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 Im Westen nichts Neues

Eine Graphic Novel von Peter Eickmeyer nach dem Roman von Erich Maria Remarque


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Erster Weltkrieg: Paul Bäumer, ein junger deutscher Mann, beginnt rückblickend mit seiner Erzählung im Tagebuchstil, wie er seine Schultasche gegen Marschgepäck und Waffe eintauschte, um für das Vaterland in den Krieg zu ziehen. Er beschreibt aus seiner Sicht die Geschehnisse und Szenen im Krieg, die er mit seinen ehemaligen Schulfreunden erlebt. Von der Ausbildung, dem Drill in der Kaserne, über den Einsatz an der Front, das Fallen der Kameraden und Freunde bis hin zur Heuchelei am Totenbett und der völlig anderen Sicht der Daheimgebliebenen auf den Kriegsverlauf.

Peter Eickmeyer nimmt sich Erich Maria Remarques berühmten Roman "Im Westen nichts Neues" an und verarbeitet die Textvorlage zu einer Graphic Novel, die es in sich hat. Über die inhaltlichen Parallelen der Leben von Protagonist Bäumer und Autor Remarque, der 1917 an der Ostfront verweilte, wurde seit dem Erscheinen der Erstausgabe 1928 viel diskutiert. Spiegelt sich nun Wesentliches aus seinem Leben im Roman wieder - ist es überhaupt ein Roman oder der Versuch einer Biografie, um die erlebten Gräuel zu verarbeiten? Egal wie jeder Einzelne diese Fragen für sich beantwortet, "Im Westen nichts Neues" ist ein lesenswertes Werk, wenngleich die Vorlage sowohl starke als auch schwache Kapitel beinhaltet. Die ursprünglich zwölf Kapitel wurden für diese Adaption aufgebrochen, teilweise neu arrangiert und gekürzt. Einige Stellen eignen sich für eine Visualisierung einfach besser als andere.

Unterlegt werden Bäumers Leben und Sterben, was im Roman meist in kurzer, eher kalter Ausdrucksweise - militärisch kurz und knapp - abgehandelt wird von überaus eindrucksvollen Bildern. Eickmeyer orientiert und arbeitet sich entlang an bereits veröffentlichten Werken und distanziert sich in seiner Darstellung. Er verbindet das Gesagte und bei Remarque häufig eben nicht explizit Ausgeschriebene zu einer gelungenen Komposition aus Wort und Bild. Zugleich setzt sich das Werk deutlich vom Film ab, welcher ab 1930 ebendies versuchte: Die Worte Remarques in Bilder zu fassen. Für Kenner des Films: Die letzte Szene wird hier erfreulicherweise explizit anders verarbeitet.

Eickmeyer arbeitet mit harten, unruhigen Strichen, sehr gerne auch mit unscharfen Konturen, die versuchen die Stimmung - meist Leid - einzufangen. Trostlose graue Schleier, erdrückende Schwärze, blutrote Konturen. Zwischendurch himmelblaue Passagen, als der Kaiser seine Truppen inspizierend Auszeichnungen verteilt oder der ungeliebte Ausbilder Himmelstoß eine Abreibung durch seine ehemaligen Rekruten kassiert. Die Bilder ziehen den Fokus klar auf sich, sie nehmen auch den größten Teil der Seiten ein. Oftmals über die Doppelseite in Szene gesetzt laden die Zeichnungen zum genauen Hinsehen ein, denn zu entdecken gibt es einiges. Die Texte sind mit einem kontrastreichen, aber nicht ganz deckenden Hintergrund über die Bilder gelegt, immer an anderen Stellen. So variiert die Textlänge pro "Visualisierung", als Panel sind die einzelnen Bilder kaum noch zu bezeichnen.

Alleingelassen wird der Leser mit dieser Adaption keinesfalls. Nach der Meldung "Im Westen nichts Neues" und dem Ende der Geschichte bietet Dr. Thomas F. Schneider, der Leiter des Remarque-Friedenszetrums (Osnabrück) einen interessanten Überblick über Remarques Ansehen beim Erscheinen des Romans, über die ersten Adaptionsversuche bis hin zu Ansätzen der Analyse von Eickmeyers Motiven. Leser, die sich mit der Materie beschäftigen wollen, bekommen etliche Denkansätze geboten. Gaby von Borstel übernimmt die Vorstellung von Remarque und seinem Werk, bietet die Einordnung in den historischen Kontext und ein Kurzporträt seines Lebens. Hinzu kommen Texte zum Ersten Weltkrieg an sich und einige Bilder und Anmerkungen zu einer Recherche-Tour nach Ypern.

Kurzum: Lesenswert ist allein schon Remarques Werk, Eickmeyer versteht es jedoch, die Absurdität im Krieg in sehenswerten Motiven einzufangen. Nicht verträumt, bei Weitem auch nicht realistisch, aber plastisch greifbar gehen Text und Bilder eine Symbiose ein, die überzeugt. Eine Grapic Novel, die sich lohnt.


Auf der Seite des Splitter-Verlags ist eine Leseprobe vorhanden.

Nicolas Gehling



Hardcover | Erschienen: 1. Juni 2014 | ISBN: 9783868696790 | Preis: 22,80 Euro | 176 Seiten | Sprache: Deutsch

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