: Splitter Verlag

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ein Ungeheuer, ein gnadenloses Monster entsteigt dem Fluss und verschleppt den Thronfolger des Königs Bendek. Dieser siecht schon seit Jahren vor sich hin und regiert de facto nur noch durch seine rechte Hand, Baron Akos. Nun aber, da sein Sohn Mozes verschwunden ist, ruft er seine Fürsten zusammen und schickt sie auf die Suche nach dem Jungen. Trauen kann er ihnen nicht, warten sie doch schon seit Jahren auf seinen Tod. Ob wirklich alle von ihnen versuchen werden, Mozes zu retten, weiß niemand und so belauern sie sich gegenseitig voller Misstrauen. Wer wird als Erster die Macht ergreifen wollen? Steckt einer von ihnen gar hinter der Entführung und lebt der Junge überhaupt noch?

Auf den ersten Seiten wirkt "Weisser Schatten" ein wenig wie die Saga von Grendel. Ein Ungeheuer entsteigt dem Wasser und richtet verheerenden Schaden unter einer Gruppe von Männern an. Übermächtig ist es und niemand kann gegen seine Kraft bestehen. So weit, so gut. Schnell wird jedoch klar, Antoine Ozanam führt seine Leser damit aufs Eis. Die eigentliche Bedrohung für das Königreich liegt woanders und sie ist wesentlich vielfältiger.
Bendek war kein gnädiger König und auch seine möglichen Nachfolger sind keine Waisenkinder. Ehrgeizig, skrupellos und machtbesessen kann keiner dem anderen Vertrauen. Dazu kommen alte Sünden, die der König begangen hat. Wer will sich an ihn rächen, wer will die Gunst der Stunde nutzen? Ein Intrigenspiel beginnt, das äußerst spannend ist. Die Handlung ist verzwickt und schlägt Haken. Die Leser müssen aufpassen, keinen Hinweis zu übersehen und das hält die Spannung aufrecht.

Gut dazu passen die Illustrationen von Antoine Carrion. Seine Bilder sind kraftvoll und hart, die Farben gedämpft, kalt. Grau und Blau herrschen vor. Er zeichnet das Königreich rau, leer und einsam. Das erzeugt die passende Stimmung. Auch die Figuren fügen sich nahtlos in dieses Schema. Die Gesichter sind detailarm gezeichnet, trotzdem ist jede Gefühlsregung deutlich abzulesen. Ob Angst, Misstrauen oder Verschlagenheit, dem Leser entgeht nichts.
Das ist nicht schmeichelhaft für die Figuren, aber Schönheit spielt auch keine große Rolle bei ihrer Darstellung.
Das Leben hat den Beteiligten übel mitgespielt, egal ob Adeliger oder einfacher Mann. In dem kalten Reich kann sich niemand Schwäche leisten, denn das Verderben lauert schon an der nächsten Ecke.

Ganz klar liegt der Schwerpunkt der Geschichte auf der Machtgier, der Gewaltbereitschaft der einzelnen Personen. Charakterstudien darf niemand erwarten und so fehlt es ihnen denn auch an Tiefe, an Hintergrund. Wie in einem Theaterstück betreten sie das Bild, morden, oder werden ermordet und sind auch schon wieder verschwunden. Niemand bleibt lange genug im Fokus der Handlung, dass die Leser ihn sympathisch finden oder von Herzen verabscheuen können.
Das ist ein Manko, denn wenn die letzte Seite gelesen wurde, dann stellt sich nicht die Frage, wie es weitergeht. Dabei bleiben Fragen offen.
"Weisser Schatten" versteht es, zu unterhalten, bleibt dabei jedoch an der Oberfläche. Das ist schade, denn damit bleibt die Geschichte hinter ihren Möglichkeiten zurück. Trotzdem sind Antoine Ozanam und Antoine Carrion ein Gespann, das es sich zu merken lohnt. Sollten sie mal einen Comic erschaffen, der sich etwas mehr entfalten darf, wird es sich ganz bestimmt lohnen, einen Blick hineinzuwerfen.


Wie üblich findet sich die Leseprobe auf der Verlagsseite.

Iris Jockschat



Hardcover | Erschienen: 1. März 2015 | ISBN: 9783958390102 | Originaltitel: L´ombre blanche | Preis: 19,80 Euro | 96 Seiten | Sprache: Deutsch

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